Modellhafte Beurteilung der Beständigkeit von Wegebefestigungen unterschiedlicher Ausführung in historischen Parkanlagen im Einfluss vermehrter Extremwetterereignisse und deren Instandsetzung unter Aspekten der Nachhaltigkeit und Umweltrelevanz
Projektdurchführung
Hochschule Magdeburg-Stendal
FB Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit
39011 Magdeburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Hauptanliegen des Projektes war, neben den in historischen Parkanlagen und Gärten traditionell eingesetzten wassergebundenen Wegedecken weitere Wegedeckenmaterialien auf Basis von Epoxidharz oder Asphalt objektiv hinsichtlich
ihrer Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit,
ihrer Denkmalverträglichkeit,
der Energieaufwendungen für die Pflege sowie
ihrer ökologischen Bilanz
miteinander zu vergleichen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt wurde interdisziplinär bearbeitet. Es erfolgten Recherchen in Literatur und Praxis, eine Abstimmung der zu untersuchenden Materialien unter Einbindung der Gartendenkmalpflege des LDA Sachsen-Anhalt, dabei wurden u. a. die aktuell eingesetzten farbigen Asphaltdecken, die eingebauten Epoxidharzdecken und die stabilisierten wassergebundenen Decken berücksichtigt. Weiter erfolgten eine Ökobilanzierung verschiedener Wegedeckenmaterialien und Wegebauweisen, Laboruntersuchungen verschiedener Wegedeckenmaterialien, ein Monitoring bestehender Wegeausführungen vor Ort und eine Bewertung der Wegeausführungen nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten und objektspezifischen Zielstellungen an Hand von Fallbeispielen.
Die Ökobilanzierung umfasste wasser-, bitumen- und epoxidharzgebundene Wegebauweisen nach der DWA-A 904 und RStO und Erweiterungen. Als zentrale Umweltwirkungskategorien wurde das Treibhausgaspotenzial (Global Warming Potential, GWP), Versauerungspotenzial (Acidification Potential, AP) und der Primärgesamtenergiebedarf (PEges) gemäß ISO 14040/44 bilanziert. Die Systemgrenzen beinhalten die Herstellung der Baustoffe sowie deren Transport vom Werk und zum Entsorgungsort sowie Erneuerungsmaßnahmen (an Wegedecken). Als funktionelle Einheit wurde 1 m² Nettogrundfläche gewählt sowie ein Bilanzierungszeitraum von 30 Jahren gesetzt. Signifikante Parameter wurden identifiziert und mittels Sensitivitätsanalyse variiert. Durch einen Bilanzierungsumfang von insgesamt 114 Wegebauweisen wird die Aussagekraft der erzielten Ergebnisse unterstrichen.
Ergebnisse und Diskussion
Die Ergebnisse der Ökobilanzierung zeigen, dass die wassergebundenen Wegebauweisen in den Wirkungskategorien Treibhauspotential (GWP), Versauerungspotential (AP) und Primärgesamtenergiebedarf (PEges) die geringsten Umweltwirkungen aufweisen, gefolgt von den epoxidharzgebundenen und den schließlich bitumengebundenen Wegebauweisen, wobei die Bilanz der epoxidharzgebundenen Wegebauweisen stark von den Eigenschaften der EP-Harze und deren Applikationsmengen abhängig sind.
Laboruntersuchungen erfolgten an insgesamt sieben unterschiedlichen Baustoffgemischen. Dazu zählten zwei bitumengebundene, drei kunstharzgebundene sowie zwei wassergebundene Baustoffgemische. An hergestellten Probekörpern wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:
Spaltzugschwellversuche zur Beschreibung des Ermüdungsverhaltens und der Steifigkeitsmodule der gebundenen Baustoffgemische,
Untersuchungen zur Temperatur- und UV-Beständigkeit der gebundenen Baustoffgemische ,
Frost-Tau-Wechselversuche zur Analyse des Verwitterungswiderstandes der gebundenen Baustoffgemische,
Stempeleindringversuche zur Beschreibung des Verformungsverhaltens der gebundenen und ungebundenen (oder wassergebundenen) Baustoffgemische,
Erosionswiderstand gegenüber strömendem Wasser der gebundenen und ungebundenen (oder wassergebundenen) Baustoffgemische,
Widerstand gegenüber steigendem Grundwasserstand der gebundenen und ungebundenen (oder wassergebundenen) Baustoffgemische.
Erfahrungen in der Unterhaltung verschieden konstruierter Wegedecken und hinsichtlich ihres Verhaltens in Abhängigkeit von Nutzung und witterungsbedingten Einflussgrößen stehen Annahmen und Erwartungen hinsichtlich ihrer Beständigkeit gegenüber, welche häufig den Ausschlag für Investitions- oder Bauvorhaben liefern, so im Vorfeld der nach der Flut 2013 erforderlichen Sanierungsmaßnahmen.
Die von der Hochschule Magdeburg-Stendal gelieferten Ergebnisse (siehe Anlage) hinsichtlich des Verhaltens der untersuchten Materialien sollen im Folgenden in Relation zu den in den vorangegangenen Betrachtungen dargestellten Beobachtungen gestellt wer-den. Die daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen können einen Beitrag zur Versachlichung der Entscheidungsfindung bei Wegebaumaßnahmen liefern.
Untersuchungsergebnis: Kunstharzgebundene Baustoffe besitzen im Verhältnis zu bitumengebundenen Baustoffen bis zu einer bestimmten Belastungsgrenze einen ausgeprägten Dauerfestigkeitsbereich. "Oberhalb dieser Belastungsgrenze kommt es zu deutlichen Schädigungen und teilweise abruptem Bruchverhalten
Im höheren Beanspruchungsbereich weisen die bitumengebundenen Baustoffe Vorteile bezüglich des Ermüdungsverhaltens gegenüber den kunstharzgebundenen Baustoffen auf."
Schlussfolgerungen: Die im Dessauer Tiergarten und im Großkühnauer Park beobachteten Rissbildungen in den epoxidharzgebundenen Wegedeckschichten können auf das hier beschriebene Materialverhalten zurückzuführen sein, sofern die angesprochenen Belastungsgrenzen überschritten wurden. Die beobachtete Nutzung durch Pflegefahrzeuge in Großkühnau ist ein Indiz dafür. Insbesondere, wenn die kunstharzgebundenen Wegedecken zu dünn ausgebildet werden, kann die Belastungsgrenze schnell erreicht werden und zu entsprechendem Versagen (Rissbildung) führen.
Auch Setzungstendenzen im Gelände und mangelnde Stabilität des Unterbaus im Grenzbereich zu einem Graben können, im Zusammenhang mit einer zu dünnen Deckschicht, ursächlich für solche Schäden sein, wie die Beobachtungen im Dessauer Tiergarten nahelegen.
Festzustellen ist, dass die vor Ort gesichteten bitumengebundenen Wegeaufbauten vergleichbare Schäden bislang nicht aufweisen. Da diese ebenfalls mindestens durch Pflegefahrzeuge genutzt werden, wäre in Abhängigkeit von weiteren Parametern, wie etwa der Stärke der Asphaltschichten, zu untersuchen, ob dies als Indiz dafür gewertet werden kann, dass im höheren Beanspruchungsbereich auch vor Ort eingebaute bitumengebundene Wegedecken Vorteile hinsichtlich des Ermüdungsverhaltens gegenüber epoxidharzgebundenen Wegedecken besitzen. Auch epoxidharzgebundene Wegedecken mit einer Asphaltdecke als Tragschicht zeigen Schäden durch Risse, jedoch deutlich weniger. Dass die Tragfähigkeit der Tragschicht, in diesen Fällen eine Asphaltschicht, das Rissbildungsverhalten der Deckschicht beeinflusst, kann vorausgesetzt werden. Quantifizierende Untersuchungen hierzu waren jedoch nicht Gegenstand des Forschungsprojektes.
Untersuchungsergebnis: "Die Ergebnisse der Spaltzugschwellversuche nach thermischer Belastung und UV-Bestrahlung zeigten, dass die durch den Versuch hervorgerufene Alterung einen Einfluss auf das Ermüdungsverhalten der bitumen- und kunstharzge-bundenen Baustoffgemische hatte
"
Schlussfolgerungen: Hinsichtlich der aktuell vor Ort gesichteten Fallbeispiele war es nicht möglich, beobachtete Schäden eindeutig auf das angesprochene Ermüdungsverhalten zurückzuführen. Insbesondere in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist jedoch die erst vergleichsweise kurze Bestandszeit der jeweiligen Wegeaufbauten. Vor diesem Hintergrund spricht die Rissbildung in den epoxidharzgebundenen Wegedecken eher für deren angesprochenes Ermüdungsverhalten.
Untersuchungsergebnis: "Die Ergebnisse der Spaltzugschwellversuche nach Belastung durch Frost-Tau-Wechsel zeigten, dass bei den Baustoffgemischen BB1, BB2, KB2, und KB3 ein Einfluss auf das Ermüdungsverhalten zu erkennen war.
" Dieser Effekt wurde vereinfacht ausgedrückt durch Frostsprengung enthaltener Wasseranteile erklärt. Für das Baustoffgemisch KB1 zeigte sich ein solches Verhalten in der untersuchten Stichprobe nicht.
Schlussfolgerungen: Dieses Untersuchungsergebnis zeigt, dass bitumen- und epoxidharzgebundene Wegedecken, durch Frost-Tauwechsel geschädigt werden können, wie bereits bekannt ist. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass wassergebundene Wegedeckschichten nach Frost-Tau-Wechsel grundsätzlich einer Nachverdichtung und Reprofilierung bedürfen. Erfolgt vor diesen Maßnahmen eine intensive Nutzung kann es zu stärkeren Schäden der Deckschicht und deren Vermischung mit der Tragschicht kommen. Der damit verbundene Wartungs- oder Reparaturbedarf wäre im Vergleich dem-jenigen bei Schäden an bitumen- oder epoxidharzgebundenen Wegedecken gegenüberzustellen. Bei regelgerechter und rechtzeitiger Wartung lässt sich die uneingeschränkte Nutzbarkeit ohne erkennbare Defekte bei wassergebundenen Wegedecken nach Frost-Tau-Wechsel-Schäden wiederherstellen. Bei den bitumen- oder epoxidharz-gebundenen Wegebelägen besteht hierzu im Vergleich entweder die Möglichkeit der Ausbesserung von Schadstellen (Risse, Schlaglöcher) oder der Kompletterneuerung der Deckschicht sowie ggf. auch der Tragschicht(en).
Untersuchungsergebnis: "Die Ergebnisse der Stempeleindringversuche zeigen den teilweise sehr deutlichen Einfluss der Temperatur auf die Verformungsbeständigkeit von bitumen- und kunstharzgebundenen Baustoffen."
Schlussfolgerungen: Grundsätzlich bekannt sind temperaturbedingte Verformungen bitumengebundener Deckschichten, auf die u. a. die Entstehung von Spurrinnen zurückgeführt wird. Vergleichbare temperaturbedingte Verformungen sind tatsächlich von was-sergebunden befestigen Deckschichten nicht bekannt. Gleichwohl ist der Widerstand der wassergebundenen Deckschichten gegenüber bleibenden Verformungen deutlich geringer als der von Asphaltdeckschichten und von kunstharzgebundenen Deckschichten. Bei den bitumen- und kunstharzgebundenen Deckschichten sind der Erhitzungsgrad und die damit zusammenhängenden Folgen auch von der Färbung und der Helligkeitsgrad und somit der Strahlungsabsorption abhängig. Was hier jedoch nicht Untersuchungsgegenstand war.
Untersuchungsergebnis: "Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten den signifikanten Einfluss des Wassergehaltes auf das Verformungsverhalten der (wassergebundenen) Baustoffgemische."
Schlussfolgerungen: Die Empfindlichkeit wassergebundener Befestigungen gegenüber erhöhtem Wassergehalt ist ein bei feuchter Witterung und vorhandenen Bau- oder Pflegedefiziten vor Ort gut zu beobachtender Effekt. Hierzu sei auf das Fallbeispiel der unsanierten Wegeabschnitte im Leipziger Johannapark hingewiesen. Bei regelgerecht gebauten und unterhaltenen wassergebunden befestigten Wegen treten diese Schäden jedoch in deutlich geringerem Maße auf. Kann durch funktionsgerechte Profilierung und Verdichtung der Deckschicht eine ausreichende Entwässerung sichergestellt und eine Pfützenbildung vermieden werden, tritt in der Regel kein Anstieg des Wassergehalts auf, welcher den Bestand der Deckschicht gefährdet. In diesem Zusammenhang sind auch die unterschiedlichen Beobachtungen nach einem stärkeren Regenereignis im Leipziger Schlosspark Lützschena aufschlussreich.
Untersuchungsergebnis: "Die Untersuchungsergebnisse zum Erosionswiderstand gegenüber strömendem Wasser zeigten, dass bei allen gebundenen Baustoffgemischen keine Erosion durch die im Versuch erzeugte Strömung auftrat
Zusammengefasst wa-ren Erosionsschäden bei wassergebunden befestigten Deckschichten am Rand der Probekörper beobachtbar. Hinsichtlich einer Ausdehnung des Deckschichtgemisches mit pflanzlich-mineralischem Stabilizeranteil wird vermutet, dass dieser Effekt auf ein Aufquellen des Stabilizers zurückzuführen ist. Festgehalten wird unter der Rahmenbedingung mäßiger Überströmung: "An den strömungsexponierten Bereichen, wie den Rändern oder Ecken, gab es leichte Erosionen, während die Probekörpermitten stabil blieben." Ferner heißt es: "Bei Extremversuchen mit starkem Strömungsangriff und beschädigten Probekörperoberflächen trat starke Erosion an der vorderen Kante der Probekörper auf, während in den beschädigten Bereichen vor allem feine Materialien ausgespült wurden. Gröbere Einzelkörner wurden vereinzelt ausgetragen."
Schlussfolgerungen: Aufgrund dieser Ergebnisse wäre zu untersuchen, in wieweit beständige und unbeschädigte Kanteneinfassungen stärkere Schäden an wassergebundenen Wegedecken verhindern können. Da auch bei starkem Strömungsangriff gröbere Einzelkörner nur vereinzelt ausgespült wurden, kann angenommen werden, dass bei diesem die Tragschichten weniger geschädigten werden, als die feinkörnigeren Deck-schichten. Trifft dieser Befund zu, würde nicht der gesamte Wegeaufbau geschädigt, sondern müsste lediglich die Deckschicht erneuert oder reprofiliert werden.
Ist der Strömungsangriff so stark, dass Tragschichten ausgespült oder geschädigt werden, besitzen nicht nur wassergebundene, sondern auch epoxidharz- oder bitumengebundene Deckschichten keinen Bestand und brechen ein. Diese Effekte waren vorliegend kein Untersuchungsgegenstand. Jedoch ist offenkundig, dass bei solchen Ereignissen auch der Bestand von Wegeaufbauten mit fest gebundener Deckschicht von Qualität und Standfestigkeit der Kanteneinfassungen abhängt.
Untersuchungsergebnis: Bei simulierten steigenden Grundwasserständen wiesen die wassergebunden befestigten Probekörper im Gegensatz zu den fest gebundenen in unterschiedlichem Ausmaß Materialverluste an den Ecken und Kanten auf. Stabilizerzusatz gewährleistete abseits von diesen hohe Lagestabilität, jedoch bei Zunahme des Volumens, vermutlich in Folge des Quellverhaltens des Stabilizerszusatzes. Es heißt: "Diese Schlussfolgerungen und die Ergebnisse der Stempeldruckversuche legen nahe, dass erst die Kombination von hygrischen Belastungen und Oberlasten die Qualität der ungebundenen (wassergebundenen) Wegedecken stark beeinflussen bzw. Schädigungen durch bspw. das Befahren von wassergesättigten (wassergebundenen) Wegedecken zu erwarten sind."
Schlussfolgerungen: Tatsächlich ist dieser Effekt bei Wegeaufbauten in Nutzung vielfach zu beobachten. Hingewiesen sei auf die Fallbetrachtungen zum Johannapark in Leipzig oder zum Großkühnauer Park in Dessau. Insbesondere an diesen zeigt sich, dass starke Nutzung bei Wassersättigung der Wegeoberflächen zu größeren Schäden führt. Ist die Wassersättigung grundwasserstandbedingt, kann auch die baulich zu beeinflussende Entwässerung aus der Wegefläche heraus nicht eintreten. Andererseits sind Schäden an wassergesättigten Wegedecken bei geringerer Nutzungsintensität ebenfalls von weniger ausgeprägter Natur (vgl. hierzu auch die Betrachtungen zum Leipziger Schlosspark Lützschena).
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Eine Onlineveranstaltung zum Projektabschluss ist in nächster Zeit geplant. Die Veröffentlichung des Abschlussberichts erfolgt online auf der Website der DBU. Die Landesämter für Denkmalpflege und Untere Schutzbehörden in Sachsen und Sachsen-Anhalt werden über die Projektergebnisse in Veranstaltungen informiert.
Fazit
Weitere Untersuchungen zur Beständigkeit von Wegedeckschichten sollten insbesondere Faktoren wie die Beschaffenheit des Unterbaus und von Kanteneinfassungen, von Bau- und Unterhaltungsmängeln sowie von Nutzungsart und intensität miteinbeziehen.
Fördersumme
102.193,00 €
Förderzeitraum
17.12.2019 - 31.12.2022
Bundesland
Sachsen-Anhalt
Schlagwörter