Evaluierung und Konkretisierung von Methoden zur Vermeidung und Kompensation von Eingriffen und zur Förderung von Feldhamster-Populationen
Projektdurchführung
Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V.
Eisvogelweg 1
91161 Hilpoltstein
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Der Feldhamster ist in Deutschland stark gefährdet - vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft: Immer frühere Erntetermine und der direkt anschließende Umbruch der Felder, bessere Erntetechniken mit geringeren Ernteverlusten und immer größere, zeitgleich abgeerntete Schläge beschränken das Nahrungsangebot für den Feldhamster, mindern die Chancen einer erfolgreichen Überwinterung und erhöhen das Prädationsrisiko für Tiere, die die Ernte zum Verlassen ihres Baus zwingt. Zudem wirkt die Bodenbearbeitung als Störquelle und unmittelbare Gefahr für Feldhamster. Aber auch Lebensraumzerstörung und -zerschneidung durch große Bauvorhaben haben dazu beigetragen, dass die Feldhamsterbestände in den letzten Jahrzehnten in ganz Deutschland dramatisch zurückgegangen sind.
Im letzten verbliebenen Verbreitungsgebiet des Feldhamsters in Bayern - in den Lössgebieten Mainfrankens - versucht man den Bestandseinbrüchen mit verschiedenen Maßnahmen zu begegnen, die auf eine Lebensraumoptimierung oder - im Zusammenhang mit Bauvorhaben - auf die Beseitigung von Wanderungshindernissen und den Ausgleich von Lebensraumverlust abzielen. Deren Effizienz ist jedoch bislang kaum untersucht. Die vorliegende Studie sollte daher die Wirksamkeit gängiger Schutz-maßnahmen am Beispiel von Ausgleichsmaßnahmen für Straßenbauvorhaben in Feldhamsterlebensräumen Mainfrankens prüfen, sie weiterentwickeln und Empfehlungen zur Effizienzsteigerung künftiger Ausgleichsmaßnahmen, aber auch des Feldhamsterschutzes insgesamt erarbeiten.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn der vorliegenden Studie wurden zwischen 2007 und 2010 insbesondere
- die Wirksamkeit verschiedener Typen von Straßendurchlässen, die die isolierende Wirkung großer Straßen auf Feldhamsterpopulationen mindern und den genetischen Austausch zwischen zer-schnittenen Teilpopulationen sicherstellen sollen, mittels Videoüberwachung überprüft,
- in einer Telemetriestudie und in Fang-Wiederfang-Versuchen anhand verschiedener Parameter - Winter- und Sommermortalität, Häufigkeit des Flächenwechsels, Überlebensdauer etc. - die Effizienz verschiedener mutmaßlich hamsterfreundlicher Bewirtschaftungsformen auf Kompensationsflächen im Vergleich zu umliegenden konventionell genutzten Agrarflächen geprüft,
- durch Vergrämungsversuche an telemetrierten Feldhamstern die Wirksamkeit des Schwarzpflügens als gängige Methode zur Vergrämung von Feldhamstern im Vorfeld von Baumaßnahmen untersucht.
Ergebnisse und Diskussion
- Die prinzipielle Eignung von Straßendurchlässen als Querungshilfe für Feldhamster und zur Vermeidung genetischer Isolation wurde durch die Zusammenarbeit mit einem ähnlichen, auf der im vorliegenden Projekt erarbeiteten Methodik aufbauenden Projekt in Sachsen-Anhalt belegt: Während im DBU-Projekt kaum Feldhamsternachweise in den untersuchten Durchlässen gelangen, wurden diese in Sachsen-Anhalt regelmäßig in großer Zahl genutzt. Präferenz für einen bestimmten Durchlasstyp war nicht zu erkennen. Die Diskrepanz zwischen den Ergebnissen beider Projekte wird primär auf das Fehlen effizienter Leiteinrichtungen und die Barrierewirkung der den Durchlässen vorgelagerten asphaltierten Feldwege im DBU-Projektgebiet zurückgeführt.
- Den positiven Effekt einer hamsterfreundlichen Bewirtschaftung auf die Population konnten die Fang-Wiederfang-Versuche an 432 markierten Feldhamstern und die Telemetrie von 74 Tieren bestätigen - zumindest für den Anbau von Wintergetreide mit Ernte nicht vor Beginn der Winterruhe der Feldhamster und zumindest für den kritischen Zeitraum ab Ernte und Umbruch auf konventionell bewirtschafteten Flächen: Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Lebensbedingungen auf konventionell genutzten Flächen und auf Flächen mit hamsterfreundlicher Bewirtschaftung ähnlich positiv. Ernte und Umbruch auf konventionell genutzten Flächen induzieren aber die Abwanderung dort lebender Feldhamster, die deren Prädationsrisiko deutlich erhöht. Zeitgleich steigen auf den untersuchten Ausgleichsflächen die Bestandsdichten sprunghaft an. Auf konventionell genutzten Flächen vollziehen Feldhamster zudem mehr Flächenwechsel und unterliegen einer höheren Sommermortalität als bei hamsterfreundlicher Bewirtschaftung.
- Eine Verbesserung der Lebensbedingungen durch den Anbau von Luzerne ließ sich nicht belegen: Die untersuchten Luzerneflächen wiesen zwar zu Beginn der Projektlaufzeit vor einem zyklischen Zusammenbruch der Feldhamsterbestände noch hohe Bestände auf. In den Folgejahren waren die Bestände dort aber weit geringer als auf Flächen mit Wintergetreide, und zeitweilig waren die Luzerneflächen sogar völlig verwaist.
- Die Möglichkeiten einer Vergrämung von Feldhamstern durch Schwarzpflügen im Vorfeld von Bauvorhaben sind nach den im Projekt erarbeiteten Daten in Frage zu stellen. Der Stichprobenumfang der möglichen Vergrämungsversuche war allerdings noch zu klein für endgültige Aussagen. Auch die Frage ob die Vergrämung durch Attraktionsflächen ergänzt oder ersetzt werden könnte, müsste noch in vertiefenden Untersuchungen geklärt werden.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Einbeziehung der örtlichen Bevölkerung und insbesondere der Landwirte vor Ort war wegen des problematischen Images des Feldhamsters eine Grundvoraussetzung für die Projektumsetzung. Dafür wurden ein Projektfaltblatt erstellt und in den Projektgemeinden an alle Haushalte verteilt und dort zudem Vortragsabende organisiert, bei denen Ziele, Inhalte und Ergebnisse des Vorhabens öffentlich vorgestellt und intensiv mit den anwesenden Landwirten diskutiert wurden. Zudem wurden im Lauf des Vorhabens zahlreiche Einzelgespräche mit örtlichen Landwirten geführt, um Vorbehalte gegenüber dem Feldhamsterschutz abzubauen und sie für die Unterstützung des Vorhabens zu gewinnen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Öffentlichkeitsarbeit lag in der ständigen Kommunikation mit einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe aus lokalen und regionalen Naturschutz-, Landwirtschafts- und Flurbereinigungsbehörden, die im Anschluss an das Projekt dessen Erkenntnisse zum Beispiel im bayerischen Feldhamsterhilfsprogramm oder in der Bauleitplanung umsetzen müssen. Diesen Behörden und weiteren Akteuren des Feldhamsterschutzes in Mainfranken wurden zudem die Projektergebnisse in schriftlicher Form zur Verfügung gestellt.
Über diesen unmittelbar mit dem Feldhamsterschutz befassten Personenkreises hinaus wurde Öffentlichkeitsarbeit u. a. auf landesweiten Vortragsveranstaltungen, über verschiedene LBV-Publikationen, einen für die ARD erstellten Film über Tiere der Agrarlandschaft und über eine im Rahmen des Vorhabens erstellte Projekt-Website betrieben.
Fazit
Das Vorhaben konnte eine ganze Reihe für den Feldhamsterschutz insgesamt, nicht nur für die Gestaltung von Ausgleichsmaßnahmen wichtiger Fragestellungen klären. Es zeigt aber auch, dass die bislang im Feldhamsterschutz in Mainfranken umgesetzten Maßnahmen nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sind und dass die Stabilisierung der Population nur Chancen hat, wenn es gelingt, die im Projekt als zielführend identifizierten Maßnahmen produktionsintegriert in die Fläche zu bringen. Wie dies gelingen könnte - insbesondere, wie Vorbehalte und Widerstände in Teilen der Landwirtschaft auszuräumen sind -, müsste in einem eigenen Umsetzungsprojekt in einer Modellgemeinde eruiert und erprobt werden. In dessen Rahmen könnten zudem noch einige weitere, im Projekt offen gebliebene oder sich daraus erst ergebende Fragestellungen bearbeitet werden, zum Beispiel zur notwendigen Streuung und Dichte von Rückzugsflächen in Feldhamsterlebensräumen.
Fördersumme
111.203,00 €
Förderzeitraum
14.05.2007 - 31.01.2011
Bundesland
Bayern
Schlagwörter