Osnabrück. „Es ist unverantwortlich, wie viele Lebensmittel in Deutschland verschwendet werden. Jedes Jahr werden etliche Millionen Tonnen weggeworfen. Diese ökologische, volkswirtschaftliche und soziale Fehlentwicklung dürfen wir uns, auch angesichts knapper Ressourcen, nicht mehr leisten“, so Dr. Heinrich Bottermann, Generalssekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Fachlich und finanziell mit rund 430.000 Euro fördert die DBU deshalb nun ein Projekt des Verbandes der Bildungszentren im ländlichen Raum (VBLR). Es sollen Konzepte für Großverbraucher entwickelt werden, durch Bildungskonzepte Seminare unter anderem für private Haushalte angeboten und Dialoggespräche mit politischen Entscheidungsträgern geführt werden. Außerdem soll die eigene Handlungsweise auf den Prüfstand gestellt und so ein Nachhaltigkeitsmanagement letztlich für alle bundesweit 45 Bildungsstätten der VBLR entwickelt werden. Modelleinrichtung wird hierfür die Katholische LandvolkHochschule (KLVHS) Oesede, die auch die Federführung für das Projekt übernimmt.
Eingesparte Lebensmittel verringern Umweltbelastungen
„Lebensmittel müssen wieder als Mittel zum Leben wahrgenommen werden“, forderte Bottermann heute anlässlich der Bewilligungsübergabe. Es könne nicht akzeptiert werden, dass man in unseren Regionen unbedacht mit Lebensmitteln umgehe, während anderswo Menschen an Unterernährung sterben, so der Generalsekretär. Bottermann hebt hervor: „Neben der ethischen Frage beim Umgang mit Lebensmitteln geht es hier auch um die globale Ernährungssicherheit und die Auswirkungen auf die Umwelt.“ Wenn etliche Millionen Tonnen Lebensmittel eingespart werden könnten, gelte das auch für die Umweltbelastungen, die durch die Produktion entstehen, so Bottermann. Der Generalsekretär weiter: „Das bedeutet auch, dass wir uns mit dem wahren Preis der Lebensmittel auseinandersetzen müssen. Nur wenn wir die ökologischen und sozialen Folgen der Verschwendung begreifen, kann der Wandel gelingen.“
Klösener: „Wir fangen bei uns selbst an“
Mit dem Projekt will der VBLR nicht nur grundlegende Fragen angehen, sondern auch unmittelbar in die Praxis hineinwirken und damit das eigene Management seiner Bildungshäuser überprüfen. Dazu Peter Klösener von der KLVHS Oesede, der das Projekt koordiniert: „Wir fangen schrittweise bei uns selbst an. Mit fünf Bildungszentren wird ein Nachhaltigkeitskonzept entwickelt, das Lebensmittelverluste in unseren eigenen Verpflegungsbereichen verringern will.“ Im Fokus werde die gesamte Lebensmittelkette stehen – vom Einkauf, über die Lagerung und Verarbeitung bis hin zum Konsum der Nahrungsmittel. Das Konzept dazu soll direkt selbst erprobt und ausgewertet werden. Langfristig sollen alle 45 Einrichtungen bundesweit diesem Beispiel folgen. „Bei der Verpflegung von etwa einer halben Million Teilnehmer an den über 20.000 Seminaren jährlich in unseren Häusern können wir schon viel erreichen“, so Klösener. Außerdem sollen die Ergebnisse auch anderen Großverbrauchern wie beispielsweise Einrichtungen der Altenhilfe oder Mensen an Schulen und Kindertagesstätten zur Verfügung gestellt werden.
Durch Politikgespräche Gesetze auf dem Prüfstand
Der VBLR will aber nicht beim eigenen Umgang mit Lebensmitteln stehen bleiben. „Durch Bildungsangebote wollen wir natürlich auch Privatverbraucher motivieren“, sagte Klösener. Daher sollen Seminarmodelle entwickelt werden, mit denen alle Altersgruppen für den ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln fitgemacht werden. Allein in der Erprobungsphase sollen rund 800 Verbraucher für die Seminarteilnahme gewonnen werden. Darüber hinaus sollen mit dem Projekt auch landwirtschaftliche Erzeuger und der Handel erreicht werden, weil schon in der Produktion sowie im Einzelhandel viele Lebensmittel unverbraucht entsorgt würden. Nicht zuletzt sei geplant, die Projektergebnisse mit Politikern zu diskutieren. Ziel sei es, damit auch Verordnungen und Gesetze, wie etwa zum Mindesthaltbarkeitsdatum, auf den Prüfstand zu stellen. „Nicht selten sehen sich Erzeuger, Handel oder Verbraucher gezwungen, Lebensmittel zu entsorgen, obwohl diese durchaus noch genießbar wären – nur weil es die Vorgaben scheinbar erfordern“, macht Klösener deutlich.