Pferde und Rinder ersetzen Panzer in Oranienbaumer Heide

Aufbau des Weideprojektes der Hochschule Anhalt abgeschlossen – DBU Naturerbe gibt Wege frei

Oranienbaum/Gräfenhainichen. Bis zu 900 Kilogramm können die Bullen schwer werden. Und trotzdem sind sie um ein vielfaches leichter als die Panzer, die bis 1992 auf der DBU Naturerbefläche Oranienbaumer Heide – ehemals „Möhlau-Sollnitz“ – ihre Runden drehten. Eine Gemeinsamkeit haben die Heckrinder aber dennoch mit dem schweren Gefährt: Sie halten die schützenswerte Heidelandschaft offen. Was die Herde hinter den „Betreten verboten“-Schildern machen – davon können sich Besucher ab heute ein Bild machen: „Wir haben in den vergangenen Wochen zwölf Kilometer Weg entmunitionieren lassen und können diese Strecke ab sofort freigeben“, betonte Dr. Reinhard Stock, Referatsleiter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), heute zum ersten offiziellen Rundgang. Seit drei Monaten ist die gemeinnützige DBU Naturerbe GmbH rechtskräftige Eigentümerin der Oranienbaumer Heide. Sicheren Schrittes können so nun Natur- und Tierfreunde einen Blick auf das erfolgreich initiierte Weideprojekt der Hochschule Anhalt riskieren.

Von 1945 bis 1992 nutzte die Sowjetarmee die Oranienbaumer Heide als Truppenübungsplatz. In der Zeit rodete das Militär großflächig, richtete Schießbahnen ein und fuhr Übungen mit ihren Panzern. Das führte wie bei den meisten weiteren Liegenschaften, die heute zum „Nationalen Naturerbe“ zählen, zu einem einschneidenden Landschaftswandel. Als die Armee abzog, hinterließen sie eine schützenswerte Offenlandfläche, auf der bis heute viele gefährdete Tier- und Pflanzenarten heimisch wurden. So zählen die Wissenschaftler über 800 Pflanzenarten in der Heide, von denen 38 auf der „Roten Liste Deutschland“ stehen. Nach der militärischen Nutzung wuchs dieses für den Naturschutz wertvolle Land langsam wieder zu.

Mithilfe des Projektes der Hochschule Anhalt in Kooperation mit der Primigenius – Köthener Naturschutz und Landschaftspflege gGmbH, des Förder- und Landschaftspflegevereins Biosphärenreservats „Mittelelbe“ e.V. (FÖLV), dem Biosphärenreservat „Mittelelbe“ und der Naturstiftung David entstand jetzt eine rund 850 Hektar große Ganzjahresweide mit robusten Heckrindern und einer Herde Konikpferde. „Die Tiere sollen uns helfen, die Heidepflanzen, die basenreichen Sandrasen und die Silbergrasfluren zu erhalten und die Verbuschung durch Birken, Kiefern und spätblühende Traubenkirschen zurückzudrängen“, erläutert Stock das Ziel des Vorhabens.

„Zusätzlich haben wir ein Umweltbildungsangebot erarbeitet, das die Kampfmittelgefahrenabwehrverordnung berücksichtigt“, erläuterte Prof. Dr. Birgit Felinks von der Hochschule Anhalt. Schließlich durften Besucher die DBU Naturerbefläche bislang nur mit Genehmigung des Landkreises Wittenberg und nach Unterzeichnen einer Haftungsverzichtserklärung gegenüber der Bundesforst betreten. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, entwickelte das Projektteam gemeinsam mit den Naturschutzbehörden und den Kommunen 2009 ein Wegekonzept. Drei Jahre später ist es jetzt soweit: Den Mittelweg und die Anbindung an den Brotweg über eine Teilstrecke des Jüdenberger Weges können Besucher ab sofort wieder betreten. Wer die Strecke abläuft, wird zudem feststellen: 13 Hinweistafeln eines neuen Lehrpfades informieren über den Tier- und Pflanzenreichtum der Oranienbaumer Heide, ihre Geschichte, über das Weidekonzept und die wissenschaftliche Projektbegleitung.

Wie wichtig die Umweltbildung für ein Naturschutzgebiet ist, unterstrich der Bürgermeister von Gräfenhainichen: „Das Interesse an der Oranienbaumer Heide ist bei Alt und Jung sehr groß. Damit ist die Basis für weitere Umweltprojekte gegeben“, betonte Harry Rußbült. Dass mit Projektende die wissenschaftliche Begleitung nicht stoppe, machte Prof. Dr. Sabine Tischew von der Hochschule Anhalt deutlich: „Die Erfolgskontrolle des Weidemanagements wird zunächst bis Ende 2013 über die Naturschutzrichtlinie des Landes Sachsen-Anhalt gefördert.“

Seit 2009 übernimmt die gemeinnützige DBU Naturerbe GmbH (Osnabrück) sukzessiv 33 Naturschutzflächen mit 46.000 Hektar in neun Bundesländern vom Bund, zu denen auch das Natura 2000-Gebiet der Oranienbaumer Heide gehört. Als Fläche mit militärischer Vorgeschichte gehört die Liegenschaft zum „Nationalen Naturerbe“. Generell will die Tochtergesellschaft offene Lebensräume mit seltenen Arten durch Pflege bewahren, naturnahe Wälder ohne menschlichen Eingriff zu neuer Wildnis entwickeln, artenarme Forste in naturnahe Wälder überführen und Feuchtbiotope und Fließgewässer ökologisch aufwerten und erhalten.

Heckrinder und Konikpferde halten die Oranienbaumer Heide offen
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