Hordorf/Schandelah. Auf der DBU-Naturerbefläche Wohlder Wiesen im Kreis Wolfenbüttel haben sich durch die jahrelange landwirtschaftliche und militärische Nutzung offene Landschaften entwickelt, die überwiegend von mageren Flachland-Mähwiesen sowie im Südwesten auch von wertvollen Pfeifengraswiesen bedeckt und nur vereinzelt von Hecken oder Baumgruppen durchbrochen sind. Doch um die biologische Vielfalt auf den offenen Flächen zu erhalten und das Zuwachsen vor allem durch Schlehen zu verhindern, muss die Fläche regelmäßig gepflegt werden. „Das Grünland wird größtenteils von Schafen beweidet und im Bereich der Pfeifengraswiesen in der Regel einmal spät im Jahr gemäht. Doch die Maßnahmen reichen in manchen Bereichen nicht aus, um die Flächen langfristig offen zu halten. Daher drängen wir die Schlehengebüsche nun gezielt maschinell zurück und entfernen auch vereinzelte Bäume anderer Gehölzarten“, erklärt Sabrina Brumme, Offenlandmanagerin im DBU Naturerbe, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). In dieser Woche beginnen die Entbuschungsarbeiten am südlichen Rand der wertvollen Pfeifengraswiesen.
Bewuchs zu dicht – gezielte Pflege mit maschineller Entbuschung
Der Gebüsch- und Baumaufwuchs am südlichen Rand der Pfeifengraswiese war über die Jahre zu dicht geworden. Auch in anderen Bereichen haben es die zur Pflege eingesetzten Schwarzkopf-Schafe zuletzt schwer gehabt und konnten Büsche und Bäume nicht mehr ausreichend zurückdrängen. „Der maschinelle Rückschnitt der Gehölze ist essentiell, um sowohl die Pfeifengraswiese als auch die mageren Flachland-Mähwiesen zu erhalten. Zum Einsatz kommt dafür ein sogenannter Energieholzkneifer, der neben den Schlehen auch die größeren Bäume gezielt entfernen kann“, betont Revierleiter Achim Hördler vom Bundesforstbetrieb Niedersachsen. Für Besucher und Besucherinnen der Wohlder Wiesen, die auf den ausgewiesenen Wegen die DBU-Naturerbefläche zu Fuß oder mit dem Fahrrad erkunden wollen, dürfte es zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen kommen.
Wertvoller Lebensraum dank Landwirtschaft
Namensgebend für die seltenen Pfeifengraswiesen ist zunächst das nährstoffarme Pfeifengras. Doch das geschützte Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)-Gebiet „Pfeifengraswiese Wohld“ ist auch in den Wohlder Wiesen durch ein vielseitiges Pflanzenbild geprägt. Hier wachsen unter anderem die auf der Roten-Liste geführten und gefährdeten Pflanzenarten Filz-Segge, Kümmel-Silge, Färber-Scharte und Weidenblättriger Alant. Gemeinsam stehen sie für ein Stück Landschaftsgeschichte, die durch landwirtschaftliche Nutzung entstanden und auch vielerorts wieder verschwunden ist. Die nährstoffarmen Pfeifengraswiesen bieten zwar schlechtes Futtergras, wurden aber Mitte des 19. Jahrhunderts als Einstreu für die Viehställe verwendet. Dafür wurden die Wiesen spät im Jahr gemäht, um im Winter die Ställe damit auszulegen. Bei dieser Bewirtschaftungsform verblieben viele Blütenpflanzen bis zur Blüte und Samenreife auf den Wiesen, boten Insekten wertvollen Lebensraum und Vögeln ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Mit Spezialisierung der Landwirtschaft und Entwicklung der Stallhaltung mit Spaltenböden wurden die Pfeifengraswiesen jedoch zunehmend unbrauchbar und damit wirtschaftlich uninteressant. Betriebe gaben die Flächennutzung auf oder begannen die Flächen zu entwässern und zu düngen, um sie ertragreicher zu machen. „Pfeifengraswiesen haben sehr spezifische Anforderungen an ihre Umgebung. Jegliche Störungen dieses Gleichgewichts wie die Einstellung der Mahd würde den Verlust des Lebensraums mit seinen seltenen Pflanzen- und Tierarten zur Folge haben“, weiß Brumme.