Haltern am See. Naturnahe Flusslandschaften gehören zu den artenreichsten Ökosystemen Mitteleuropas und bieten wasserliebenden Tier- und Pflanzenarten wertvollen Lebensraum. Doch sind zahlreiche Flüsse und Bäche begradigt oder vielfach die angrenzenden Auen als Ackerflächen sowie als Siedlungs-, Verkehrs- und Gewerbeflächen genutzt und verlieren dadurch dauerhaft ihre ökologischen Funktionen. Auch der Sandbach, der aus dem Kreis Coesfeld kommend in den Kreis Recklinghausen fließt und die nördliche Grenze der DBU-Naturerbefläche Borkenberge darstellt, ist durch seinen begradigten Verlauf stark verändert. Mit Unterstützung der anliegenden Landkreise soll ein Abschnitt auf einer Länge von rund 1,6 Kilometern umgestaltet werden. Um den historischen Verlauf des Sandbachs zu identifizieren, helfen Daten einer sogenannten Laserscan-Befliegung mit einer Drohne. „Wir möchten den Sandbach wo es möglich ist wieder in seinen alten, natürlichen Gewässerlauf zurückführen, denn mehr Raum für den Sandbach bedeutet auch mehr Lebensraum für Tier und Natur“, sagt Dr. Uwe Fuellhaas, Gewässer- und Feuchtgebietsmanager im DBU Naturerbe, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
Digitale Planungsdaten für naturnahe Bachgestaltung
Für die naturnahe Gestaltung des Sandbachs möchten sich die Experten auf historische Fließrinnen beziehen. Um diese zu erkennen, erfasst eine Drohne aus der Luft die Geländeoberfläche. Aus den gewonnenen Bilddaten errechnet eine Software das Relief und visualisiert es in einem digitalen Modell. „Die Fernerkundungsdaten sind eine wertvolle Grundlage für die Redynamisierung des Sandbachs. Außerdem können wir in der Umsetzung besser auf die Landschaftsstruktur eingehen und somit die Bauzeit verringern und die zu bewegenden Erdmassen reduzieren“, erklärt Dr. André Kopka, Experte für Geoinformationssysteme im DBU Naturerbe, die Vorteile. Rund 155 Hektar (ha) hat das Steinbeis-Transferzentrum Geoinformatik im Auftrag der Flächeneigentümerin beflogen und ausgewertet.
Redynamisierung der Sandbachaue
Wasser ist für die Feuchtlebensräume auf der DBU-Naturerbefläche Borkenberge unbedingt notwendig. Kranich, Fischotter sowie verschiedene Amphibien- und Libellenarten finden am Sandbach geeigneten Lebensraum. „Der begradigte Sandbach hat keine natürliche Dynamik mehr, sondern wirkt heute eher wie ein Entwässerungsgraben, durch den das Wasser schnell abfließt und der sich über die Zeit immer tiefer in die Landschaft gräbt“, erklärt Fuellhaas. Das digitale Modell der Fernerkundungsdaten zeigt nun alte Gewässerrinnen auf, die durch gezielte Maßnahmenplanung wiederbelebt werden sollen. Ein naturnaher Bachlauf nimmt dem Wasser die Geschwindigkeit und leistet einen kleinen Beitrag zum Hochwasserschutz, da das Wasser bei Starkregenereignissen auf der DBU-Naturerbefläche über umliegende Uferbereiche treten kann. „Dies hilft dem Feuchtlebensraum der Sandbachaue, denn sie würde wieder regelmäßig mit Wasser versorgt werden“, weiß Fuellhaas. Gemeinsam mit den Landkreisen Coesfeld und Recklinghausen sowie der Biologischen Station Kreis Recklinghausen wird die Maßnahme ökologisch geplant, um das Potenzial der natürlichen Ökosystemfunktionen von naturnahen Auenflächen langfristig zu fördern.