Wasserdicht, atmungsaktiv und grün – Nachhaltige Ausrüstung von Outdoortextilien – Vergleichende Risikobewertung kurzkettiger poly- und perfluorierter Alkylverbindungen mit fluorfreien Ersatzstoffen
Projektdurchführung
Universität Bremen
Zentrum für Umweltforschung und
nachhaltige Technologien (UFT)
Nachhaltige Chemie
Leobener Str.
28359 Bremen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
DWR (durable water repellent)-Beschichtungen werden in der Textilindustrie angewendet, um Pro-dukte mit Wasser, Öl und Schmutz abweisenden Eigenschaften auszurüsten. Dabei werden häufig langkettige (per- und poly-)fluorierte Alkylverbindungen (PFASs) verwendet. Die Anwendung von PFASs in unterschiedlichen Produkten, nicht nur Textilien, führt dazu, dass ihr Eintrag in die Umwelt stark zunimmt. In verschiedenen Umweltmatrices und Organismen, einschließlich des Menschen, und sogar in abgelegenen Gebieten (Arktis oder Antarktis) werden sie nachgewiesen. Dies kann globale Konsequenzen für die Gesundheit des Menschen haben und zu einer Vielzahl von Umweltproblemen führen. Deshalb ist die Industrie auf kurzkettige PFASs, deren Gefahrenpotenzial nicht ausreichend geklärt ist, umgestiegen. Basierend auf Struktur-Wirkungs-Beziehungen und der Auswertung wissen-schaftlicher Studien ist es wahrscheinlich, dass auch diese Substanzen ein erhöhtes Gefahrenpoten-zial aufweisen. Neben kurzkettigen PFAS werden u.a. paraffin-, silikon- und polyurethanbasierte DWR als PFAS-freie Ersatzstoffe an Textilien diskutiert. Ziel dieses Projektes ist es, in Zusammenarbeit des BSI, dem UFT und dem UBA, Alternativchemikalien (PFAS-frei und PFAS-haltig) zu ermitteln, die so-wohl günstige Imprägnierungseigenschaften als auch nachhaltiges Umweltverhalten in sich vereinen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFolgende Arbeitsschritte wurden in dem Projekt durchgeführt: a) Auswahl/Recherche von zu testenden Substanzen, b) Etablierung/Optimierung analytischer Methoden und Charakterisierung der Appreturen, c) Tests zur Abbaubarkeit, zur (Öko-)Toxizität und Bioakkumulation d) zusammenführende Bewertung der Ergebnisse und Vergleich von lang- und kurzkettigen PFASs mit den PFAS-freien Alternativen
Ergebnisse und Diskussion
Eine Auswahl von 18 DWR-Formulierungen von sieben Herstellern konnte in diesem Projekt untersucht werden. Die Ermittlung der veröffentlichten Daten zeigte hinsichtlich Persistenz, Bioakkumulati-onspotenzial, (Öko-)Toxizität teils große Lücken, die in der folgenden Projektphase punktuell ge-schlossen wurden. So wurden in der zweiten Projektphase für die Appreturen und ausgewählte Refe-renzsubstanzen Effektkonzentrationen in unterschiedlichen ökotoxikologischen Tests ermittelt. Es wurden Analysen zur Ermittlung der flüchtigen Komponenten durchgeführt, die neben der Bestimmung der Löslichkeit in Wasser, des Gehaltes an gelöstem Kohlenstoff und flüchtiger, organischer Verbin-dungen, Aufschlüsse über die Zusammensetzung ermöglichen. Es konnten unterschiedliche krebser-regende, giftige oder gesundheitsschädliche Verbindungen in den Proben nachgewiesen werden. PFAS-haltige Appreturen wurden im Rahmen dieses Projektes nur anhand von drei Beispielen unter-sucht, wobei es sich dabei um eine C4, eine C6 und eine C8-Chemie handelte. Zur Zusammensetzung wurden LC-MS-Analysen durchgeführt, um den Anteil der Fluortelomeralkohole, Fluorcarbonsäuren und -sulfonaten zu bestimmen. In diesen DWR-Formulierungen sind gemäß ihrer Kennzeichnung vermehrt kurzkettige PFAS enthalten, zudem geringe Mengen an langkettigen PFAS oder Vorläufer-verbindungen. Die Proben zeigen weitgehend moderate Effektkonzentrationen in Studien zur akuten Toxizität an ausgewählten Wasserorganismen
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Um die Ergebnisse dieser Studie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, gab es neben Pressemittei-lungen der DBU und des BSI, eine Teilnahme an der Woche der Umwelt im Juli 2016 und mehrere In-terviews für den Rundfunk und Presse. 2018 erfolge der Abschlussworkshop zum Thema der nachhal-tigen Outdoor-Textilien in Bremen
Fazit
Zu der überwiegenden Zahl der ausgewählten DWR-Formulierungen waren keine oder nur wenige ökotoxikologische Daten verfügbar. Vorhandene Angaben wiesen auf meist moderate Effekte (EC50 10 -100 mg/L) hin. Diese Ergebnisse besitzen teils begrenzte Aussagekraft, da eine Testung über die Löslichkeitsgrenze erfolgt sein muss. Zahlreiche flüchtige organische Gefahrstoffe wurden in allen DWR-Formulierungen nachgewiesen, die teils nicht im Sicherheitsdatenblatt ausgewiesen waren. Die Deklarierung der Inhaltsstoffe durch die Hersteller erscheint in einigen Fällen mangelhaft. In der Ana-lyse von PFAS-haltigen DWR-Formulierungen konnten zahlreiche PFAS-haltige Säuren, Sulfonsäuren und Alkohole unterschiedlicher Kettenlänge quantifiziert werden. Aufgrund der geringen Konzentratio-nen besteht zwar nicht die Pflicht diese im Sicherheitsdatenblatt zu nennen, aber bezogen auf die ab-geschätzten globalen Produktionsmengen von PFAS-haltigen DWRs führen diese Spurenverunreini-gungen zu einem signifikanten Eintrag von PFASs in die Umwelt. In den ökotoxikologischen Tests er-wiesen sich Wasserflöhe (Daphnia magna) und Algen (Raphidocelis subcapitata) auf Grund ihrer Empfindlichkeit gegenüber den DWR-Formulierungen als besonders geeignete Testorganismen. Die DWR-Formulierungen lassen sich basierend auf unseren Untersuchungen überwiegend in Akut 2 (EC50 > 1 - ? 10 mg/L) und teilweise Akut 1 (EC50 ? 1 mg/L) einordnen, wenn die Ergebnisse um den Wassergehalt der Proben bereinigt werden. Es lässt sich jedoch kein Trend zu höherer oder niedriger Toxizität in der vergleichenden Analyse von Silikon(Si)-, Kohlenwasserstoff(CH)- oder Fluorcar-bon(FC)-Formulierungen ausmachen. Es muss angenommen werden, dass überwiegend Lösungsmit-tel und chemisch reaktive Komponenten die Ökotoxizität der Formulierungen dominieren. Ein risiko-armer Umgang mit den untersuchten DWR-Formulierungen (egal ob Si-, CH- und FC-basiert), bedarf einen hohen Standard in der Arbeitssicherheit, gut ausgerüstete Produktionsstätten, geschultes Per-sonal und ein gutes Abfall- und Abwassermanagement. Sollten diese Voraussetzungen nicht gegeben sein, wie es vielen Produktionsstätten im asiatischen Raum nachgesagt wird, dann geht die Hydro-phobierung von Textilien mit einem erheblichen Risiko für Mensch und Umwelt einher. Die Verwendung von kurzkettigen PFAS als Alternative zu langkettigen Verbindungen erscheint aus Sicht der Autoren in Outdoortextilien nicht zweckmäßig. Unter anderem deren Persistenz, hohe Mobilität in der Umwelt und die Verunreinigung mit langkettigen PFAS stellen ein Risiko für Mensch und Umwelt dar, das durch den Nutzen in Outdoortextilien nicht gerechtfertigt scheint
Fördersumme
289.760,00 €
Förderzeitraum
01.01.2015 - 30.06.2018
Bundesland
Bremen
Schlagwörter