Schwäbisch Gmünd. Dicke Luft im Klassenraum: Je nachdem, aus welchem Material Tische und Stühle gebaut werden, können sie die Luft mit entsprechenden Schadstoffen belasten. Auch die Art und Weise, wie die Möbel angefertigt werden, spielt dabei eine Rolle. Schuld sind beispielsweise chemisch behandelte Spanplatten oder Konservierungsmittel in Polstern. Das kann sich negativ auf den Lernerfolg auswirken. Neue Lernkonzepte verändern zusätzlich die Anforderungen an die Ausstattung in den Schulen. Die Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd will deshalb gemeinsam mit dem mittelständischen Hohenloher Spezialmöbelwerk Schaffitzel (Öhringen) beispielhafte Schulmöbel entwickeln, die ökologisch und gesundheitlich nachhaltig sind. Sie sollen sowohl langlebig als auch leicht zu reparieren oder wiederverwertbar sein, keine Schadstoffe abgeben, aber auch neue Formen des Lernens unterstützen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben fachlich und finanziell mit 125.000 Euro.
Anforderungen an Schulmöbel haben sich verändert
Ob sich ein Stuhl leicht reparieren lässt oder welche Schadstoffe die verbauten Materialien an die Luft abgeben, werde bisher nicht ausreichend bedacht, wenn Schulmöbel gefertigt werden, betont DBU-Experte Dr. Thomas Pyhel. Auch die sich verändernden Anforderungen an Schulmöbel durch neue, aktivere Lernformen oder die Bedürfnisse von Kindern mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen würden nicht genügend berücksichtigt. Es fehle zudem an praxisbezogenen Informationen für Hersteller und Nutzer über die Auswirkungen der Materialwahl und das Verarbeiten der Klassenraumausstattung. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde: „Nachhaltigkeitsaspekte müssen bei der Klassenraumausstattung ebenso berücksichtigt werden wie beim Bau der Schulgebäude. Nur wenn alle äußeren Faktoren optimal abgestimmt sind, können sich die Kinder auf das Wesentliche konzentrieren.“
Neue Modelle entwickeln und auf Herz und Nieren prüfen
Im Rahmen des Projekts sollen deshalb auf Basis der tatsächlichen Anforderungen der Nutzer geeignete Materialien untersucht und Schulmöbel modellhaft gestaltet werden. Auf dieser Grundlage sollen dann verschiedene Modelle entwickelt werden, die im Hinblick auf ihre Umweltauswirkungen und Machbarkeit getestet würden. „Ziel ist es, das gewonnene Wissen in einem Leitfaden zusammenzufassen, den andere Akteure für sich nutzen können“, erläutert Projektleiter Prof. Matthias Held den letzten Arbeitsschritt. Beispielhaft umgesetzt werden sollen die Modelle in einem Schulneubau in Ludwigsburg.
Bestehende Schulmöbel werden vielen Bedürfnissen nicht gerecht
Auf dem Markt vorhandene Schulmöbel böten bisher nur Ideen für einzelne Probleme, eine Gesamtlösung in einem Produkt gebe es bisher nicht, so Held. Je nach Materialien könnten Schadstoffe die Luft im Klassenraum belasten. Grund dafür seien beispielsweise die Beschichtungs- oder Bindemittel in den verwendeten Spanplatten, schadstoffhaltige Farben und Lackierungen oder Inhaltsstoffe der Polster. Dadurch könnten die Grenzwerte – soweit sie denn überhaupt existieren – überschritten werden, warnen Umweltbundesamt und Technischer Überwachungsverein Rheinland in einer Studie von 2015. Da immer mehr Schulgebäude zudem immer besser gedämmt würden, komme es häufig zu weniger Luftaustausch, sodass die Schadstoffe sich weiter anreichern könnten. „Die komplexen ökologischen und pädagogischen Anforderungen an die Schulausstattung stellen eine große Herausforderung für die Schulmöbelindustrie dar. Dieses Forschungsprojekt kann einen wichtigen Impuls in die Branche geben und anderen Akteuren helfen, Klassenräume künftig nachhaltiger auszustatten“, meint Held. Indem bei dem Projekt Studierende eingebunden und die Ergebnisse für die Hochschulausbildung genutzt würden, trage das Vorhaben zudem zu einer notwendigen Weiterqualifizierung von Produktgestaltern bei.
Ansprechpartner für Fragen zum Projekt (AZ 34326): Prof. Matthias Held, Tel.: 07171|602-600