Exzellente Forschung zu Extremwetterereignissen und wegweisende Impulse für die Bauwende: Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt vergibt in diesem Jahr den Deutschen Umweltpreis an zwei Preisträgerinnen, die mit herausragender Tatkraft beweisen, dass keine Zeit im Kampf gegen die Klimakrise zu verlieren ist. Die Klimaforscherin Prof. Dr. Friederike Otto und die Holzbau-Unternehmerin Dipl.-Ing. Dagmar Fritz-Kramer teilen sich die zum 31. Mal verliehene renommierte Auszeichnung in Höhe von insgesamt 500.000 Euro. Sie zählt zu den höchstdotierten Umweltpreisen Europas. Überreicht wird der Preis am 29. Oktober in Lübeck von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Nach Worten von DBU-Generalsekretär Alexander Bonde gelingt Friederike Otto und Dagmar Fritz-Kramer etwas Entscheidendes: „Sie sind echte Inspiration und Motivation, aus den bereits unübersehbaren Folgen der Erderwärmung zu lernen und deshalb Tag für Tag noch mehr Umwelt- und Ressourcenschutz umzusetzen, damit der Planet lebenswert bleibt.“
Zusammenhang zwischen Extremwetter und Klimawandel
Friederike Otto vom Imperial College London hat sich laut Bonde als „exzellente Klimawissenschaftlerin mit wegweisenden Forschungsarbeiten um die sogenannte Zuordnungswissenschaft verdient gemacht“. Die auch Attributionsforschung genannte Disziplin geht der Frage nach, welche Rolle der Klimawandel beim Wetter spielt – „ob es also Zusammenhänge zwischen Klimaveränderungen und Extremwetter wie Hitzewellen, Dürren, Überflutungen und Starkregen gibt“, so der DBU-Generalsekretär.
2015 hat die 41-jährige in Kiel geborene Klimawissenschaftlerin zusammen mit ihrem mittlerweile verstorbenen niederländischen Kollegen Prof. Dr. Geert Jan van Oldenborgh die Initiative World-Weather-Attribution (WWA) gegründet und das Verfahren der Attribution maßgeblich mitentwickelt. Mit ihrer Kommunikation der Studien direkt zum Zeitpunkt eines Extremwetters liegen wissenschaftlich fundierte Fakten vor „noch während die Auswirkungen des Geschehens in Medien, Politik und Gesellschaft diskutiert werden“, sagt Bonde. „Das schnelle Veröffentlichen der Studienergebnisse hat einen bahnbrechenden Einfluss auf den Diskurs über Folgen und Maßnahmen wegen des Klimawandels.“ Ohne den menschengemachten Klimawandel wären die diesjährigen Hitzewellen in Nordamerika und Südeuropa so nicht möglich gewesen, zeigte etwa eine WWA-Studie im Juli.
Hitzeaktionspläne weiter ausrollen
Die Studien sind zudem deshalb wegweisend, da das Team um Friederike Otto stets auch Ursachen analysiert und Lösungen empfiehlt. „In vielen Gemeinden und Städten gibt es inzwischen Hitzeaktionspläne“, sagt die Physikerin und promovierte Philosophin mit Blick auf ein weiteres Ergebnis der Hitzewellen-Studie: „In Anbetracht von zunehmender Vulnerabilität durch alternde Gesellschaften und wachsende Ungleichheit gibt es einen enormen Bedarf, diese Hitzeaktionspläne weiter auszurollen.“ Die Klimawissenschaftlerin ist eine Leitautorin des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC) und gehört zum zentralen Autorenteam des im März erschienenen IPCC-Syntheseberichts. Im November 2022 erhielt sie eine Exzellenzprofessur der Petersen-Stiftung.
Baustoff Holz für den Klimaschutz
Dagmar Fritz-Kramer (52) ist als Geschäftsführerin des Allgäuer Familienbetriebs Bau-Fritz GmbH & Co. KG, kurz Baufritz, laut DBU-Generalsekretär Bonde „Ideengeberin für neue Wege im Bausektor“. Bonde weiter: „Sie und ihr Unternehmen sind Motor für die Branche und Vorreiterin für die Bauwende.“ Denn bei Neubau, Sanierungen und Aufstockungen setzt Baufritz fast ausschließlich auf den Baustoff Holz – „ein exzellenter Klimaschützer, der große Mengen an Kohlenstoff speichert und auf diese Weise die Bildung von klimaschädlichem Kohlendioxid verhindert“, so Bonde.
Der Gebäudesektor ist nach Bondes Einschätzung „einer der Schlüsselfaktoren, wenn Deutschland, wie geplant, bis 2045 klimaneutral werden will“. Aus gutem Grund: Der Gebäudebereich verursacht hierzulande etwa 40 Prozent der laut Umweltbundesamt-Statistik des Jahres 2022 bundesweit 746 Millionen Tonnen Emissionen an klimaschädlichen Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2). Dringend saniert werden muss deshalb der Gebäude-Altbestand hierzulande – fast zwei Drittel der rund 21,4 Millionen Immobilien in Deutschland fallen in diese Kategorie. Einer Studie der Ruhr Universität Bochum zufolge eröffnen sich bereits bis 2030 Chancen für mehr Klimaschutz, wenn man konsequent auf Holz als Baustoff setzt: Demnach könnten auf diese Weise allein in Deutschland binnen der nächsten sieben Jahre 42 Millionen Tonnen Treibhausgase eingespart werden.
Sanierung, Recycling und Ressourcenschonung essenziell
Baufritz-Geschäftsführerin Fritz-Kramer sieht die eigene Branche auch deshalb in der Pflicht, „weil sie fast zwei Drittel des Müllbergs in Deutschland verursacht“. Sanierung, Recycling und Ressourcenschonung nennt die 52-Jährige „essenziell“, auch weil Sand zu einem raren Gut geworden sei. Baufritz verarbeitet vor allem heimisches Fichtenholz und erreicht nach eigenen Angaben durch die Bauprojekte jedes Jahr eine CO2-Ersparnis von etwa 12.000 Tonnen.
Fritz-Kramer ist seit 2004 geschäftsführende Gesellschafterin im Familienbetrieb, der 1896 seinen Anfang nahm und mittlerweile in vierter Generation existiert. Das mittelständische Unternehmen mit rund 500 Mitarbeitenden hat eine eigene Abteilung Forschung und Entwicklung und hält mehr als 40 Patente und Schutzrechte.
Sie möchten mehr über unsere Preisträgerinnen erfahren? Ab dem 4. Oktober präsentieren wir in unserem Blog zum Deutschen Umweltpreis Porträts, Videosequenzen und Hintergrundinformationen zur Forschung und Tätigkeit und alle Informationen zur Umweltpreisverleihung in Lübeck. Schauen Sie rein unter: www.dbu.de/umweltpreis/umweltpreis-blog/
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Titelbild: (links) Baufritz | (rechts) guy@strikingfaces