Osnabrück. Das Artensterben hat für die Menschen mindestens ebenso einschneidende Auswirkungen wie der Klimawandel. Auch die Wirtschaft ist davon betroffen: „Biodiversität gehört für Unternehmen zu den unverzichtbaren Gütern“, rief Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), zum Welttag des Artenschutzes am 3. März in Erinnerung. Zahlreiche Branchen sind nach seinen Worten auf Naturressourcen angewiesen – und somit auf einen verantwortungsbewussten Umgang mit ihnen. Bonde: „Die DBU zielt deshalb mit ihrer Förderarbeit und dem Anlagenmanagement auf ein naturverträgliches Wirtschaften und Finanzieren.“
Noch fehlen beim Thema Biodiversität messbare Parameter
Gegen die Natur zu wirtschaften, schätzt das World Economic Forum im Global Risk Report 2025 als hochriskant ein. Dessen Prognose: Der Verlust biologischer Vielfalt und der Zusammenbruch von Ökosystemen wird in zehn Jahren direkt nach dem Risiko der extremen Wetterereignisse auf Platz 2 rangieren. Lebensvielfalt ist wichtig als Lebensgrundlage – etwa für Ernährung, Textilien und Arzneimittelwirkstoffe sowie in der Klimaregulation. Doch wie können Unternehmen zum Beispiel messen, wie sie die Biodiversität beeinflussen? Das müssen Betriebe etwa im Zuge der Nachhaltigkeits-Berichtspflichten der EU zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) angeben. Abzuwarten bleibt allerdings, wie sich die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission für Änderungen der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen künftig auswirken werden. Gleichwohl steht laut DBU-Finanzchef Michael Dittrich eines fest: „Während wir beim Klimawandel durch die Kohlendioxid(CO2)-Daten von Unternehmen inzwischen eine gute Datenbasis haben, fehlen solche messbaren Parameter beim Thema Biodiversität.“
Wie Artenvielfalt und Artenverlust mit der Wirtschaft zusammenhängen
Das wirkt sich nach Dittrichs Worten ebenso auf die Finanzmärkte aus: „Ein Asset Manager in einer Bank kann zwar ein CO2-armes Wertpapierdepot erstellen, aber es fehlen Entscheidungskriterien, ob zur Erhaltung der Biodiversität besser in ein Unternehmen der Versicherungsbranche oder der Telekommunikation investiert werden sollte.“ Dabei seien Auswirkungen sowohl der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens auf die Artenvielfalt zu betrachten als auch umgekehrt des Artenverlustes auf das Geschäftsmodell eines Unternehmens. Um Unternehmen im Rahmen der CSRD die Erfassung von Abhängigkeiten, Risiken, Auswirkungen und Chancen in Bezug auf Biodiversität zu erleichtern, unterstützte die DBU einen von der Umweltstiftung Michael Otto entwickelten Praxisleitfaden zum CSRD-Reporting. Die Erfassung erfolgt auf datenbasierter Grundlage und fördert damit mess- und vergleichbare Kriterien zur Biodiversität.
Green Bonds und Mobilisierung privaten Kapitals als Finanzierungsmöglichkeiten
„Wenn mess- und vergleichbare Kriterien vorliegen, können Biodiversitätsaspekte einfacher in Entscheidungen an den Finanzmärkten eingebunden werden“, sagt Dittrich. Zudem könnten der Einsatz von grünen Anleihen, sogenannten Green Bonds zur Finanzierung von Biodiversitätsprojekten oder Renaturierungsmaßnahmen auf Bundes- oder Landesebene ein Beitrag der Finanzmärkte sein. Zusätzlich bietet laut Dittrich die Mobilisierung privaten Kapitals Finanzierungsmöglichkeiten, etwa wenn interessante „Blended Finance“-Angebote entwickelt werden. Mit „Blended Finance“ ist eine Mischfinanzierung gemeint, die aus öffentlichen und privaten Investitionen besteht und eine nachhaltige Entwicklung in den Ländern des globalen Südens positiv voranbringt. „Dabei trägt die öffentliche Hand das Erstrisiko bei Verlusten und erhöht damit die Attraktivität für die privaten Kapitalgeber,“ so der DBU-Finanzchef. Wichtig sei aber auch, dass die Finanzmarktakteure Kompetenzen zu der Thematik aufbauen.
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