Dessau-Roßlau. Seit Mitte Februar verschwinden immer mal wieder Bagger oder Lastwagen im Wald an der Lukoer Straße südlich der Bahnlinie. Die Fahrzeuge sind der Natur auf der Spur. Die gemeinnützige Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, die DBU Naturerbe GmbH, lässt als Eigentümerin der Roßlauer Elbauen auf 16.000 Quadratmetern neun alte, ehemals militärisch genutzte Fahrzeughallen mit Asbest-Zement-Dacheindeckungen, einen Bunker und Straßenlaternen auf der DBU-Naturerbefläche zurückbauen. Inzwischen sind die Hallen abgerissen. Der Schutt muss noch zerkleinert, Metallanteile müssen herausgefiltert werden. „Bei der Umsetzung steht der Naturschutz an erster Stelle“, unterstreicht Josef Feldmann, Prokurist der DBU-Tochter. Deshalb würden die Arbeiten auch durch einen ökologischen Baubegleiter überwacht. Zwei der drei Bunker werden in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde und mithilfe des Technischen Hilfswerks (THW) Ortverein Dessau und der Feuerwehr als Fledermausquartiere hergerichtet. Zudem versucht die Osnabrücker Gesellschaft, einen angrenzenden Teich als Lebensraum für Amphibien wiederherzustellen.
Fledermausquartiere in zwei alten Bunkern
„Es ist eine großartige Gelegenheit, Fledermausquartiere über dieses Projekt in die Landschaft zu integrieren“, lobt Christoph Otto von der Unteren Naturschutzbehörde Dessau-Roßlau. Lebensraumschutz sei ein wichtiger Bestandteil des Artenschutzes. Zwei Personenschutzbunker an den ehemaligen Fahrzeughallen seien mögliche Quartiere auch zur Überwinterung für Arten wie die Mopsfledermaus, dem Braunen Langohr oder auch die Fransenfledermaus. „Allerdings waren die halbhohen Gebäude für die Tiere zu zugig und zu kalt“, so Otto. Fledermäuse benötigten für ihre Überwinterung frostfreie Unterschlüpfe und möglichst gleichbleibende Temperaturen. Um die beiden Bunker winterfest zu machen, sollen sie mit Sand übererdet werden. Das THW hat bereits Öffnungen in die Mauern geschnitten, damit die Fledermäuse hineinfliegen können. Ein Rohr sorgt für zusätzliche Luftzirkulation. Auf dem Dach haben die ehrenamtlichen Helfer drei kleinere Löcher eingeschnitten und diese mit Fließ überdeckt, damit auch das nötige Maß an Feuchtigkeit in den Bunker gelangt. In dieser Woche organisiert Otto dann mithilfe von weiteren ehrenamtlichen Helfern den „Innenausbau“ mit Steinen. „Den Sand für die Abdeckung der Bunker nehmen wir von einer nahegelegenen Abbaustelle und können gleichzeitig diesen Lebensraum für Amphibien wie der Kreuzkröte attraktiver machen“, betont Feldmann.
Sonnenplätze für Schlingnattern - Teichsanierung als Lebensraum für Amphibien
Maßnahmen zum Schutz von Amphibien stehen auch an zwei weiteren Stellen im Projektplan: Zum einen haben Arbeiter sechs Bodenplatten der Fahrzeughallen im Gelände gelassen, um Sonnenplätze für die Schlingnatter zu schaffen. Außerdem richtet sich das Augenmerk auf einen angrenzenden Teich, der als Lebensraum für weitere Amphibien gesäubert und beräumt werden soll. „Als erstes galt es, den Müll aus dem Teich zu fischen“, erläutert der Bundesforst-Revierleiter und Dienstleister der DBU-Tochter, Daniel Andrick. Nach einer Gewässerprobe steht nun fest, dass das Wasser leicht sauer ist. „Das kann darauf hindeuten, dass Batterien oder ähnliches am Boden liegen“, so Andrick. Daher werde der Teich mit einem Sieblöffelbagger geräumt und der Schlick entsorgt.
DBU-Projekt erarbeitet Konzept für Amphibienschutz in Deutschland
„Der Schutz von Amphibien steht im Moment besonders im Fokus, da diese nicht nur durch schwindende Lebensräume, sondern auch durch eine Pilzkrankheit bedroht sind“, erläutert DBU-Förderreferent Dr. Volker Wachendörfer zwei Gründe für die Bemühungen auf der DBU-Naturerbefläche. Bereits seit Jahren diskutierten Fachkreise die weltweite Bedrohung von Amphibien durch den sogenannten Chytridpilz. Der Erreger habe weltweit zu katastrophalen Rückgängen in den Beständen geführt. Nun bedrohe ein neuer, wahrscheinlich aus Asien eingeschleppter, hochansteckender Chytridpilz die Feuersalamander und eventuell auch weitere einheimischen Schwanzlurche. Nach Aussage des Zoologischen Instituts der Technischen Universität Braunschweig kam es als unmittelbare Folge des Erregers in den Niederlanden und Belgien plötzlich zu massiven Bestandseinbrüchen des Feuersalamanders von bis zu 90 Prozent. Es sei zu befürchten, dass die Epidemie nach Deutschland übergreift. In diesem Zusammenhang fördert die DBU ein Projekt der Universität fachlich und finanziell mit rund 125.000 Euro, in dem ein umfassendes „Amphibien-Anti-Chytrid-Konzept“ für Deutschland erarbeitet werden soll. „Indem wir auf unserer Fläche jetzt einen guten Lebensraum unter anderem für Lurche schaffen, versuchen wir, die Bestände im Hinblick auf eine mögliche Infektion im Vorfeld zu stabilisieren“, schlägt Feldmann den Bogen zurück zu den Roßlauer Elbauen.
DBU-Tochter übernimmt 47 Flächen als "Nationales Naturerbe" vom Bund
Die DBU-Naturerbefläche ist eine von 47 Liegenschaften der Stiftungstochter. Insgesamt hat sie 60.000 Hektar vor allem ehemals militärisch genutzte Flächen vom Bund übernommen. Auf den Flächen sollen offene Lebensräume mit seltenen Arten durch Pflege bewahrt, Wälder möglichst ihrer natürlichen Entwicklung überlassen, artenarme Forste zu naturnahen Wäldern umgewandelt und Feuchtgebiete sowie Gewässer ökologisch aufgewertet oder erhalten werden.