Studie: Windpark-Geräusche für die meisten Anwohner keine Belästigung

Uni Halle-Wittenberg präsentiert DBU-geförderte Analyse – Durchschnittliche Belästigung vergleichbar mit Verkehrslärm

Osnabrück. Lärm – unerwünschter Schall – kann aggressiv machen und Stress hervorrufen: Auch Windenergieanlagen (WEA) gelten oft als geräuschbelästigend. Nach einer heute in Osnabrück vorgestellten, weltweit einzigartigen und von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit knapp 120.000 Euro geförderten Studie von Umweltpsychologen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg empfanden die Anwohner eines Windparks im niedersächsischen Wilstedt ihn mehrheitlich aber als nicht geräuschbelästigend und waren ihm gegenüber positiv eingestellt. Insgesamt wurden die WEA-Geräusche als vergleichbar mit Verkehrslärm wahrgenommen. Zusammen mit dem Deutschen Windenergie-Institut (DEWI) hatten die Wissenschaftler die Wirkungen des Windparks über den Zeitraum von zwei Jahren unter stresspsychologischem und akustischem Blickwinkel analysiert und auch bei einer Vergleichsstichprobe mit 13 anderen Windparks keinen Unterschied mit Blick auf die Durchschnittsbelästigung festgestellt. Zusätzlich wurden in Wilstedt erstmals technische Einflussmöglichkeiten auf die Geräuschwahrnehmung erprobt.

Nicht "über die Köpfe der Menschen" hinweg entscheiden

„Eine der großen Herausforderungen, die es im Zusammenhang mit der Energiewende zu meistern gilt, ist, die Akzeptanz von Energieinfrastrukturen wie zum Beispiel von WEA sicher zu stellen“, ordnet Dirk Schötz, DBU-Referent, die Bedeutung des Themas ein. Das gesellschaftliche Großprojekt könne nicht gelingen, wenn „über die Köpfe der Menschen“ hinweg entschieden werde und ihre Sorgen und Anliegen nicht ernst genommen würden, ist Schötz überzeugt: „Beispiel Geräuschentwicklung: Wie beeinträchtigend werden sie von Anwohnern empfunden? Welche technischen Gegenmaßnahmen gibt es? Können diese zur Verminderung der WEA-Geräusche beitragen? Diese Fragen erfordern wissenschaftlich fundierte Antworten und technische Lösungen.“

Mehr als 200 Anwohner befragt

Die Umweltpsychologen Professor Dr. Gundula Hübner und Dr. Johannes Pohl hatten in Kooperation mit dem DEWI die Lärmwirkungen des Wilstedter Windparks analysiert. „Mehr als 200 Anwohner wurden danach befragt, ob sie sich durch die Geräusche der großen Windkraftanlagen belästigt fühlen, zu welchen Zeiten, ob und wie sich dies auf ihren Alltag, ihren Schlaf und andere körperliche und psychische Bereiche auswirkt“, erläutert Hübner. Parallel zur Anwohnerbefragung zu Wahrnehmungsaspekten habe das DEWI Geräuschanalysen und -messungen durchgeführt.  „Zusätzlich wurde über ein halbes Jahr untersucht, ob veränderte, zum Teil geräuschärmere WEA-Betriebsmodi nachweisbare Auswirkungen auf die empfundene Geräuschbelästigung hat“, so Hübner weiter.

Windparkgeräusche als vergleichbar mit Verkehrslärm empfunden

„Mehrheitlich bewerten die Befragten den Windpark eher positiv. Von ihm geht grundsätzlich keine Belästigung aus“, stellt die Umweltpsychologin mit Blick auf Wilstedt fest. Selbst wer sich durch den Windpark belästigt fühle, sei zwar kritischer, lehne ihn aber nicht pauschal ab. „Eine Minderheit von zehn Prozent der Befragten erlebt zwar eine ziemlich starke Geräuschbelästigung“, sagt Hübner, „insgesamt aber werden die Windparkgeräusche als vergleichbar mit Verkehrslärm empfunden. Unter speziellen Bedingungen würden Windparkgeräusche gehäuft als unangenehm wahrgenommen, etwa in der Nacht oder bei einer bestimmten Windrichtung, „obwohl die zulässigen Grenzwerte der WEA-Anlagen eingehalten wurden“, betont Hübner.

Ursachen der Amplitudenmodulation müssen durch weitere Forschungen geklärt werden

Die Aufzeichnungen deuteten als Hauptverursacher auf eine sogenannte Amplitudenmodulation: „Geräusche, die als Wummern und Rauschen beschrieben werden und die nicht gleichmäßig sind, sondern in ihrer Stärke kurzzeitig schwanken.“ Dies könne als belastend erlebt werden, weil die Unregelmäßigkeit der Geräusche Aufmerksamkeit auf sich ziehe und dadurch als störend empfunden werde. Die genaue Ursache der Amplitudenmodulation müsse durch weitere Forschungen geklärt werden. Hübner zu weiteren Ergebnissen: „Über den Zeitraum des Forschungsprojekts hinweg nahm die ohnehin geringe Ausgangsbelästigung sogar leicht ab.“ Passend dazu sei der Anteil der Personen mit geräuschbedingten Stressbeschwerden wie Schlafproblemen oder Ärger und Gereiztheit von zehn auf sieben Prozent gesunken, „zudem nahm die Anzahl der Symptome ab“. Eine positive Wirkung der geänderten WEA-Betriebsmodi auf die Belästigung habe nicht nachgewiesen werden können.

Ergebnisse können auch auf andere Windparks übertragen werden

Da sich die durchschnittliche Belästigung durch Windparkgeräusche in Wilstedt nicht von einer Vergleichsstichprobe mit 13 anderen Windparks unterscheide, sei Wilstedt kein Sonderfall. Schötz: „Die von dort stammenden Ergebnisse können daher auch auf andere Windparks übertragen werden.“

Ansprechpartner für Fragen zum Projekt (AZ 28754): Dr. Johannes Pohl, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Psychologie, AG Gesundheits- und Umweltpsychologie, Tel.: 0345/5524374.

 

Nach einer heute in Osnabrück vorgestellten, weltweit einzigartigen und von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Studie von Umweltpsychologen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg werden von Anwohnern Geräusche von Windenergieanlagen als vergleichbar mit Verkehrslärm wahrgenommen.
© Bundesverband WindEnergie (BWE) Thorsten Paulsen

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