Anfang der 1990er Jahre wurde erstmals ein Arzneimittelwirkstoff in Oberflächengewässern nachgewiesen. Heute lassen sich einer Studie des Umweltbundesamtes zufolge bereits mehr als 150 unterschiedliche Arzneimittelrückstände in Umweltproben finden. Viele von Ihnen treten in Oberflächengewässern auf, einige aber auch im Grund- und Trinkwasser. »Die gemessenen Konzentrationen liegen in Deutschland zwar in einer Größenordnung, bei der man eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen nach heutigem Kenntnisstand ausschließen kann«, erklärt DBU-Chemiefachmann Dr. Maximilian Hempel. Dennoch sei ihr dauerhaftes Vorkommen in Gewässern unerwünscht. Andere Lebewesen sind nämlich nachweislich durch die Mikroschadstoffe beeinträchtigt. Zwei weniger bekannte Beispiele dazu: Das Antidepressivum Fluoxetin stimuliert die Eiablage bei Muscheln, und der Betablocker Propanolol beeinflusst die Vermehrung bei Fischen.
Nur jeder Vierte genießt technisch aufbereitetes Trinkwasser
Berücksichtigt man aber, dass weltweit nur etwa jeder vierte Mensch Zugang zu einem Abwasser- bzw. Trinkwassersystem hat, so wird deutlich, dass End-of-pipe-Technologien nur einen begrenzten Beitrag zur Lösung des wachsenden globalen Problems leisten können.
Die DBU befasst sich daher bereits seit sieben Jahren ganzheitlich mit dem Thema Pharmaka in der Umwelt, zuletzt verstärkt durch die Förderinitiative »Nachhaltige Pharmazie«. Die Initiative zielt im Sinne eines vorsorgenden und integrierten Umweltschutzes auf Vermeidung und Verminderung von Arzneimittelrückständen in der Umwelt ab. Wie immer sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen angesprochen, entsprechende Anträge einzureichen. Im Kern geht es um
Initiative hat bereits Erfolge
Die Förderaktivitäten der DBU haben bereits einige Erfolge vorzuweisen. So konnte Prof. Klaus Kümmerer von der Leuphana Universität Lüneburg zeigen, dass ein nicht biologisch abbaubares und kanzerogenes Zytostatikum zur Krebsbehandlung durch Modifikation seiner Struktur nicht nur umweltverträglicher ist, sondern auch viel besser verträglich für den Patienten.
Positive Ergebnisse zum Kapitel Arzneimitteloptimierung steuert auch eine weitere DBU-Förderinitiative bei: Im Rahmen des Biotechnologie-ChemBioTec-Schwerpunkts der DBU hat ein Verbundvorhaben mit sechs Partnern die Profensynthese verbessert. Profene wie Ibuprofen und Naproxen sind gängige Antirheumatika und Schmerzmittel. Dank der biotechnologischen Synthese lassen sich gezielt die wirksamen S-Enantiomeren dieser Wirkstoffe gewinnen, während die chemische Synthese immer ein Gemisch aus S- und den im Molekülbau spiegelbildlichen R-Enantiomeren erbringt. Die Vorteile dieses biokatalytischen Verfahrens sind:
Das bedeutet eine gesteigerte Effizienz und eine deutliche Umweltentlastung sowie daraus folgend geringere Produktionskosten.
Ansprechpartner für Projekte zum Schwerpunkt »Nachhaltige Pharmazie« ist:
Dr. Maximilian Hempel, m.hempel@dbu.de
Das Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien der Universität Bremen (UFT) entwickelt derzeit ein Pflanzenfilterverfahren, bei dem erstmals mit Bio- bzw. Pflanzenkohle das Wasser von Arzneimittelrückständen gereinigt werden kann.
Pflanzenkohle – also verkohltes Holz – hält die Reststoffe im Wasser beim Durchsickern durch das Substrat fest. Sie funktioniert im Grunde wie ein Schwamm und dient gleichzeitig als Trägermaterial für Bakterien, die die Arzneimittelrückstände verstoffwechseln. Zusätzlich wurde die Filteranlage mit besonders robusten und anpassungsfähigen Pflanzen wie Rohrglanzgras, Blutweiderich und Iris sowie speziellen Pilzen kombiniert, um einen weiteren Reinigungseffekt zu erreichen.
Die Untersuchungen konzentrierten sich auf die von Umweltbehörden als umweltrelevant eingestuften Arzneiwirkstoffe Carbamazepin, Diclofenac, Sulfamethoxazol und Ciprofloxacin sowie ausgewählte Metaboliten. Es zeigte sich, dass die untersuchten Arzneimittelwirkstoffe sowie deren Abbauprodukte mit der beschriebenen Technik wirksam zurückgehalten werden können.
Seit Juli 2013 wird in einer zweiten Projektphase ein Testlauf mit einer Kleinfilteranlage im technischen Maßstab mit 15 qm Fläche am Standort der kommunalen Kläranlage in Sulingen durchgeführt. Hierbei sollen die bisher erzielten positiven Ergebnisse aus den Lysimeterversuchen durch einen Testlauf über zwölf Monate bestätigt werden.
Als zukünftiger Anwendungsbereich der neuartigen Reinigungsmethode kommen insbesondere dezentrale Kleinkläranlagen zur Reinigung häuslichen Abwassers sowie kleinere kommunale Kläranlagen in Frage. Vorgesehen ist eine Kopplung des Bodenfilterverfahrens mit verschiedenen Belebtverfahren in nachgeschalteter Anwendungsweise.
Weitere Informationen unter: www.uft.uni-bremen.de
Der Abbau von Arzneimittelrückständen, Pestizidwirkstoffen sowie Haushalts- und Industriechemikalien erfolgt in konventionellen Kläranlagen nur unzureichend. Kläranlagen-Abläufe stellen daher Punktquellen für den Eintrag von Spurenstoffen in Oberflächengewässer dar.
Um den Eintrag von Spurenstoffen in die Umwelt zu reduzieren, sind – neben Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung der Einleitung – erweiterte Aufbereitungsverfahren notwendig. Die Aktivkoks Festbett-Biologie ist in der Lage, Mikroschadstoffe effektiv biologisch abzubauen.
Zur Behandlung eines Teilstroms im Ablauf des kommunalen Klärwerks Innerstetal hat die AQUA-bioCarbon GmbH, Goslar, hat eine Pilotanlage installiert.
Ziel war es, die Abbauraten von Spurenstoffe mit Hilfe einer neuen Verfahrenskombination zu untersuchen und zu optimieren. Das belüftete, rückspülbare 1 500 l fassende Aktivkoks-Festbett wurde dafür um eine UV-Behandlungseinheit erweitert. Die Konzentrationen verschiedener Spurenstoffe im Kläranlagenablauf wurden in Abhängigkeit verschiedener Verweilzeiten ermittelt. Arzneimittelrückstände und weitere Mikroverunreinigungen konnten erfolgreich abgebaut werden. So ließ sich etwa die derzeit diskutierte Umweltqualitätsnorm für das Analgetikum Diclofenac von 0,1 µg/L gut einhalten. Die nachfolgende UV-Behandlung reduzierte die Konzentrationen der Arzneimittelrückstände noch einmal deutlich. Bakterielle Belastungen durch coliforme Keime waren nicht mehr nachweisbar.
Der Ablauf kann somit als hygienisch einwandfreies Brauch- oder Badegewässer verwendet werden.
Weitere Informationen unter: www.aqua-biocarbon.de
Auf kommunalen Kläranlagen in Deutschland werden prioritäre Stoffe (Schwermetalle, Pestizide, chlorierte Verbindungen u.a.), wie sie von der EU in einer Richtlinie im Jahr 2008 benannt wurden, derzeit nicht immer ausreichend aus dem Abwasser entfernt. Auch wird der Kläranlagenablauf nicht standardmäßig auf diese Stoffe hin untersucht. Für Probenahme und Analyse gibt es bundesweit keine einheitliche Vorgehensweise. Hier setzt ein von der Bioplan Landeskulturgesellschaft (Sinsheim) federführend geleitetes Projekt mit folgenden Zielen an:
In der ersten Projektphase (Sommer 2013), die der Methodenetablierung diente, wurden Proben von drei Kläranlagen erhoben, die in unterschiedlichen Einzugsgebieten liegen. Dabei wurden insgesamt 41 Parameter analysiert. Proben wurden aus dem Kläranlagenzu- und -ablauf sowie dem Primär- und Faulschlamm entnommen. Ziel war es, möglichst stabile Messwerte zu erzeugen. Tagesmischproben wurden daher sofort eingefroren und zu einer Wochenmischprobe vereint. Zum Herstellen der Mischproben und bei allen weiteren Bearbeitungsschritten kamen Edelstahlgefäße zum Einsatz. Die Analyseverfahren wurden an die Abwasserzusammensetzung und die zu erreichenden, sehr niedrigen Bestimmungsgrenzen angepasst.
Die Erfahrungen aus diesem Vorhaben werden in einer Handlungsempfehlung zur Beprobung und Analyse von prioritären Stoffen in urbanen Entwässerungssystemen zusammengefasst.
Weiterhin bilden sie die Grundlage für ein erweitertes und koordiniertes Monitoringprogramm, das eine mögliche zweite Phase des Projekts darstellt. Bundesweit soll dabei eine valide Datenbasis von Schadstoffkonzentrationen im Ablauf kommunaler Kläranlagen erarbeitet werden.
Weitere Informationen unter: www.bioplan.de
Organische Spurenstoffe im Abwasser wie Hormone oder Arzneimittelrückstände können durch den Einsatz hybrider Filtermaterialien und eine integrierte in-situ Desinfektion weitgehend eliminiert werden. Ziel eines Entwicklungsprojektes der Busse Innovative Systeme GmbH, Leipzig, in Kooperation mit dem Fraunhofer IKTS, Dresden, ist es, ein bereits in der Praxis etabliertes dezentrales Abwasserbehandlungssystem mit einem geeigneten hybriden keramischen Membransystem zu erweitern und zu optimieren. Auf diese Weise lassen sich die Mikrofiltration und der photokatalytische Abbau miteinander kombinieren.
Für die vorgesehene Weiterentwicklung des hybriden Membransystems sollen geeignete Keramikflachmembranen werkstoff- wie auch verfahrenstechnisch untersucht werden. Der photokatalytische Effekt auf der Filtratseite sowie die Wirkung auf den Abbau anthropogener Spurenstoffe werden erfasst. Als Benchmark für die Wirksamkeit dienen die Vorgaben der Europäischen Badegewässerrichtlinie. Damit werden erstmals weitergehende Anwendungen des Brauchwassers zur Wiederverwendung auch für Waschmaschinen oder Schwimmbäder möglich.
Weitere Informationen unter: www.busse-is.de
Mittwoch, 7. Mai 2014, DBU-Stand, Halle 5, Stand 310
Außerdem finden folgende Veranstaltungen der DBU in Zusammenarbeit mit der DWA und dem BMBF statt:
Mittwoch, 7. Mai, 2014 Halle B0
Donnerstag, 8. Mai 2014, Halle B0
Weitere Informationen unter: www.dbu.de/ifat
Dr.-Ing. E. h. Hans Georg Huber, Umweltpreisträger des Jahres 2006, ist am 15. März 2014 im Alter von 71 Jahren verstorben. DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann würdigte Huber als große Unternehmerpersönlichkeit mit den Worten: »Er hat gezeigt, dass innovative Ideen, die einen großen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheits- und Umweltsituation in vielen Regionen der Welt leisten, in robuste und praxistaugliche Produkte umgesetzt werden können.« Der Familie des Preisträgers sprach Bottermann sein Mitgefühl aus.
DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann und Bodo Cordes, Vorstandsvorsitzender der Umweltstiftung der ostwestfälischen Wirtschaft, hielten Mitte März im Gütersloher Miele-Forum die Laudatio auf die Preisträger des erstmals ausgelobten ostwestfälischen Nachhaltigkeitspreises. Mit dem Preis, der von nun an alle zwei Jahre ausgelobt wird und mit 10 000 Euro dotiert ist, wurde die Calsitherm Silikatbaustoffe GmbH, Paderborn, ausgezeichnet. Den Sonderpreis in Höhe von 2 500 Euro erhielt das Leo-Sympher-Berufskolleg, Minden.
Im Rahmen des Projektes »Deutsche Natur- und Umweltschutzgeschichte« wird das Archiv für Umweltpolitik in Schloss Wiesenfelden aufgearbeitet. Organisiert werden ferner drei Zeitzeugensymposien zur Geschichte des Naturschutzes, außerdem werden die Aussagen von Zeitzeugen zum deutschen Naturschutz dokumentiert. Zwischenzeitlich wurde das erste Seminar durchgeführt und in Form eines Videobeitrages dokumentiert.
http://www.schloss-wiesenfelden.de/dbu-projekt-natur-und-umweltschutzgeschichte.html
Mitte März hat die FU Berlin in Zusammenarbeit mit der Lehrer Online GmbH die Online-Plattform »NaSch-Community« gestartet. Auf der Plattform können sich nachhaltige Schülerfirmen unkompliziert austauschen und den Kreis der Aktiven und Interessenten erweitern. Außerdem soll das Netzwerk dazu beitragen, die Idee des nachhaltigen Wirtschaftens bundesweit zu verbreiten.
www.nasch-community.de
Mit dem Kindermedienpreis 2013 würdigte die Bundeszentrale für politische Bildung vor Jahresfrist zum ersten Mal journalistische Angebote von und für Kinder, die vorbildlich und nachhaltig zur politischen Information junger Mediennutzerinnen und -nutzer beitragen. Das von der DBU geförderte Kinderradio »Radijojo« (Berlin) erreichte in der Kategorie »Redaktionelle Angebote von und mit Kindern« den 3. Platz.
Die diesjährige internationale Passivhaustagung findet am 25./26. April 2014 im Eurogress Aachen statt.
Programm und weitere Einzelheiten unter: www.dbu.de/550artikel35221_135.html
Das Thema der diesjährigen DBU-Sommerakademie lautet: »Nachhaltige Landwirtschaft – Vom Leitbild zum konkreten Handeln«. Die Landwirtschaft steht heute vor großen Anforderungen. Einer global stark steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln mit hohen Ansprüchen an Qualität und günstigen Preisen und gleichzeitig steigendem Bedarf nach Futtermitteln sowie nach Rohstoffen zur energetischen und industriellen Nutzung stehen nur begrenzte Flächenressourcen gegenüber. Die große Herausforderung besteht darin, diesen zusätzlichen Bedarf auf den heute existierenden landwirtschaftlichen Flächen zu befriedigen und gleichzeitig schädigende Wirkungen auf Wasser, Boden, Luft, Arten und Biotope zu minimieren.
Die 20. Internationale Sommerakademie findet vom 30. Juni bis 3. Juli 2014 im Internationalen Begegnungszentrum St. Marienthal in Ostritz statt.
Weitere Einzelheiten und Online-Anmeldung unter: www.dbu.de/550artikel35274_135.html
Die Publikationen sind kostenlos bei der Geschäftsstelle erhältlich oder können unter folgender Adresse heruntergeladen werden: www.dbu.de/339.html
Herausgeber
Deutsche Bundesstiftung Umwelt DBU
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Redaktion
Stefan Rümmele
DBU Zentrum für Umweltkommunikation
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Verantwortlich
Prof. Dr. Markus Große Ophoff
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