Die Entstehung und Ausbreitung von Schimmel durch anthropogene Umwelteinflüsse bedrohten zunehmend die Innenausstattung von Kirchen und andere historisch wertvolle Kulturgüter. Die frühzeitige Erkennung von Schimmelbildung ist deshalb ein wichtiger Faktor zur Vermeidung von irreversiblen Schäden. Physikalische Einflussgrößen sind die Lufttemperatur und die relative Luftfeuchte, die gleichzeitig über längere Zeit bestimmte Werte annehmen muss. Darüber hinaus sind Stoffeigenschaften und dessen hygrothermische Zustandseigenschaften wichtig. Die Messung dieser Eigenschaften allein reicht jedoch nicht, um Schimmelbildung vorherzusagen, da in Gebäuden in der Regel ständig wechselnde lokale Raumklimata auftreten. Andererseits können die Betreuer der Kirchen auch nicht laufend Rundgänge machen, um eventuelle Schimmelenstehung zu entdecken.
Im Rahmen dieses Projektes wird mit einem neuartigen, innovativen Ansatz, basierend auf Algorithmen aus der künstlichen Intelligenz (KI), ein Prototyp einer Systemplattform entwickelt, die den Anwender automatisch und in Echtzeit über eine Schimmelbildung informiert. Es wird eine Plattform entstehen, deren Ergebnisse ohne Expertenwissen zu verstehen sind und die mit minimalem Aufwand zu installieren ist.
Ergänzt wird das System mit Schnittstellen und Sensoriken für die Erfassung von Temperatur und relativer Luftfeuchte im Nahfeld des zu überwachenden Objektes. Somit werden auch die Umweltbedingungen, die zur Schimmelentstehung geführt haben, direkt mit dokumentiert. Via Mobilfunk werden die ermittelten Daten an den Cloud-Server versendet. Der Cloud-Server übernimmt die Datenspeicherung, die Visualisierung der Daten und informiert den Anwender im Schadensfall. Auf dem Server wird auch das Training der KI-Algorithmen erfolgen.
Für die modellhafte Erprobung des Prototypensystems im Feldtest bestehen unter anderem die Zusagen der Xantener Dombauhütte und der Abteilung Bauwesen des Bistums Münster. Die Anwendbarkeit des Systems ist jedoch nicht nur auf Kirchen beschränkt, sondern im Bauwesen allgemein gegeben. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der sich aus dem Projekt ergibt, ist, dass die gewonnen Daten in späteren Projekten zu einer Wissensdatenbank weiterentwickelt werden können.
Die Arbeitsschritte zur Erreichung der Projektziele lassen sich durch die folgenden Themen darstellen:
1. Entwicklung und Bau einer Hardware für die Systemplattform, welche die Komponenten Mikrocontroller, Sensorik, Energiemanagement, Kamera, Beleuchtung beinhaltet und die Kommunikation mit der Außenwelt ermöglicht. Die Kommunikation mit dem Cloudserver findet über Ethernet, WLAN oder LTE statt.
2. Entwicklung und Erprobung von Software zum Betrieb der Systemplattform
3. Entwicklung und Erprobung von Software für den Cloudserver.
4. Entwicklung und Erprobung von Software zum Training der neuronalen Netze
(CNN = Convolutional Neural Networks)
5. Beschaffung von Fotos mit Schimmel, Staub und fehlerfreien Merkmalen aus
möglichst vielen kulturellen Objekten
6. Untersuchung des Einflusses der Beleuchtung im Sichtbaren, infraroten und
ultravioletten Bereich und Festlegung der gewählten Lichtquelle
7. Der Arbeitsablauf mit den Fotos beinhaltet
- das Einlesen in die Datenbank
- das Zerschneiden der Bilder auf Formate, die möglichst nur ein Fehlermerkmal
zeigen und für die Rechenleistung beim Training der neuronalen Netze noch
hinreichend klein sind
- die manuelle Einordnung aller Bilder in die einzelnen Fehlerklassen
- das Training der neuronalen Netze bis eine Trefferquote von mind. 97% für
die einzelnen Fehlermerkmale erreicht ist.
8. Mit den dabei erreichten Gewichtungsdaten wird dann eine Software
programmiert, welche auf den geschnittenen Bildern Fehler erkennt.
9. Kamera und Auswertung wurden dann im Feld erprobt. Dabei wurden die
Systeme in den Domen von Xanten, Münster und Köln erfolgreich eingesetzt.
Die hier entwickelten Methoden aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz und Ihrer Anwendung zur präventiven Schadenserkennung durch Schimmelbildung sind nach dem aktuellen Recherchestand Neuland. Durch systematische Auswertung der Datenbanken können in Zukunft Risiken für unwiderrufliche Schäden an historisch wertvollen Kunstgegenständen reduziert werden.
Schwerpunktmäßig wurde die Hard- und Softwareentwicklung von iXtronics übernommen und die Anwendung durch Hajuveda.
Die Entstehung und Ausbreitung von Schimmel in Deutschland hat während der Projektlaufzeit signifikant zugenommen. Aktuelle Beispiele aus bedeutenden Kulturgütern in West- und Ostdeutschland sind lebendiges Zeugnis hierfür.
Oft wird der starke Befall von Schimmel in den Objekten kaum erkannt, sei es, dass das geübte Auge hierfür fehlt oder dass schlicht keine Zeit dafür da ist. In ganz Deutschland werden in den Kirchen Kosten gedrückt und Personal reduziert. Damit stehen für Kontrollrundgänge auf Schimmel kaum noch Kapazitäten zur Verfügung. Oft wird Schimmel von der Putzfrau einfach weggewischt, was die Situation nochmals unkontrolliert verschlimmert.
Schimmel befällt mittlerweile Ausstellungsstücke in Museen, antike Glasmalereien in Kirchenfenstern und macht auch vor Reliquienschreinen keinen Halt mehr.
In Anbetracht dieser Situation ist zum Schutz unserer Kulturgüter ein System sinnvoll und auch notwendig, welches Schimmelentstehung und Schimmelwachstum unabhängig vom Menschen erkennt und den verantwortlichen Personen meldet. Diese können dann gezielt und rechtzeitig Gegenmaßnahmen einleiten.
Ein solches System wurde in diesem Projekt entwickelt.
Es entstand eine Systemplattform, welche über einen Echtzeit-Controller eine digitale Kamera ansteuert, die Beleuchtung für die Zeit der Aufnahme einschaltet, Thermodaten im Nahfeld des Objektes erfasst und diese Informationen über eine Mobilfunkleitung an den Cloud-Server schickt. Hier wird basierend auf Algorithmen aus der künstlichen Intelligenz (KI) eine Schimmelanalyse für jedes Bild durchgeführt. Das System erkennt Schimmel bereits ab einer Größe von 1mm Durchmesser und warnt den Anwender automatisch und in Echtzeit über dieses Risiko. Darüber hinaus lässt sich mit diesen Algorithmen auch das Schimmelwachstum quantitativ darstellen.
Alle Arbeitspakete wurden erfolgreich und fristgerecht abgearbeitet. Das Projekt konnte sehr erfolgreich abgeschlossen werden.
Rundschreiben an alle 57 Unterstützer des Projektes im frühen Sommer 2020, Herbst 2020 und Herbst 2021 mit ausführlichen Informationen zum Fortschritt des Projektes im Power-Point-Format.
2 Veröffentlichungen im VDR:
Am 26.02.2020: https://www.restauratoren.de/mit-kuenstlicher-intelligenz-dem-schimmel-auf-der-spur/
am 08.01.2021: https://www.restauratoren.de/dem-schimmel-mit-kuenstlicher-intelligenz-auf-der-spur/
7 Veröffentlichungen im Blog:
https://custosaeris-d.blogspot.com/search/label/Custos%20Mucoris
9 Veröffentlichungen in LinkedIn:
https://www.linkedin.com/in/hajuveda-heritage-dr-hans-juergen-daams/detail/recent-activity/shares/
7 Veröffentlichungen in Xing:
https://www.xing.com/home/feed/from_user
1 Veröffentlichung für das 11. Forum in Barcelona im Juli 2022 mit folgendem Titel:
Method for the automatic determination of damage to cultural objects with the aid of artificial intelligence
Mehr als 500 internationale Follower auf Xing und LinkedIn
Das Forschungsprojekt konnte mit großem Erfolg durchgeführt und abgeschlossen werden.
Eine Systemplattform für die „Schimmelkamera“ wurde entwickelt, gebaut und im Feld erfolgreich getestet.
Ein neuronales Netz wurde programmiert und trainiert, welches Schimmel/ok, Staub/ok und Schimmel/Staub mit 97 % Wahrscheinlichkeit oder besser erkennt.
Die kleinste erkennbare Schimmelgröße ist mindestens 1 mm.
Mit dem im Projekt entwickelten Verfahren ist es möglich, dass das Schimmelwachstum objektiv dargestellt werden kann.
Neben dem Direktkontakt zu den Mitarbeitern in den Domen von Xanten, Münster und Köln konnten schon während der Projektlaufzeit 57 Unterstützer des Projektes gewonnen werden. Es wurden 4000 Fotos von Schimmel und/oder Staub gemacht, die insgesamt 350.000 geschnittene Fotos für das Training der neuronalen Netze bereitstellten.
Der Beirat beteiligte sich aktiv an den Arbeiten. Die Zusammenarbeit der Projektpartner und zwischen Projektpartnern und Beirat war sehr gut.