Osnabrück. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert schnell und unbürokratisch Integrationsprojekte für geflüchtete Menschen im Natur- und Umweltschutz. „Wir haben als schnelle Reaktion auf die dramatische Situation der Geflüchteten in einem Sonderprogramm 2,5 Millionen Euro für 55 Projekte in ganz Deutschland in die Hand genommen. Und dieses Programm wirkt“, teilte Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender DBU-Generalsekretär, heute bei der Jahrespressekonferenz mit. Verbunden mit der Vorstellung des Sonderprogramms wurde die Jahresbilanz 2016 der Stiftung präsentiert. Sie förderte im Vorjahr 184 Projekte (2015: 247) und bewilligte dafür 51,1 Millionen Euro (49,4).
18 Projekte im Rahmen des Sonderprogramms abgeschlossen
Umweltengagement könne nach Darstellung der DBU einen wichtigen Beitrag sowohl zur nachhaltigen Bekämpfung von Fluchtursachen als auch zur Integration geflüchteter Menschen in Deutschland leisten. Es sei dabei ein besonderes Anliegen der Stiftung, gezielt auch Kooperationsvorhaben von Umwelt- und Sozialverbänden zu unterstützen. Von den seit 2015 insgesamt 55 bewilligten Projekten des Sonderprogramms „Umwelt und Geflüchtete“, das von der DBU-Kuratoriumsvorsitzenden und parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, initiiert worden sei, sind bisher 18 Vorhaben abgeschlossen. Das betrifft ausschließlich kleine Projekte der Umweltbildung, die höchstens mit 10.000 Euro finanziert wurden und maximal zwölf Monate andauerten. „Das Umsetzen der Vorhaben war erfolgreich oder ist auf einem guten Wege“, machte Wahmhoff deutlich.
Umweltschutz als Chance zur Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt
Beachtenswert sei etwa das in Osnabrück durchgeführte Kooperationsprojekt „Berufsqualifizierende Umweltbildung für Flüchtlinge als neuer Weg der Integration“ mit der MÖWE gGmbH als Projektpartner. Die Gesellschaft verkauft traditionell gebrauchte und gespendete Möbel sowie Kleidung aus zweiter Hand und trägt somit zur Weiterverwendung gebrauchter Materialen bei. Zudem werden unter anderem auch Fahrräder zur weiteren Nutzung repariert. Damit leistet die MÖWE gGmbH einen Beitrag zu mehr Ressourcenschonung. Im Projekt wurden 14 Flüchtlinge im Alter von 21 bis 52 Jahre in die täglichen Aufgaben des MÖWE-Alltags einbezogen: Das Ausbauen, Demontieren und Abholen von gebrauchten Artikeln hat ihnen nach Darstellung der DBU gezeigt, wie praktizierter Umweltschutz gelebt werden kann und wie gebrauchte Gegenstände weiter oder auch anders verwendet werden können. Gleichzeitig besuchten die Teilnehmer, die aus den Ländern Sudan, Gabun, Burundi, Somalia, Mosambik und Syrien kamen, verschiedene externe Deutschkurse. Acht der teilgenommenen Geflüchteten begannen nach der Projektlaufzeit Praktika. Davon konnten vier eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, während ein Geflüchteter eine Ausbildung beginnen konnte, erläuterte DBU-Abteilungsleiter Dr. Ulrich Witte.
Naturerlebnis als Brücke zur Überwindung der Sprachbarriere
„Besonders bewährt haben sich bei der Integration von Geflüchteten die Naturthemen“, stellte Wahmhoff heraus. „Beim aktiven Gärtnern oder Naturerleben mit Kindern zum Beispiel steht das ‚Tun‘ im Vordergrund, so dass die Sprachbarriere da nicht wichtig ist. Vieles lässt sich da auch ohne Worte vermitteln.“ Über das „Tun“ ließen sich die Menschen mitnehmen und motivieren. Das wiederum gelte nicht nur für Geflüchtete, sondern auch für andere sonst schwer erreichbare Gruppen. „Hier zeigt sich die Übertragbarkeit der Projekte ganz deutlich“, unterstrich Wahmhoff deren Modellcharakter. Gutes Beispiel sei etwa das Osnabrücker Projekt „Querbeet“ - Die Verknüpfung von Umweltbildung und Flüchtlingsintegration in Kooperation mit dem Kleingartenverein „Deutsche Scholle“. Zusammen mit dem Kinderhilfswerk terre des hommes und der Kinder- und Jugendhilfe „Outlaw“ stellen die Deutsche Scholle und der Kleingärtnerverein Süd im Rahmen dieses Projekts seit Februar 2016 insgesamt fünf Schrebergärten für Flüchtlingsfamilien zur Verfügung. Die Gärten bieten nicht nur einen interkulturellen Austausch, sondern werden als ungezwungene Kontaktmöglichkeit und Rückzugsorte erlebt, wo die deutsche Sprache erlernt und man sich mit umweltfreundlichem Gärtnern sinnvoll beschäftigen kann, unterstrich Witte.
Stipendien für Geflüchtete: 255.000 Euro
Im Rahmen des Sonderprogramms „Umwelt und Geflüchtete“ hat die DBU ergänzend zu ihrem eigentlichen Stipendienprogramm auch 14 Stipendien für junge geflüchtete Hochschulabsolventen vergeben, die ihre berufliche Qualifikation verbessern und Erfahrungen im Umwelt- und Naturschutz erlangen sollten. Dafür allein wurden im Rahmen des Sonderprogramms 255.000 Euro bereitgestellt. Wahmhoff: „Fast alle arbeiten in sehr zukunftsweisenden Projekten mit und erleben ihre Tätigkeit in Zusammenarbeit mit Kollegen nach ihrer Flucht erstmals als sinnstiftend und als positiven Ausgangspunkt für eine berufliche Weiterentwicklung und einen Arbeitsplatz zunächst in Deutschland.“ Alle Stipendiaten hätten aber das Ziel geäußert, später in ihr Heimatland zurückzugehen und die hier erlangten Kenntnisse und Erfahrungen beim Wiederaufbau einzubringen.
Naturerbe-Flächen übernommen mit Schwerpunkt im Westen
Als „Meilenstein für den Naturschutz“, erinnerte Wahmhoff, seien 2016 im Rahmen einer dritten Tranche weitere 9.000 Hektar auf 23 Flächen an die DBU-Tochter, das DBU-Naturerbe, übertragen worden. Damit trage die DBU als Treuhänderin nun Verantwortung für insgesamt 70 ehemals militärisch genutzte Flächen mit 69.000 Hektar, auf denen offene Lebensräume mit seltenen Arten durch Pflege bewahrt, Wälder möglichst ohne menschlichen Eingriff ihrer natürlichen Entwicklung überlassen, artenarme Forste zu naturnahen Wäldern umgewandelt und Feuchtgebiete sowie Gewässer ökologisch aufgewertet oder erhalten werden sollen. Aus dieser Flächenkulisse ergebe sich erstmals auch ein Naturschutzschwerpunkt im Westen.
Stabile Erträge trotz Niedrigzinsphase
Auf die Finanzsituation der DBU ging Michael Dittrich, Abteilungsleiter Verwaltung und Finanzen, ein: „Die DBU erzielte 2016 trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase stabile Erträge.“ So belief sich der Gewinn aus der Vermögensanlage 2016 auf 103,5 Millionen Euro (2015: 103,7). Nach Abzug der Verwaltungsaufwendungen betrug das Jahresergebnis 95,6 Millionen Euro (96,1). „Einen risikolosen Zins gibt es praktisch nicht mehr, dennoch gelingt es uns weiterhin, durch eine breite Streuung des Kapitals ausreichende Erträge zu erwirtschaften. Wir planen auch in den nächsten fünf Jahren, jeweils über 50 Millionen Euro für den Stiftungszweck bereitzustellen und bleiben damit ein verlässlicher Fördermittelgeber“, erklärte der DBU-Finanzchef. Dem Stiftungskapital wurde eine Rücklage von 36 Millionen Euro zugeführt. Es beträgt damit jetzt 2,19 Milliarden Euro (2015: 2,15). „Der inflationsbereinigte Kapitalerhalt ist damit sichergestellt, auch wenn wir für das laufende Jahr mit einer anziehenden Inflationsrate rechnen“, sagte Dittrich.
Insgesamt 1,7 Milliarden in innovativen Umweltschutz investiert
Insgesamt gingen im Vorjahr bei der DBU 722 Anträge und Projektskizzen ein (2015: 675). Die Bewilligungssumme stieg mit 51,1 Millionen Euro gegenüber 2015 (49,4) leicht an. 184 Projekte (247) wurden gefördert. Damit hat die Stiftung seit Aufnahme ihrer Fördertätigkeit im März 1991 rund 1,7 Milliarden Euro für mehr als 9.500 Projekte an Fördermitteln bewilligt und damit mehr Geld in den innovativen Umweltschutz investiert, als sie seinerzeit als Stiftungskapital erhalten hatte (1,288 Milliarden Euro).