Hamburg. Der mit einer Million Mark höchstdotierte Umweltpreis Europas, der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück, ist zum viertenmal vergeben. Aus der Hand von Kanzleramtsminister Friedrich Bohl nahmen heute im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg der polnische Wissenschaftler, Politiker und Ökologe Professor Dr. Maciej Nowicki (55) sowie Vertreter der Firma Wilkhahn Wilkening & Hahne (Bad Münder, Niedersachsen) die Auszeichnung der größten Umweltstiftung Europas entgegen. Damit werde das Lebenswerk Nowickis gewürdigt, dem es durch engagiertes Handeln gelungen sei, Polen in die umweltpolitische Staatengemeinschaft zu integrieren, wie es in der Begründung heißt. Die Möbelfirma Wilkhahn Wilkening & Hahne habe den Beweis angetreten, daß Methoden des Ökocontrolling ökologisch und ökonomisch zum Erfolg führten.
Bundesbankpräsident Professor Dr. Hans Tietmeyer hatte die rund 1.300 Gäste als Kuratoriumsvorsitzender begrüßt. Er wies darauf hin, daß die Stiftung in ihrer fünfjährigen Fördertätigkeit knapp 2.000 Umweltschutzprojekte mit einem Fördervolumen von knapp einer Milliarde Mark bewilligt habe. Dabei lenke die Stiftung ihr Augenmerk in erster Linie auf den produktionsintegrierten, vorbeugenden Umweltschutz, der dem nachsorgenden Umweltschutz auch unter wirtschaftlichen Aspekten überlegen sei. Fortschritte in diesem Bereich würden der deutschen Wirtschaft auf Dauer neue Chancen auf den Weltmärkten bieten, denn Umweltschutz werde mittel- und langfristig ein größeres Gewicht auf den Zukunftsmärkten haben. Namens des Hamburger Senats begrüßte Umweltsenator Dr.-Ing. E. h. Fritz Vahrenholt die Gäste.
Die Laudatio auf die Preisträger hielt Max Schön Vorsitzender der Umweltkommission des Bundesverbandes Junger Unternehmer und Mitglied der Umweltpreisjury. Beide Preisträger hätten sich durch ihr hohes Engagement bei der Umsetzung von praktischen Lösungen für bestehende Umweltprobleme ausgezeichnet. Sie hätten einen herausragenden Beitrag für die Entwicklung einer zukunftsfähigen, nachhaltig handelnden Gesellschaft geleistet und dienten damit der Umwelt, letztlich der Bewahrung der Schöpfung für nachfolgende Generationen.
Dabei habe sich Professor Dr. Nowicki jahrzehntelang für eine sozial- und umweltverträgliche Entwicklung seines Heimatlandes Polen eingesetzt und sich auch international engagiert als ein Mensch, "der nicht nur disziplinübergreifend denkt und handelt, sondern auch stets grenzüberschreitend". Nowicki habe sich wissenschaftlich mit Umweltproblemen auseinandergesetzt und zu deren Lösungen nachhaltig beigetragen. Als polnischer Umweltminister habe er Regierungsentscheidungen herbeigeführt, die international höchste Beachtung erfahren hätten. Während in vielen Ländern Mittel- und Osteuropas die Reformprozesse Umweltfragen zur Bedeutungslosigkeit verdammt hätten, sei in Polen durch Nowickis hartnäckigen Einsatz eine nationale Umweltstrategie entwickelt worden, die heute als Basis für nahezu alle konkreten Umweltschutzprogramm in Polen diene.
Die Firma Wilkhahn Wilkening & Hahne habe bereits in den 50er Jahren der Verschwendung von Ressourcen den Kampf angesagt, in einer Zeit, in der es geradezu modern gewesen sei zu zeigen, daß man es sich leisten könne, Güter nach Gebrauch wegzuwerfen. Die besondere Art des Umgangs der Menschen im Betrieb und des Umgangs des Betriebs mit der Umwelt hätten zu Entwicklungen geführt, die den Charakter von Wilkhahn prägten. Alle Beteiligten zögen an einem gemeinsamen Strang, stets den Bedürfnissen der Kunden und der Umwelt verpflichtet. So seien die Produkte von Wilkhahn nicht nur langlebig und entstünden großteils aus wiederverwendbaren Rohstoffen, sondern alle betrieblichen Prozesse würden ständig ökologisch verbessert. Die Umweltbilanz des Unternehmens sei "beispielgebend für die Möbelbranche, eine Pionierleistung auf dem Gebiet des Ökocontrolling".
Professor Dr. Nowicki hob in seiner Rede den vereinigenden Charakter des Umweltschutzes hervor. Die Bedrohungen, denen die Umwelt ausgesetzt sei, beträfen alle, weshalb der Umweltschutz "eine Art Vorhut für ein gemeinsames Handeln zum Woh-le unseres Kontinents und unseres ganzen Planeten" darstelle. Nowicki wertete die Tatsache, als erster im Ausland tätiger Preisträger den Deutschen Umweltpreis in Empfang zu nehmen, als "Geste der Freundschaft und Geste der Achtung für den östlichen Nachbarn und als Anerkennung der Tatsache, daß hinter der Ostgrenze Deutschlands große Anstrengungen unternommen werden, um den Umweltzustand auf ein Niveau zu bringen, das dem Prinzip der Nachhaltigkeit und dem Geist der Umweltkonferenz von Rio entspricht."
Die deutsch-polnischen Umweltbeziehungen hätten sich in den letzten Jahren immer weiter verbessert und vertieft. Er kündigte an, mit dem Geld aus dem Umweltpreis eine Stiftung zu gründen, die in Deutschland über Stipendien jungen Polen die Gelegenheit geben soll, sich auf dem Gebiet des Umweltschutzes zu spezialisieren.
Für die Firma Wilkhahn betonte Manfred Schmitz, Vorsitzender der Geschäftsführung, daß sein Unternehmen den Preis als Ansporn betrachte, den für ein mittelständisches Unternehmen oft schwierigen Weg weiterzugehen. Denn die Unternehmen stünden oft vor dem Dilemma, daß der Verbraucher von der Industrie verantwortungsvolles Denken und Handeln erwarte, es aber nicht honoriere. Gerade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten führe das zum Sparen an falscher Stelle. Es würden vermehrt billigere Produkte mit kürzerer Lebens- und Nutzungsdauer gekauft. Schmitz: "Das ist ein Rückfall in die Ex- und Hopp-Mentalität."
Umweltschutz aber koste vorab viel Geld, er sei nicht zum Nulltarif zu haben. So müsse ein Unternehmen wie Wilkhahn zunächst einmal in Vorleistung gehen, ohne den Fortbestand des Unternehmens zu gefährden. Genau das aber sei eine Gratwanderung. Wilkhahns Anspruch bleibe es, Ökologie, Ökonomie, Humanisierung und Ästhetik auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, weil es mit altem Denken und Handeln zukünftig nicht mehr getan sei.
Umweltschutz dürfe kein Feigenblatt sein, das sich im Müllsortieren für ein gutes Gewissen erschöpfe. Umweltschutz sei langfristig Zukunftsgestaltung und brauche Visionen. Schmitz: "Nicht einfach in unserer schnellebigen Zeit, in der zudem der persönliche Vorteil dominiert." Er kündigte an, das Preisgeld für weitere umweltorientierte Produktentwicklungen, zum Beispiel für ressourcenschonende Transport- und Verpackungstechnik, zu verwenden.