Hannover/Kötzting/Denkendorf. Kann die Tuchfiltration beim Einsatz in der Abwasserreinigung durch eine Verbesserung ihrer Technologie eine Alternative zur bedeutend aufwendigeren Raumfiltration auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten darstellen? Auf diese Frage wird es bald eine Antwort geben. Das Kuratorium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) beschloß unter Vorsitz von Bundesbankpräsident Dr. Hans Tietmeyer, für entsprechende Untersuchungen und den Bau einer Versuchsanlage knapp 460.000 Mark zur Verfügung zu stellen. Durchgeführt werden die Arbeiten vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik (ISAH) der Universität Hannover in Kooperation mit der Mecana Umwelttechnik Gesellschaft für Abwasserentsorgung (Kötzting) in Bayern sowie dem Institut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) in Denkendorf in Baden-Württemberg.
Gewässerschutz braucht Abwasserreinigung
Um die Ziele des Gewässerschutzes zu erreichen, sei es notwendig, auf allen größeren Kläranlagen Maßnahmen der weitergehenden Abwasserreinigung zu ergreifen, die insbesondere zur Elimination von Stickstoff- und Phosphorverbindungen, aber auch von schwer abbaubaren Spuren- und Reststoffen beitragen könnten. Dabei werde es unerläßlich, zur Stofftrennung zwischen Wasser und partikulären Substanzen in Ergänzung zur Sedimentation zusätzliche Filtrationsverfahren einzusetzen. Hier könnten Tuchfilter nach bisherigen Erkenntnissen bei relativ geringen Investitions- und Betriebskosten in einigen Fällen die bedeutend aufwendigere Raumfiltration über körnigem Filtermaterial ersetzen.
Tuchfiltrationsverfahren wird auf Herz und Nieren geprüft
Das Tuchfiltrationsverfahren könne allerdings erst nach Klärung einer Reihe von Fragen und nach notwendiger technischer Weiterentwicklung zum Einsatz kommen, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Neben einer meßtechnischen Erfassung der Leistungsfähigkeit im praktischen Betrieb erfordere das eine detaillierte Untersuchung der Einflußgrößen, die die Leistungsfähigkeit dieses Systems beeinflußten. So müsse die Leistungsfähigkeit bei Verwendung unterschiedlicher Filtertücher unter Berücksichtigung der vorgeschalteten Verfahrenstechniken (Gesamtstickstoff-, Phosphatelimination) im Vergleich mit den herkömmlichen, teuren Filtrationsverfahren ermittelt werden. Die wichtigsten Einflußgrößen (Filtertuch, Betriebs- und Belastungsparameter, Partikeleigenschaften) und deren Wechselwirkungen müßten prozeßanalytisch erfaßt werden. Notwendig seien auch Untersuchungen des Zusammenwirkens von Filtermedium und Reinigungstechnik (Spülung) und ein Erarbeiten von Verbesserungsvorschlägen für einen stabilen Betrieb bei niedrigen Betriebskosten. Schließlich müßten die Prozeßvorgänge beschrieben werden, die unter Verwendung möglichst einfach zu bestimmender Bezugsgrößen eine zuverlässige Voraussage des hydraulischen Verhaltens und der Entnahmewirkung der Tuchfilter bei verschiedenen Randbedingungen erlaube. Hier müßten Vorschläge zur Bemessung sowie zu einem wirtschaftlichen Betrieb erarbeitet werden.
"Forschungsvorhaben entspricht Bedürfnis der Abwasserreinigungspraxis"
Bei den bislang verwendeten Tüchern ergebe sich nach drei bis vier Monaten eine Grundverstopfung des Filtertuches, die den hydraulischen Durchsatz von rund 15 Kubikmetern pro Stunde auf etwa fünf Kubikmeter pro Stunde reduziere. Mit einer regelmäßigen Hochdruckabspritzung der Tücher könne die Verstopfung zwar verringert und die Verminderung des hydraulischen Durchsatzes in Grenzen gehalten werden, es bestehe aber dennoch ein erheblicher Handlungsbedarf. Wesentliche Verbesserungen würden hier von den Untersuchungen zur Verwendung anderer Tücher (z. B. Polstoffe), alternativer Reinigungstechniken (umweltfreundliche Chemikalien) und Optimierung der Polyelektrolytdosierung erwartet. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt: "Bislang gibt es keine Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Filtertüchern und Polyelektrolyten. Dieses Forschungsvorhaben entspricht tatsächlich einem Bedürfnis der Abwasserreinigungspraxis. Gerade im Bereich der weitergehenden Reinigung sind exaktere Darstellungen der Abtrennungsleistung von Tuchfiltern in Abhängigkeit der zugehörigen Einflußparameter spärlich vorhanden und angesichts der relativ häufigen Anwendung des Verfahrens notwendig."
Umweltschutz durch Förderung von Kreativität
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert nach den Worten ihres Generalsekretärs die Kreativität kleiner und mittlerer Unternehmen bei der praktischen Lösung von Umweltproblemen und gibt Anreiz für ökologische Innovationen in diesen Betrieben. Brickwedde: "Die Umweltstiftung setzt durch die Förderung umwelt- und gesundheitsfreundlicher Produktionsverfahren auf einen vorbeugenden und integrierten Umweltschutz. Sie mindert das Einstiegsrisiko für Unternehmen in umweltschonendere Produktionstechniken und fördert, was die Umwelt direkt und praktisch schützt." Gleichzeitig unterstütze sie Kooperationsprojekte in der Anwendung von Umwelttechnik und den Austausch von Wissen über die Umwelt zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und anderen öffentlichen oder privaten Stellen. Modellhaft werden auch, so Brickwedde, national wertvolle Kulturgüter im Hinblick auf schädliche Umwelteinflüsse bewahrt und gesichert. Seit Gründung der Stiftung 1990 wurden über 950 Projekte mit einem Gesamtvolumen von über 550 Millionen Mark gefördert.