Lohr. Viele ältere Schulgebäude sind echte Energiefresser, die dadurch viel klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) ausstoßen. Dazu gehört auch das in den 70er Jahren in Stahlbetonfertigteilbauweise erbaute Nägelsee-Schulzentrum in Lohr. Eine innovative Generalsanierung soll das Gebäude jetzt auf Passivhaus-Niveau bringen und eine nahezu CO2-freie und damit klimaschonende Energieversorgung ermöglichen. Der Endenergieverbrauch soll um 90 Prozent gesenkt werden. „Dieses Vorhaben geht weit über die meisten derzeitigen Schulsanierungsprojekte hinaus. Aufgrund des umfangreichen Baubestandes an entsprechenden Nachkriegsbauten hat das Projekt echten Modellcharakter für zahlreiche ähnliche Bauvorhaben“, erläuterte heute Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Er überreichte einen Förderbescheid über 450.000 Euro an Landrat Thomas Schiebel, Verbandsvorsitzender des Zweckverbandes Schul- und Sportzentrum Lohr.
Energieverbrauch belastet Klima und kommunalen Geldbeutel
„Das Gebäude hat vielfältige Baumängel und einen sehr hohen Energieverbrauch. Rund fünf Millionen Kilowattstunden Gas und mehr als eine Million Kilowattstunden Strom sind einfach zu viel – für den kommunalen Geldbeutel und das Klima gleichermaßen. Eine Generalsanierung ist hier dringend notwendig“, erläuterte Dr. Wulf Grimm, DBU-Abteilungsleiter Umwelttechnik.
Generalsanierung auf rund 25.000 Quadratmetern Fläche
„Das Schulzentrum wurde in den 70er Jahren als so genanntes ‚Kasseler Modell‘ gebaut. Durch die Fertigteile aus Stahlbeton konnte man zwar sehr schnell Gebäude errichten, aber ans Energiesparen wurde weniger gedacht“, erklärte Uli Heck, Geschäftsführer des Zweckverbandes, die Problematik. Auf rund 25.000 Quadratmetern seien in Lohr eine Mittelschule, ein Gymnasium, eine unterteilbare Turnhalle und ein Hallenbad untergebracht. „Ein großes Vorhaben, deswegen sind wir sehr glücklich, dass die DBU uns nun bei der Generalsanierung unterstützt“, unterstrich Heck.
Umwelttechnik spielt bei Klimaschutz in Gebäuden die Schlüsselrolle
Grundlage für die jetzige Sanierungsförderung sei ein optimales Vorbereiten des anspruchsvollen Projekts gewesen, erläuterte Brickwedde. Deshalb habe die Stiftung im Vorfeld auch schon die integrale Planungsphase mit 125.000 Euro unterstützt. „Die zentrale Innovation des nun startenden, dreijährigen Vorhabens ist das Koppeln einer Vielzahl von Maßnahmen, um dem Ziel einer CO2-freien Energieversorgung möglichst nahe zu kommen. Beim Klimaschutz in Gebäuden spielt moderne Umwelttechnik die Schlüsselrolle“, unterstrich Brickwedde.
Kombination aus Solarenergie, Wärmepumpe und BHKW
„Mit der Sanierung wollen wir den Endenergieverbrauch nun um 90 Prozent senken. Auch der Primärenergieverbrauch – und damit der CO2-Ausstoß – soll um rund 80 Prozent reduziert werden. Das entspricht dem Sanierungsumfang von circa 300 Einfamilienhäusern vom Baujahr 1985 mit rund 1.200 Bewohnern zu Passivhäusern“, verdeutlichte Heck die Projektdimensionen. Geplant seien eine nahezu passivhaustaugliche Gebäudehülle mit einer 20 Zentimeter starken Dämmschicht sowie eine Lüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung. Die gesamte Beheizung solle weitgehend über erneuerbare Energien gedeckt werden. Vorgesehen sei eine Kombination aus Solarenergienutzung, einer Wärmepumpe und einem Blockheizkraftwerk (BHKW). „Diese regenerative Energieerzeugung soll dann mit einem unterirdischen Eisspeicher gekoppelt werden, um über das gesamte Jahr eine besonders hohe Energieeffizienz sowohl für die gespeicherte Wärme- als auch Kälteenergie zu erreichen“, ergänzte Heck.
400.000 Kilowattstunden im Jahr aus Sonnenenergie
Die Grundlast trage die Wärmepumpe, die die Erdwärme, rückgewonnene Wärme aus Abwasser und Kühlung sowie Umweltwärme nutze und im Eisspeicher zwischenpuffere, erläuterte Grimm das ausgeklügelte System. Die Stromversorgung erfolge über mehrere Photovoltaikanlagen mit rund 1350 Quadratmetern Fläche. Insgesamt könnten so etwa 400.000 Kilowattstunden Strom im Jahr gewonnen werden. Ein Biogas-BHKW solle im Tandembetrieb mit der Wärmepumpe so ausgelegt werden, dass es nur bei Bedarf – vor allem nachts und im Winter – laufe.
Auch Schwimmbad mit solarer Kraft beheizt
Auch der Schwimmbadbetrieb könne mehrere Monate im Jahr weitgehend mit Sonnenenergie gedeckt werden, ergänzte Heck. Auch hier würden Wärmepumpen unterstützend eingesetzt. Der daran gekoppelte unterirdische Wasserspeicher könne im Sommer auch zum Kühlen der Server- und Informatikräume genutzt werden. Ein begleitendes zweijähriges Monitoring solle die Steuerung der Gesamtanlage überwachen und ein bestmögliches Zusammenspiel der Einzelkomponenten garantieren, sagte Heck abschließend.
Ansprechpartner bei Fragen zum Projekt (AZ 28297): Uli Heck, Zweckverband Schul- und Sportzentrum Lohr, Telefon 09352/50042-0, Fax 09352/50042-10