Projekt 20136/01

Untersuchungen der Vorgehensweisen bei Kanalreinigungen mit Hochdruckspülverfahren und Erarbeitung von Empfehlungen zur Vermeidung von Schäden am Kanal

Projektträger

Aqua Europe
Rupertistr. 7b
22609 Hamburg

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Abwasserkanäle werden zum überwiegenden Teil mit Hochdruck gereinigt. Dabei wird der Hochdruckwasserschlauch nebst einer Düse durch die Rückstosswirkung der Düsenstrahlen in das Abwasserrohr hineingezogen. Wird dann der Schlauch wieder zurückgezogen, wird gleichzeitig Spülgut zum Schacht geschwemmt und kann dort abgesaugt werden. Oft dringt dabei der Schlauch mit teils relativ hoher Geschwindigkeit vor. Die Düse kann zudem von der Sohle abheben und es passiert aus den unterschiedlichsten Situationen heraus, dass die Düse z. B. gegen einen Hausanschlussstutzen prallt. Bei einem Düsengewicht von typisch 10 kg kann dies zu Beschädigungen am Rohr führen. Bei geschätzten 5.000 -7.000 Fahrzeugen in Deutschland und nur einem Schaden pro Fahrzeug und Jahr sowie durchschnittlichen Kosten pro Schaden von 2.500,- € kann man sich den hohen Ressourcenaufwand für die Schadensbeseitigung vorstellen. Das Projekt sollte eine Unterscheidung zwischen sachgemäßer und unsachgemäßer Vorgehensweise bei der Hochdruckreinigung aufzeigen und damit dazu beitragen, zukünftig Schäden zu vermeiden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEin Versuchsstand bestehend aus einer Vorlauf- und einer Teststrecke wurde auf dem Bauhof in Göttingen aufgebaut. Mit diesem wurden praxisnahe Verhältnisse nachgebildet. In die Teststrecke wurden verschiedene Rohrtypen eingebaut und ein Kraftmesssensor installiert. Mit einem Hochdruckspülwagen wurden unter Verwendung unterschiedlicher Drücke und Düsen etc. Crashtests an den Rohrsegmenten vorgenommen. Neben der direkten Kraftmessung wurden die Befunde fotographisch dokumentiert. Die gemessenen Kräfte hängen nur von der Düsengeschwindigkeit und deren Gewicht ab. Mit den vielerorts verwendeten Bomben- oder Mehrzweckdüsen mit Gewichten von 3,8 kg bzw. 12,8 kg wurden Kräfte von teils weit über 20 Tonnen gemessen. Mit größeren, noch leistungsstärkeren Fahrzeugen dürften nochmals deutlich höhere Kräfte möglich sein. Verschiedene Situationen treten bei der Kanalreinigung - wenn auch selten - auf. Diese wurden im Projekt in geeigneter Weise simuliert.
1. Mit geeigneten Vorrichtungen wurden die Düsen in Hausanschlüsse geleitet und so deren Stoßwirkung ermittelt. 2. Es wurden so genannte Hüpfversuche gemacht. Eine ca. 2 cm hohe Schwelle zwischen zwei Rohrsegmenten verursachte ein Abheben der Düse von der Sohle. Bei hinreichender Vorschubgeschwindigkeit der Düse schlug diese dann gegen den Rohrscheitel. 3. Bei den Hüpfversuchen fällt die Düse nach einer mehr oder weniger langen Strecke wieder auf die Rohrsohle. 4. In die Versuchsstrecke wurde ein Rohrbogen eingebaut und die Stoßwirkung der Düse untersucht.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse für die verschiedenen Rohrmaterialien können wie folgt zusammengefasst werden. Betonrohre mit kleinen Querschnitten, z. B. DN 200, und mit geringer Materialstärke, z. B. 3 cm, werden bei einem Stoß einer Düse in einen Hausanschluss leicht zerbrochen. Größere Rohre mit größerer Materialstärke werden hingegen kaum geschädigt. Steinzeugrohre sind spröde. Hier wurden die meisten Schäden registriert. Stöße gegen Hausanschlüsse oder bei Hüpfversuchen verursachten schon bei geringen Düsen-Vorschubgeschwindigkeiten Scherbenbruch. Ebenso bei Steinzeug-Einsätzen für Betonrohre. Die insbesondere in privaten Rohrleitungen verwendeten so genannten KG-Rohre sind ebenfalls leicht zu schädigen. Hausanschlüsse wurden mühelos auch bei geringen Düsengeschwindigkeiten zerstört. Stöße durch Hüpfversuche hingegen waren ohne nachteilige Folgen. Rohrbogen mit 89° können aber mit spitzen Düsenformen ebenfalls durch einen Stoß zerstört werden. Außer geringfügigen Abschürfun-gen und gelegentlicher Kerbenbildung konnten bei Rohre aus HDPE (Polyethylen) und PP (Polypropylen) keine Schäden durch die hier durchgeführten Stoßversuche verursacht werden. Auch Glasfaser verstärkte Rohre sind relativ resistent gegenüber Stößen. Nur durch Düsenstöße in einen Hausanschluss zeigten sich Risse im Laminat, die aber nicht durchgängig waren. Hier kann eindringendes Wasser möglicherweise längerfristig einen Schaden bewirken. Rohre aus (Eisen-)Guss mit Zementauskleidung wiesen außer einigen Schleifspuren keine Schädigungen durch die Stoßversuche auf.
Eine Studie zur Effizienz der Hochdruckreinigung von Abwasserkanälen von 1984 in der Stadt Malmö in Schweden hat gezeigt, dass für Kanäle mit kleinem Querschnitt bis DN 300 mm Spülwassermengen von 200 Liter pro Minute völlig ausreichen. Ebenso ist ein langsamer Vorschub der Düse der Reinigung förderlich.
Mit jedem Rohrschaden sind auch umweltrelevante Aspekte verbunden. Neben dem entweder durch einen Rohrschaden versickernden Schmutzwasser und der damit möglichen Gefährdung des Grundwas-sers oder dem Eindringen von Fremdwasser in das Leitungssystem und dem dadurch bedingten höheren Ressourcenaufwand für die Abwasserreinigung, sind es die Ressourcenaufwendungen für die Behebung des Rohrschadens in Form von Material, Treibstoffen und Verkehr. Jeder vermiedene Rohrschaden trägt daher zu einer Entlastung der Umwelt bei. Dies kann durch geringe Vorschubgeschwindigkeiten der Düse bei der Kanalreinigung, möglicherweise durch technische Änderungen an den Fahrzeugen festgelegt, und durch intensive, praxisnahe Schulung des Personals erreicht werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse der Studie werden als Fachartikel der Zeitschrift Korrespondenz Abwasser der ATV-DVWK zur Veröffentlichung angeboten. Den zuständigen Fachausschüssen der ATV-DVWK wird die Studie ebenfalls zur Verfügung gestellt. Der Bericht wurde des Weiteren dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Kenntnis gegeben. Das zuständige EU-Gremium für CEN/TC 165 (DIN EN 14654), Vorsitzender Dr. R. Pecher, erhält ein Exemplar der Studie. Herr Dr. Lorenzen wird den Veranstaltern von Fachtagungen anbieten, dass der Autor der Studie hierüber einen Vortrag hält. Interessenten können die Ergebnisse auch direkt vom Autor beziehen. Eine Kurzfassung wird im Internet unter www.Aqua-Europe.com veröffentlicht.


Fazit

Kanalreinigung in Deutschland muss sich am Bestand der Kanäle orientieren. Diese sind vornehmlich Kanäle aus Beton, Steinzeug und insbesondere im privaten Hausanschlussbereich KG-Rohre. Hohe Vorschubgeschwindigkeiten der Reinigungsdüsen können Kanäle schädigen und sind, wie im Projekt nachgewiesen wurde, für die Kanalreinigung auch nicht förderlich. Nach den Empfehlungen von Herrn Dr. Lorenzen sollten Fahrzeughersteller technische Vorrichtungen bei den Fahrzeugen vorsehen, die eine niedrige, dem Reinigungsprozess förderliche Vorschubgeschwindigkeit der Düse von maximal etwa 1 Meter pro Sekunde manipulationsfrei (also kein Freilauf o. ä.) festlegen. Mitarbeiter im Bereich Kanalrei-nigung sollten sehr viel intensiver geschult werden. Diese Schulungen müssen einen großen Praxisanteil haben.

Übersicht

Fördersumme

48.998,00 €

Förderzeitraum

03.06.2003 - 14.06.2004

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik