Gelbensande. Zwei Bagger schaufeln seit vergangener Woche Erde beiseite und setzen sechs Meter breite und zwei Meter hohe Rahmen für Stauwehre in Entwässerungsgräben auf der DBU-Naturerbefläche Gelbensander Forst. Schließlich kippen sie Natursteine an die Stahlrahmen, um ein Ausspülen durch das Wasser zu verhindern. Neun regulierbare Kippwehre sollen zukünftig helfen, den Grundwasserstand auf rund 360 Hektar so anzupassen, dass der torfhaltige Boden weniger Klimagase freisetzt und sich wieder artenreiche Feuchtwiesen entwickeln. Die Naturschutzmaßnahme hat die gemeinnützige Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), das DBU Naturerbe, über Monate mit finanzieller Unterstützung der Körber-Stiftung geplant und mit den Behörden abgestimmt. Heute (Freitag) machten sich Vertreter beider Stiftungen ein Bild von den Arbeiten.
Intakte Ökosysteme sind natürliche Klimaschützer. Wälder und Auen, Grünland und gut wasserversorgte wachsende Moore binden Kohlendioxid aus der Atmosphäre und speichern es langfristig. Natürlicher Klimaschutz verbindet den Schutz von Klima und Natur. „In Deutschland wird nicht nur die Erderwärmung immer spürbarer, auch das massenhafte Artensterben schreitet lautlos voran. Maßnahmen wie im DBU Naturerbe wirken der ökologischen Zwillingskrise entgegen“, erklärte Michael Dittrich, stellvertretender DBU-Generalsekretär und Prokurist im DBU Naturerbe. Damit flankiere die Stiftungstochter das bundesweite „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz" des Bundesumweltministeriums. Projektleiter, Dr. Axel Precker, Revierleiter Dirk Möller vom Bundesforstbetrieb Vorpommern-Strelitz und Dr. Uwe Fuellhaas, Gewässer- und Feuchtgebietsmanager im DBU Naturerbe, erläuterten Dr. Thomas Paulsen, Vorstandsmitglied der Körber-Stiftung aus Hamburg, vor Ort die Maßnahmenumsetzung.
Für die Körber-Stiftung waren Fakten wie diese mit ausschlaggebend, um in den Moorschutz zu investieren. Über die nächsten 25 Jahre wird sie die Maßnahme als freiwillige Kohlenstoffdioxid-Kompensation finanzieren. „Als Stiftung wollen wir vorangehen und CO2-neutral arbeiten: Kohlenstoffdioxid-Emissionen kompensieren wir durch Naturschutzmaßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern wie hier auf der DBU-Naturerbefläche Gelbensander Forst“, betonte Paulsen.
Wie die Stauwehre arbeiten werden, das erläuterte Fuellhaas: „Bis in den Frühling hinein sollen die Böden und die entsprechenden Lebensräume auf rund 360 Hektar davon profitieren, dass nicht zu viel Wasser abfließt.“ Das Ziel ist ein naturnaher Grundwasserstand, der über verschiedene Messstellen in und außerhalb des Projektgebietes kontrolliert und protokolliert wird. Mit Hilfe eines Schlüssels und einer Kurbel kann Revierleiter Möller die Klappen in den Stahlwehren bei Bedarf öffnen. Fuellhaas: „Im Sommer wollen wir, dass unsere Pächter das Grünland befahren und mähen können.“ Falls notwendig, würden dann die Kippwehre geöffnet, damit überschüssiges Wasser über den Stromgraben in Richtung Schöpfwerk abfließen kann. Die Entwässerung von Gelbensande und anderen anliegenden Gemeinden werden dabei nicht berührt. Nach der Bewirtschaftung wird mit dem Wasserrückhalt in der Fläche umgehend wieder begonnen.
Bereits im Frühjahr hatte Projektleiter Precker neun Gräben mit sogenannten Grabenplomben verschlossen und einen im nördlichen Teil liegenden Damm instandgesetzt. „Das DBU Naturerbe erfüllt mit dieser Feuchtgebietsmaßnahme auch eine Forderung der Landesplanung Mecklenburg-Vorpommerns, um in der Rostocker Heide die Grundwassersituation auch im Hinblick auf die Wasserqualität zu verbessern“, erläuterte der Geologe. Zudem erhofft sich der Experte auch positive Effekte auf die Wasserversorgung der Wälder der insgesamt rund 1000 Hektar großen DBU-Naturerbefläche. Die Veränderung wird nicht von heute auf morgen sichtbar. Nur langsam passen sich Ökosysteme an. Als Biologe erwartet Fuellhaas, „dass sich vergleichsweise schnell die Zahl an Libellen und Amphibien in den angestauten Gräben, sowie insbesondere Feuchtigkeit liebenden Wirbellose im wiederhergestellten Feuchtgrünland verbessert. Großartig wäre, wenn sich langfristig wieder Wiesenlimikolen, wie Kiebitz, Uferschnepfe, Brachvogel und die nässeliebende Bekassine auf den Flächen ansiedeln würden.“ Wenn in den nächsten Jahren dann im Frühling auf größerer Fläche beispielsweise wieder Seggen wachsen, die Kuckuckslichtnelke pink oder die Sumpfdotterblume gelb blüht, dann zeigen diese Pflanzen an, dass sich das Ökosystem langsam erholt und der Boden wieder mehr Wasser speichert.