Gettorf. Auf der Suche nach alternativen, umweltschonenden Anbaumethoden für Deutschlands meistgeliebte Feldfrucht, die Kartoffel, wollen landwirtschaftliche Praktiker aus Schleswig-Holstein neue Wege gehen. Das Kuratorium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) unter Vorsitz von Bundesbankpräsident Dr. Hans Tietmeyer brachte die Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft Hanse Agro in Gettorf mit einem Förderbetrag von knapp 370.000 Mark nun auf den Geschmack, ein umweltverträgliches Kartoffelanbauverfahren zu entwickeln. Kernpunkt der Hanse Agro, die führende landwirtschaftliche Betriebe berät und sich daraus wie aus Beiträgen von Landwirten finanziert: vorbeugende, flächendeckende Düngung nach dem Gießkannenprinzip soll durch integrierten, gezielten Pflanzenschutz und eine situations- und bedarfsbezogene Düngung ersetzt werden und dadurch zu einer Verringerung von Nährstoffeinträgen in die Umwelt und einem besseren Schutz von Gewässern und Luft führen.
Statt Giftcocktails...
Die Initiative zur Durchführung dieses Vorhabens sei von der landwirtschaftlichen Praxis ausgegangen. Hier stünden die Landwirte zur Zeit praktizierten Produktionstechniken - insbesondere Pilzbekämpfungsmaßnahmen - wegen der damit verbundenen Umweltbelastungen kritisch und verunsichert gegenüber. Aus Mangel an Alternativen sähen sie aber keinen gangbaren Ausweg. Abgesehen von Spezialkulturen sei die Kartoffel die Feldfrucht, für die die meisten Pflanzenschutz- und Düngungsmaßnahmen durchgeführt würden. Statt einer exakten Diagnose des Schaderregerspektrums oder des Nährstoffbedarfs würden zum Teil jährlich mehr als zehn Pflanzenschutzbehandlungen allein gegen die Kraut- und Knollenfäule durchgeführt. Zwar gebe es zahlreiche Literatur über den Einsatz von Dünger zur Qualitätssteigerung und über Pflanzenschutzmitteleinsatz gegen Schaderreger. Umweltschonende Anbaumethoden seien aber daraus nicht entwickelt worden, da immer nur einzelne Aspekte geprüft worden seien. Die Wechselwirkungen insgesamt seien nicht oder zumindest nur unzureichend berücksichtigt worden.
...umweltverträgliche Anbaumethoden
Unter Einbeziehung acker- und pflanzenbaulicher Aspekte sollten nun für die verschiedenen Kartoffelarten wie Pflanz-, Speise-, Veredelungs- oder Stärkekartoffeln umweltverträgliche Anbaumethoden erarbeitet werden. Vor allem die Wechselwirkung zwischen Pflanzenernährung, Vitalität der Einzelpflanzen und Krankheitserregerentwicklung solle dabei berücksichtigt werden. Auch wenn Erträge von hoher Qualität bei stark vermindertem Einsatz von Produktionsmitteln sichergestellt würden, stehe nicht die Ertragsmaximierung im Vordergrund, sondern das Qualitätskriterium der verschiedenen Kartoffelarten und die Förderung der Widerstandskraft gegen Krankheitserreger.
Kartoffelschutz im Praxistest
In der Praxis solle der Krankheitsbefall nach Diagnose- und Prognoseverfahren sowie Boden- und Pflanzenanalysen überwacht werden und der konkret erforderliche Düngungsbedarf und Pflanzenschutzmitteleinsatz über die Gesamtvegetation und nach der Ernte festgestellt werden. Diese Untersuchungen würden an typischen Kartoffelstandorten des norddeutschen Klimaraumes auf zwei unterschiedlichen Bodentypen durchgeführt.
"Qualitativ hochwertige Durchführung und schnelle Einführung in die Praxis"
Die Durchführung des Projektes erfolge in enger Kooperation mit den Instituten für Pflanzenbau und -züchtung sowie für Phythopathologie der Universität Kiel, den Pflanzenschutzämtern Hannover und Uelzen, dem Arbeitskreis Kartoffelbau, zwei privatwirtschaftlichen Pflanzenzuchtunternehmen sowie der Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung Detmold. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt: "Diese Zusammenarbeit garantiert bei einer Optimierung umweltrelevanter Faktoren und einer Verminderung von Umweltbelastungen eine qualitativ hochwertige Durchführung und eine schnelle Einführung von relevanten Ergebnissen in die landwirtschaftliche Praxis."