Nachhaltige Ressourcenstrategien in Unternehmen: Identifikation kritischer Rohstoffe und Erarbeitung von Handlungsempfehlungen zur Umsetzung einer ressourceneffizienten Produktion
Projektdurchführung
Universität Augsburg
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Production & Supply Chain Management
Universitätsstr. 16
86159 Augsburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Technologieunternehmen sind auf die Verfügbarkeit kritischer Rohstoffe auf besondere Weise angewiesen. So enthalten funktionale Baugruppen, wie sie z. B. in Steuergeräten oder elektronischen Schaltungen verbaut sind, heute bis zu 60 verschiedene Elemente. Die Verfügbarkeit entsprechender Rohstoffe ist oftmals begrenzt, ihr Vorkommen auf wenige Regionen beschränkt. Darüber hinaus ist die Förderung und Verarbeitung der Rohstoffe oft mit signifikanten ökologischen und sozialen Risiken verbunden. Vor diesem Hintergrund ist es gerade für Technologieunternehmen von zentraler Bedeutung, dezidierte Informationen über die eingesetzten Rohstoffe bzw. deren Kritikalität zu erhalten. Aufgrund der üblicherweise niedrigen Wertschöpfungstiefe haben aber insbesondere technologieorientierte KMUs oftmals keine oder unvollständige Kenntnisse über die Zusammensetzung ihrer Produkte oder Ersatzteile. Selbst wenn diese Informationen bekannt sind, so ist die Bewertung der Kritikalität der Rohstoffe aufgrund ihres mehrdimensionalen (ökonomische, ökologische und soziale Kriterien) und dynamischen Charakters (Erschließung neuer Fördergebiete, Entwicklung neuer Recyclingtechnologien) oftmals unzureichend.
Vor diesem Hintergrund wird in dem vorliegenden Projekt zusammen mit zwei KMUs aus der Metall- und Elektroindustrie 1.) ein Vorgehensmodell zur Identifikation kritischer Inhaltsstoffe, 2.) ein Modul zur ökonomischen, ökologischen und sozialen Kritikalitätsbewertung sowie 3.) ein Leitfaden zur Analyse und Bewertung betrieblicher Handlungsoptionen (z.B. langfristige Lieferverträge, Lagerhaltung, Substitution und/oder Remanufacturing/Recycling) konzipiert und exemplarisch für KMUs evaluiert.
Das Gesamtziel des Forschungsvorhabens liegt in der Entwicklung und Evaluierung eines Leitfadens zur Umsetzung einer anwendungsorientierten und nachhaltigen Ressourcenstrategie. Das Format des Leitfadens ist dabei so gewählt, dass die KMUs nach Projektende die Bewertung ihrer strategischen Ressourcen selbständig durchführen bzw. aktualisieren können. Dies wird dadurch gewährleistet, dass die Bewertung hauptsächlich auf allgemeinzugänglichen Datenquellen aufbaut, welche durch anerkannte Institutionen (z. B. Weltbank, United States Geological Survey) regelmäßig aktualisiert werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer Arbeitsplan enthält vier Arbeitspakete, von denen gemäß Projektplan im Jahr 2013 im Wesentlichen AP 1 und AP 2 bearbeitet wurden.
Gegenstand von Arbeitspaket 1 ist die Konzeption eines Kritikalitätsassessments, welches einen Bewertungsrahmen für die einzelnen Bauteile bzw. die darin enthaltenen Rohstoffe umfasst. Die Bewertung beruht dabei auf ökonomischen, ökologischen und sozialen Kriterien.
Ziel des Arbeitspakets 2 ist die Erarbeitung eines Vorgehensmodells zur Identifikation potentiell kritischer Inhaltsstoffe. Diese umfasst sowohl die Analyse betrieblicher Daten (Materialstammdaten, Stücklisten, Entwicklungsinformationen, Datenblätter einzelner Bauteile) als auch überbetrieblicher Daten (Recherchearbeit in Fachliteratur, Internet und Datenbanken) sowie Laboruntersuchungen.
Auf Basis der Identifikation von Inhaltsstoffen sowie deren Kritikalitätsbewertung wird im weiteren Projektverlauf in Arbeitspaket 3 der Leitfaden zur Analyse und Bewertung potentieller Handlungsalternativen konkretisiert.
Arbeitspaket 4 umfasst die Evaluierung, Präsentation und Dokumentation des Projekts. Maßnahmen, die unter den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation fallen, sind im Folgenden unten dargestellt.
Ergebnisse und Diskussion
Grundlage für die Entwicklung eines Leitfadens zur Umsetzung von nachhaltigen Ressourcenstrategien in Unternehmen ist die Analyse potenziell kritischer Inhaltsstoffe auf Rohstoff- bzw. Elementebene. Prinzipiell stehen hierfür eine Auswertung interner ERP-Daten, die Analyse verfügbarer Produktbeschreibungen bzw. Datenblätter, eine Analyse der Lieferkette sowie Datenbank-, Literatur- und Internetrecherchen und Laboranalysen zur Verfügung. Aus Effizienzgründen empfiehlt sich vorab eine Eingrenzung der zu betrachtenden Vorprodukte und Betriebsstoffe auf Basis eines strukturierten Expertengesprächs. Dabei sind, soweit möglich, Referenzteile basierend auf einer Analyse von Teilefamilien für die spätere Untersuchung zu bestimmen. Sind potenziell kritische Inhaltsstoffe nicht aus den ERP- und Entwicklungsdaten zu extrahieren, empfiehlt sich zur weiteren Eingrenzung eine Datenblatt-/Literatur- bzw. Internetrecherche. Für eine umfassende Analyse der Inhaltsstoffe erscheint eine Laboranalyse unerlässlich. Hierfür bietet sich die energiedispersive Röntgenspektroskopie (EDX) zur schnellen und zerstörungsfreien Elementanalyse an.
Bei der Bewertung der identifizierten Rohstoffe ist mit besonderem Augenmerk auf die Verfügbarkeit entsprechender Rohdaten bzw. deren Verlässlichkeit zu achten. Dementsprechend empfehlen sich für die ökonomische Bewertung Indikatoren wie die Länderkonzentration (HHI), die Statische Reichweite, die Bedeutung der Koppelproduktion, die Politische Stabilität (WGI), die Unternehmenskonzentration und die Recyclingquote. Entsprechende Basisdaten werden vom United States Geological Survey (USGS), der Raw Material Group bzw. der Weltbank zur Verfügung gestellt und können prinzipiell für Primär- und Sekundärrohstoffe bzw. für den Mining- und Refining-Sektor berechnet werden. Für die ökologische Bewertung wird die ReCiPe-Methode vorgeschlagen. Die dabei berücksichtigten Schutzbereiche (Endpoints) betreffen die menschliche Gesundheit und den Erhalt der Biodiversität. Die für die Bewertung benötigten Daten können etwa der Ecoinvent-Datenbank entnommen werden. Die Bewertung der sozialen Dimension sowie die Aggregation der einzelnen Kritikalitätswerte sind Gegenstand der weiteren Forschung. Erfordert die Bewertung der sozialen Dimension die Verifizierung der Regularien des Dodd-Frank-Acts, ist eine entsprechende Lieferkettenanalyse unabdingbar.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Im Rahmen des Projektes wurden bisher zwei Workshops mit den Projektpartnern durchgeführt (am 23. April 2013 als Kick-Off-Veranstaltung in der Universität Augsburg sowie am 24. Oktober 2013 bei der BMK solutions GmbH & Co. KG in Augsburg). Ferner wurden die Zwischenergebnisse auf dem Münchner Rohstofffrühstück vor Vertretern der Siemens AG, der Osram GmbH, der Wacker Chemie AG, der BMW AG, und der Infineon AG am 15. Oktober 2013 in München diskutiert. Auf wissenschaftlicher Ebene wurden Projektergebnisse auf der Fachtagung Green Electronics in Budapest, die vom 4. - 6. November 2013 stattfand, erörtert.
Fazit
Das Projekt befindet sich im Zeitplan und wird alle angestrebten Ziele erreichen. Alle Projekt- und Kooperationspartner bzw. Mitglieder des Fachbeirats zeigten sich nach intensiven fachlichen Diskussionen der aktuellen Zwischenergebnisse - im Rahmen des Arbeitstreffens bei der BMK electronic solutions GmbH & Co. KG - äußerst zufrieden mit dem Projektfortschritt.
Fördersumme
124.900,00 €
Förderzeitraum
01.04.2013 - 30.09.2014
Bundesland
Bayern
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik