»Wissenschaftlich können wir heute sagen: Was die Menschheit in den letzten 50 Jahre getan hat, hat die Bedingungen auf der Erde verändert, die über die letzten 10 000 Jahre Bestand hatten. Ebenso aber gilt: Was wir die nächsten 50 Jahre tun werden, wird die nächsten 10 000 Jahre bestimmen.« Dies sagte der Leiter des Stockholm Resilience Centre und Umweltpreisträger Prof. Dr. Johan Rockström anlässlich der Konferenz »Making the Planetary Boundaries Concept work«.
Auf der zweitägigen international besetzten Konferenz des Bundesumweltministeriums, des Umweltbundesamtes (UBA) und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) diskutierten Ende April 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Berlin, wie dieses Konzept in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zur Anwendung gebracht werden kann. Die Bundesregierung hat sich bei der Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2016 am Konzept der Planetary Boundaries orientiert. Das Konzept soll – neben der Ausrichtung an einem Leben in Würde – die Leitplanke für politische Entscheidungen bilden.
Leben über unsere Verhältnisse
Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks beschrieb das Konzept von Johan Rockström in ihrer Rede als »eingängig und sofort verständlich«. Dies sei bei einem so komplizierten Thema eine großartige Leistung. Sie fuhr fort: »Die Einhaltung der planetaren Grenzen ist für die Umweltpolitik die zentrale Herausforderung. Wir leben nicht nur über unsere Verhältnisse, sondern auch über die anderer Menschen, die nicht annähernd unseren Wohlstand genießen.« Auch Deutschland müsse seinen ökologischen Fußabdruck auf ein verträgliches Maß reduzieren. »Wir sollten neben der Klimaneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts eine Wirtschaftsweise anstreben, die alle Belastungsgrenzen der Umwelt akzeptiert«, sagte Hendricks.
Der Leiter des Stockholm Resilience Center, Prof. Dr. Johan Rockström, bezeichnete das Holozän als einziges uns bekanntes Erdzeitalter, das eine sichere Entwicklung für die Menschheit ermöglicht habe. Es stelle damit eine Art von »Garten Eden« für menschlichen Wohlstand in der Zukunft dar. Mit dem Anthropozän seien wir jedoch gegenwärtig dabei, diese stabile Phase zu verlassen. Als besonders wichtig in diesem Zusammenhang gelten sogenannte globale Kipp-Punkte des Erdsystems. Rockström wörtlich: »Es gibt sie nicht nur im Klimabereich oder im Blick auf die Versauerung der Ozeane, sondern auch bei den Regenwäldern oder den gemäßigten Waldzonen. Wenn dort bestimmte Schwellen überschritten werden, können in all diesen Bereichen abrupte, irreversible Vorgänge auftreten, die uns aus dem Gleichgewicht des Holozäns bringen und damit zu potenziell desaströsen Folgen für die Menschheit führen. Das wird nicht über Nacht passieren, aber möglicherweise über einen Zeitraum von Jahrhunderten.«
Nach Aussage des schwedischen Wissenschaftlers sind wir d i e Generation auf der Erde, die das Wissen, die Verantwortung und die Möglichkeit hat, die große Transformation der Menschheit hin zu einem sicheren Handlungsraum zu schaffen. Als positive Beispiele in diesem Kontext führte Rockström an, dass es inzwischen mehrere Initiativen gebe, die »Planetary Boundaries« auf nationale Ebene herunterzuskalieren, zum Beispiel in Deutschland, der Schweiz, in den Niederlanden und Schweden. Außerdem würden größere Konzerne wie ABB, SKF, unilever oder Volvo inzwischen versuchen, das Konzept der planetaren Grenzen in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren.
Abschließend ging Rockström auf die Verbindung der beiden Konzepte »Planetary Boundaries« und Sustainable Development Goals« (SDGs) ein. Er sagte, da sich die Nachhaltigkeits-Triade »Ökonomie, Ökologie und Soziales« einseitig in Richtung auf eine dominante Ökonomie entwickelt habe, bevorzuge er inzwischen einen anderen Ansatz. Dazu wurden die 17 SDGs in Form eines »wedding cake« umgesetzt (siehe Grafik). Basis dieser Darstellung seien vier nichtverhandelbare planetare Grenzen, nämlich: Trinkwasser, Klima, Biodiversität und Meere.
DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann wies eingangs seiner Ausführungen darauf hin, dass beide Konzepte – »Planetary Boundaries« und »Sustainbale Development Goals« – seiner Erfahrung nach in der breiten Öffentlichkeit so gut wie nicht bekannt seien. Daraus leite sich laut Bottermann die wichtige Aufgabe ab, das wissenschaftliche Konzept der Planetaren Leitplanken zu erklären und verständlich in die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu vermitteln. Diese Aufgabe sei auch aufgrund der komplexen Systemzusammenhänge und Wechselwirkungen nicht leicht. »Wir dürfen nicht den Fehler machen, die Komplexität zu sehr zu vereinfachen, müssen sie aber andererseits verständlich machen«, sagte Bottermann.
Brauchen neues Zeitalter der Aufklärung
Er fuhr fort: »Was wir brauchen, meine Damen und Herren, ist ein neues Zeitalter der Aufklärung. Wir brauchen eine Renaissance der Vernunft! Denn Vernunft und rationales Denken scheinen weltweit auf dem Rückzug zu sein. Ich sehe es als unser aller Aufgabe an, diesem Trend mit Fakten und vor allem mit Lösungsperspektiven positiv zu begegnen. Das Konzept der Planetaren Grenzen bietet sich hierfür hervorragend an.« Immer noch sei das Thema Nachhaltige Entwicklung viel zu sehr ein Eliten-Projekt, kritisierte der DBU-Generalsekretär. Um dies zu ändern, müsse der Staat noch viel mehr seine Vorbildrolle, aber auch seine Gestaltungskraft wahrnehmen. Es müsse und könne gelingen, Unternehmen gute wirtschaftliche Perspektiven zu bieten und sie gleichzeitig durch eine langfristige Denkweise im Sinne der Nachhaltigkeit zu entwickeln. Bottermann weiter: »Was wir brauchen, sind Beispiele für Geschäftsmodelle, für Produkte und Verfahren, die genau das aufzeigen.«
Die DBU wolle dazu einen Beitrag leisten, ergänzte er. Sie plane deshalb unter anderem ein Kooperationsvorhaben mit dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung und dem Stockholm Resilience Centre. In diesem Projekt sollen Ansätze und Wege für eine Operationalisierung des Konzepts der Planetaren Grenzen für die Wirtschaft, vorzugsweise für den Mittelstand entwickelt, erprobt und verbreitet werden.
Arbeit an Stickstoff-Reduktionsplan
Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium und DBU-Kuratoriumsvorsitzende Rita Schwarzelühr-Sutter verwies in ihrer Schlussansprache auf den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung vor und erklärte, dass die Bundesregierung derzeit an einem integrierten Stickstoff-Reduktionsprogramm für alle Sektoren und Medien arbeite. Dies sei insofern von Bedeutung, als Deutschland einer Studie zufolge der zweitgrößte Netto-Stickstoff-Importeuer weltweit sei, so die Staatssekretärin. Wie die Klimaschutzpolitik könne auch das Stickstoff-Management Innovationen anstoßen, Arbeitsplätze schaffen und Modernisierung befördern. Schwarzelühr-Sutter fügte hinzu: »In diesem Sinne kann das Erkennen von Grenzen zu großen Möglichkeiten führen.«
Die in den Vorträgen angesprochenen Aspekte wurden in Diskussionsrunden und zahlreichen Workshops vertieft und ergänzt. Die englische Journalistin Jacki Davis erwies sich dabei als versierte Moderatorin der Veranstaltung.
Die gesamte Veranstaltung steht im Youtube-Kanal der DBU in drei Teilen als Videoaufzeichnung zur Verfügung und wird im Juni 2017 von adelphi als Konferenzdokumentation in schriftlicher Form veröffentlicht:
Youtube-Video: Making Planetary Boundaries Concept Work - Part 1
Youtube-Video: Making Planetary Boundaries Concept Work - Part 2
Youtube-Video: Making Planetary Boundaries Concept Work - Part 3
Mehr als 30 Stiftungen aus acht Ländern haben sich zu einer einzigartigen Allianz für mehr Klimaschutz und eine globale Energiewende zusammengeschlossen. Das teilten sie Mitte Mai anlässlich des Deutschen Stiftungstags in Osnabrück mit. Die so genannte Foundations-Plattform (F20) versteht sich als Brücke zwischen den 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern (G20), der Privat- und Finanzwirtschaft und Zivilgesellschaft. Ziel der Stiftungsplattform ist, die Umsetzung der Agenda 2030, Klimaschutzprojekte und den Ausbau von Erneuerbaren Energien voranzubringen sowie die starke Rolle von zivilgesellschaftlichen Organisationen dabei zu betonen. Zusammengezählt haben die Stiftungen ein Kapital von einem zweistelligen Milliarden Betrag (US-Dollar).
Zu den Unterstützern der Plattform gehören unter anderem die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), die Stiftung Mercator, die Michael-Otto-Stiftung, die European Climate Foundation, die Stiftung 2°, der World Wide Fund For Nature (WWF), der Rockefeller Brothers Fund (USA), die Shakti Foundation (Indien), CTeam (China) oder die Avina-Foundation aus Südamerika.
Nach Auffassung der Foundations-Plattform fordere die globale Transformation, auf die sich Staaten weltweit im Paris-Abkommen geeinigt haben, alle gesellschaftlichen Bereiche. Auch Stiftungen seien hierbei gefragt: als Geldgeber und Brücke zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Prof. Dr. Werner Wahmhoff, Leiter des Arbeitskreises Umwelt beim Bundesverband Deutscher Stiftungen sowie stellvertretender Generalsekretär der DBU sagte dazu: „Wir haben als Stiftungen die Möglichkeit als Impulsgeber mitzuwirken und wollen durch eigenes Handeln sowie durch Themen- und Schwerpunktsetzung Vorbild für andere sein sowie Orientierung und Motivation geben. Das können wir erreichen, wenn wir im Netzwerk mitwirken und die Richtung vorgeben zu einem ambitionierteren Handeln vieler gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und letztlich politischer Akteure, wenn es zum Beispiel um Dekarbonisierung und die Umsetzung der internationalen Nachhaltigkeitsziele (SDG) innerhalb planetarer Grenzen geht.“
Am 4. Juli 2017 – drei Tage vor dem eigentlichen G20-Gipfel – wird im Hamburger Rathaus die zentrale Veranstaltung der Stiftungsplattform stattfinden. Geladen sind rund 600 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Politik. Auch die Bundeskanzlerin ist zu der Veranstaltung eingeladen. Es sprechen darüber hinaus der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, der britische Ökonom Sir Nicholas Stern, die Soziologin Auma Obama, der Autor und frühere Berater der US-Regierung, Amory B. Lovins, sowie der chinesische Unternehmer Wang Shi.
Die F20-Konferenz in Hamburg ist der Startschuss für eine langfristige Kooperation. Den Stiftungen geht es darum, den G20-Prozess über Hamburg hinaus kontinuierlich zu begleiten, weitere Stiftungen können sich jederzeit anschließen. Die Namensgebung (F20) ist angelehnt an die offiziellen G20-Dialogprozesse.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Wechsel im Kuratorium
Zum 30. April dieses Jahres ist Kurator Cajus Caesar aus dem Kuratorium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ausgeschieden. Caesar gehörte dem Gremium seit dem 1. Mai 2014 an und war Leiter des Naturerbebeirates der DBU. Sein Engagement erstreckte sich vor allem auf die Themen Waldentwicklung und ökologisches Bauen insbesondere mit Holz.
Am 1. Mai 2017 trat Dr. Mathias Middelberg Caesars Nachfolge im DBU-Kuratorium an. Middelberg (links) wird diese Aufgabe bis zum 30. April 2019 wahrnehmen.
DBU als familienbewusst zertifiziert
Für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und ihre zwei Tochtergesellschaften Naturerbe GmbH und Zentrum für Umweltkommunikation arbeiten rund 150 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Durch das »audit berufundfamilie« wurde vor Kurzem die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben bei der DBU bestätigt.
Michael Dittrich, DBU-Abteilungsleiter Finanzen und Verwaltung, dazu: »Wir sind stolz, dass die DBU nun auch offiziell und extern begutachtet eine von 1 600 Institutionen ist, die mit dem Zertifikat ausgezeichnet wurden.« Hierfür wurde die Personalpolitik der Stiftung in den vergangenen Monaten in einem mehrstufigen Prozess geprüft.
Neben einer Status-quo-Analyse wurden während des Audits die umzusetzenden Maßnahmen festgelegt. Hierbei habe sich gezeigt, dass die bereits vorhandenen Angebote die DBU zu einem attraktiven Arbeitgeber machen.
Mit der Veranstaltung »Das nationale Naturerbe am Beispiel Peenemünde – Geschichte. Entwicklung. Gesellschaftliche Verantwortung.« am 28. Juni 2017 in Peenemünde will sich die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) der Auseinandersetzung stellen, sich mit der wechselvollen Historie ihrer Liegenschaften zu befassen.
Die Naturerbefläche in Peenemünde ist besonders repräsentativ für die historische und umweltpolitische Betrachtung von Naturerbeflächen in ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung. In den vergangenen zehn Jahren hat die DBU 70 großräumige Liegenschaften mit rund 69 000 ha vom Bund übernommen mit dem Ziel, diese Naturerbeflächen langfristig für den Naturschutz zu sichern. 97 % der übertragenen Flächen wurden ehemals militärisch verwendet.
Die meisten Flächen befinden sich in Ostdeutschland und wurden vor der Wiedervereinigung durch die Nationale Volksarmee und die sowjetischen Streitkräfte genutzt. Weitere Infos und das ausführliche Programm der Veranstaltung finden Sie hier.
Veranstaltet durch die Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) in Kooperation mit dem Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik (DNWE) findet am 9. und 10. November 2017 im DBU Zentrum für Umweltkommunikation (Osnabrück) der 2. Deutsche CSR-Kommunikationskongress statt.
Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit stehen immer mehr im Fokus der öffentlichen Diskussion. Doch auch innerhalb von Unternehmen wird das CSR-Management mehr und mehr zu einem erfolgskritischen Faktor. Die gelungene Kommunikation von Verantwortung, aber auch Verantwortung innerhalb der Kommunikation sind deshalb ebenfalls unabdingbar für den Unternehmenserfolg.
Grund genug, diesem Thema einen eigenen, spezialisierten Kongress zu widmen. Mehr dazu hier.
Herausgeber
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Redaktion
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