Ostritz. Die Stadt Ostritz im Braunkohlerevier der Lausitzer Neiße im Dreiländereck zwischen Polen, Tschechien und Deutschland ist auf dem besten Wege, sich zu einer ökologischen Modellregion für die Bundesrepublik und das benachbarte Ausland zu entwickeln. Im Beisein von Sachsens Umweltminister Arnold Vaatz und dem Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück, Fritz Brickwedde, die die Ostritzer in ihrem Bemühen tatkräftig unterstützt, wurde heute eine Pflanzenkläranlage eingeweiht und der Grundstein für ein Kraftwerk gelegt, das auf Basis von Holz und Rapsöl funktioniert. Die Stadt will langfristig ihren Wärme- und Strombedarf weitgehend durch erneuerbare Energien decken, wie Bürgermeister Günter Vallentin betonte, wozu auch Wind-, Solar- und Wasserkraft eingebunden werden sollen. Dieses Gesamtkonzept war deshalb in den letzten Tagen durch die Bundesjury der EXPO 2000 als externes Projekt für die Weltausstellung ausgewählt worden.
Brickwedde betonte in Ostritz, die Stiftung begrüße ganz außerordentlich die Initiative der Stadt, unter dem Leitmotiv "energieökologische Modellstadt Ostritz" einen richtungsweisenden Weg auf dem Gebiet der Nutzung erneuerbarer Energien einzuschlagen.
Neben der erreichten lokalen Umweltentlastung sei Ostritz mit seiner Fülle von Einzelmaßnahmen aufgrund seiner Signalwirkung für andere besonders interessant. Gerade bei den östlichen Nachbarn Deutschlands herrsche erhebliches Interesse an Fragen des Umweltschutzes und noch größerer Bedarf an entsprechender Technik.
Doch das Vermitteln von Wissen allein genüge nicht. Vielmehr müsse Umwelttechnik auch anfaßbar und begreifbar sein. Deshalb begleite die Stiftung die Stadt bereits seit mehreren Jahren auf ihrem Weg, die Nutzung unterschiedlicher umweltentlastender Technologien vor Ort zu realisieren. Den Schwerpunkt stelle dabei der Energiebereich dar, da insbesondere die Nutzung herkömmlicher Energiequellen mit erheblichen Umweltbeeinträchtigungen verbunden seien. Dabei stelle die Aufgabe, im ländlichen Raum eine zentrale Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energien aufzubauen, eine enorme Herausforderung dar. Mit der jetzt gefundenen Lösung der Wärme- und Krafterzeugung aus Holz und Rapsöl sei eine Lösung gefunden worden, die neben dem positiven Umweltnutzen auch die notwendige wirtschaftliche Tragfähigkeit besitze, um den Kunden eine sichere Versorgung zu marktgerechten Preises zu gewährleisten.
Bei einem Rundgang durch das Internationale Begegnungszentrum St. Marienthal, das in ehemaligen Wirtschaftsgebäuden des seit 1234 ununterbrochen betriebenen Zisterzienserinnenklosters errichtet wird, unterstrich Brickwedde die Bedeutung auch des Begegnungszentrums als Teil des Modellstadtprojektes. Es biete hervorragende Möglichkeiten, die Anlagen zur regenerativen Energienutzung der Stadt Ostritz zu präsentieren. Gleichzeitig erlaube die Lage des Klosters in der Mitte Europas die Begegnung zwischen Menschen aus Ost und West. Insgesamt hat die Stiftung für das Zentrum bisher 6,5 Millionen Mark zur Verfügung gestellt.
Staatsminister Arnold Vaatz: "Mit einer Reihe von Projekten und Maßnahmen arbeitet die Stadt Ostritz daran, ihrem Titel energieökologische Modellstadt gerecht zu werden. Die Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt verdient deshalb unseren ganz besonderen Dank, weil ihr Einsatz mit der notwendigen Dauerhaftigkeit verbunden ist. So wird hier eine Reihe von Einzelprojekten gebündelt, die Synergieeffekte freisetzen und damit die Wirkung der Maßnahmen erhöhen."
Die Stadt Ostritz habe sich, so Bernd Dittrich als Geschäftsführer der Technischen Werke Ostritz (TWO), 1996 entschieden, ihre Wärmeversorgung auf die Basis von Holz zu stellen. Das Heizwerk erzeuge - mit Rapsöl beheizt - Strom und eine Wärmegrundlast. In der zweiten Stufe sorgten holzbeheizte Kesselanlagen für die nötige Wärme, Spitzenzeiten decke ein rapsölbefeuerter Heizkessel ab. Insgesamt würden 650 Kilowatt elektrischer Strom und rund zehn Megawatt Heizwärme erzeugt. Die Wärme werde über das Fernwärmenetz in der gesamten Stadt verteilt, 65 Prozent der Ostritzer Haushalte seien bereits als Kunden gewonnen worden. Der Bau des Heizwerkes werde bis Ende 1997 erfolgen und mit zwölf Millionen Mark von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt unterstützt, mit weiteren fünf Millionen Mark durch den Freistaat Sachsen.
Die Pflanzenkläranlage, mit knapp 200.000 Mark von der Umweltstiftung gefördert, versorge, so Hermann-Josef Wester vom Planungsbüro ETAplus in Köln, den Ortsteil Bergfrieden mit seinen 70 Einwohnern. Ihre Lage an einem Lehrpfad beziehungsweise Radwanderweg unweit der Internationalen Begegnungsstätte St. Marienthal sichere ihre Einbeziehung in den laufenden Besucherverkehr.
Außerdem solle neben der Kläranlage noch eine Laborhütte errichtet werden. Als Besatz für die Anlage würden nicht Pflanzen aus speziellen Züchtungen genommen, sondern Schilfe aus Gewässern der Umgebung, die sich durch eine bestimmte bereits vollzogene Anpassung an abwasserähnliche Wasserqualitäten auszeichneten.