Projekt 36041/01

Intuitive Kommunikation und Visualisierung von Gebäudeökobilanzen und Risikostoffen zur Entscheidungsunterstützung im digitalen Planungsprozess

Projektträger

Technische Hochschule Köln Institut für Technische Gebäudeausrüstung Lehr- und Forschungsgebiet Green Building
Betzdorfer Str. 2
50679 Köln
Telefon: 0221 / 8275-2871

Zielsetzung

Der Bau- und Gebäudesektor ist für einen großen Teil des weltweiten Ressourcen- und Energieverbrauchs verantwortlich und gilt als der größte globale Emittent von Treibhausgasemissionen (THG). Risiko- und Schadstoffe in Baumaterialien beeinträchtigen die Luftqualität in Innenräumen und die Umwelt und haben somit einen großen Einfluss auf die menschliche Gesundheit, da wir rund 90 Prozent unseres Lebens in Gebäuden verbringen. Ökobilanzen und Risikostoffanforderungen im Rahmen von Zertifizierungssystemen für nachhaltiges Bauen ermöglichen es, die Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen von Bauprodukten und -materialien zu verringern. Sie sind jedoch in der Regel sehr komplex und zeitaufwändig in der Durchführung und erfordern Expertenwissen, um die Ergebnisse als Entscheidungshilfe zu nutzen. Digitale Ansätze, die die vereinfachte Anwendung dieser Methoden und die intuitive Visualisierung der Ergebnisse unterstützen, werden immer wichtiger. Insbesondere Building Information Modeling (BIM) bietet hierfür ein hohes Potenzial, da die Integration und Verknüpfung von geometrischen und semantischen Informationen in 3D-Modellen für die Ökobilanzierung und die Bewertung von Risikostoffen wesentlich effizienter und intuitiver erfolgen kann. Im Rahmen dieser Arbeit wurden folgende drei Ziele verfolgt: (1) Entwicklung einer Methode zur Kombination von Ökobilanz und Risikostoffbewertung, (2) Vereinfachung der Ergebnisse durch Umwandlung in verständliche Indikatoren zur Entscheidungsunterstützung und (3) Implementierung der Methode in einen BIM-basierten digitalen Assistenten zur intuitiven Visualisierung und Kommunikation.

Arbeitsschritte

Die Vorgehensweise kann in sechs Schritte unterteilt werden. In Schritt 1 werden die Grundlagen der Ökobilanzierung von Gebäuden sowie der Bewertung von Risikostoffen analysiert. Dazu gehört die Identifizierung geeigneter Indikatoren und Bewertungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Planungspraxis, um eine vereinfachte Entscheidungsfindung zu entwickeln. Unter anderem werden die Indikatoren Treibhauspotenzial (GWP) und Gesamtverbrauch an nicht-erneuerbaren Primärenergieressourcen (PENRT), VOC-Gehalt und Formaldehyd betrachtet. Ziel des ersten Schrittes ist es, geeignete Indikatoren zu identifizieren und zu kombinieren sowie die Einheiten dieser Indikatoren in verständliche Größen und Darstellungsformen zu "übersetzen".
In Schritt 2 werden Anwendungsfälle der Gebäudeökobilanz sowie der Bewertung von Risikostoffen analysiert und in der Planungs- und Projektphase definiert. Dabei werden die unterschiedlichen Ziele und Informationsbedürfnisse für die Umsetzung der Methoden berücksichtigt. Dies dient dazu, die Kombination der beiden Themen besser zu erkennen und im BIM-Prozess zu verknüpfen.
Schritt 3 widmet sich der Analyse, inwieweit die aktuellen Möglichkeiten der BIM-Softwaresysteme und des IFC-Datenformats geeignet sind, Bauteile und Materialien automatisch zu adressieren und mit ökologischen Informationen aus externen Datenbanken wie ÖKOBAUDAT und WECOBIS zu verknüpfen. Auf dieser Grundlage wird weiter untersucht, welche Anforderungen und Qualität der Modellierung von BIM Modellen erfüllt sein müssen, um die Indikatoren aus Schritt 1 dynamisch berechnen und kommunizieren zu können.
In Schritt 4 erfolgt ein Mapping des IFC-Schemas auf die DIN 276 sowie ein Mapping der DIN 276 auf die DGNB-Anforderungen aus der ENV 1.2 und dem STLB (Standardleistungsbuch). Hier wird die DIN 276 verwendet, da sie das gängige deutsche Klassifizierungssystem ist. Sie besteht aus drei Ebenen, um die Kosten in Bezug auf ein Gebäude zu klassifizieren, z.B. KG 300 Baukörper, KG 330 Außen-wände, KG 331 tragende Außenwände. Diese Grundlage wird auch genutzt, um Ökobilanz-Benchmarks der DGNB und anderer Literaturquellen, die auf DIN 276 referenziert sind, für Varianten-vergleiche zuordnen zu können.
In Schritt 5 werden die Erkenntnisse genutzt, um neue Visualisierungsmöglichkeiten innerhalb einer BIM-Umgebung zu entwickeln und zu implementieren, um die in Schritt 1 identifizierten Indikatoren so visuell verfügbar zu machen, dass eine nutzerfreundliche Darstellung und ein intuitives Verständnis erreicht werden kann. Anhand von beispielhaften Wandaufbauten, die mit Daten der ÖKOBAUDAT verknüpft sind, wird der Prototyp des digitalen Assistenten erläutert. Dies geschieht zunächst mit Hilfe eines Informationsmanagement-Tools für BIM-Modelle, z.B. DESITE BIM.
Neben dem ständigen Austausch mit Praktikern über die Partner wird in Schritt 6 im weiteren Verlauf ein Expertenworkshop stattfinden, um die Ergebnisse mit Praktikern kritisch zu validieren und ihr Potenzial als Entscheidungshilfe zu diskutieren.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen ein Konzept für den kombinierten Einsatz von Ökobilanz und Risikostoffbewertung in Deutschland mit Differenzierung in sechs Anwendungsfälle. Für einen dieser Anwendungsfälle wurde eine prototypische Umsetzung als BIM-integrierter digitaler Assistent entwickelt. Dieser Prototyp liefert erstmals eine verständliche Rückmeldung in Echtzeit über die Anforderungen an Ökobilanzen und Risikostoffe. Dieses Forschungsprojekt leistet einen Beitrag zur Sensibilisierung im Kontext von materialgebunden bzw. grauen Umweltwirkungen und emissionsarmen Materialien in Gebäuden und fördert den Einsatz der aktuellen Digitalisierungspotenziale im digitalen Planen und Bauen.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Veröffentlichung der Projektergebnisse wurde zunächst im Rahmen von Forschung und Lehre der TH Köln mehrmals in Vorlesungen vorgestellt und verbreitet. Des Weiteren wurde über das Projekt in Form einer Pressemitteilung Nr. 83 vom 2. November 2021 sowie Beiträge in soziale Medien über die TH Köln berichtet. Zudem wurden im Rahmen des BIM Cluster NRW: Green BIM – Neues aus Wissenschaft und Forschung, Zwischenergebnisse am 26.08.2021 als Vortrag „Open BIM basierte Bewertung von Schad- und Risikostoffen“ präsentiert.
Um die Ergebnisse zudem auch international in einem wissenschaftlich anerkannten Kontext zu veröffentlichen, wurden diese als ein Vortrag und ein open access paper auf der sbe22 Berlin D-A-CH Konferenz im Rahmen der IOP Conference Series: Earth and Environmental Science mit dem Titel:“ Concept for combining LCA and hazardous building material assessment for decision support using BIM“ präsentiert bzw. veröffentlicht.

Concept for combining LCA and hazardous building material assessment for decision support using BIM

Fazit

Die Reduzierung von Risikostoffen in Baumaterialien durch die Definition von Anforderungen ist für das nachhaltige Bauen von großer Bedeutung, erweist sich aber als komplex und wird daher oft sehr isoliert als Spezialdisziplin betrachtet. Diese Arbeit trägt dazu bei, dass die Bewertung von Risikostoffen bereits bei der BIM-basierten Ökobilanzierung berücksichtigt wird. Ebenso soll eine Umsetzung in BIM intuitivere Visualisierungsmöglichkeiten bieten und versteckte Zusammenhänge aufdecken. Erste Lösungsansätze sind identifiziert, müssen aber in Zukunft im Rahmen weiterer Forschungsarbeiten entwickelt werden.

Übersicht

Fördersumme

124.294,00 €

Förderzeitraum

01.03.2021 - 01.09.2022

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Umweltkommunikation