Stuttgart. Die "Großen" hocken bereits in den Startlöchern. Wenn die Staaten der Europäischen Union (EU) bis zum Frühjahr 1995 eine entsprechende EU-Verordnung in nationales Recht umgesetzt haben werden, nach dem Unternehmen im Umweltbereich stärker aktiv werden müssen, sind sie vorbereitet. Für die "Kleinen", den unternehmerischen Mittelstand, ist das schwieriger. Um auch sie in den Stand zu versetzen, geforderte Regeln, Vorschriften und Verfahren einzuhalten, fördert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) mit 190.000 Mark ein anwendungsorientiertes Forschungsprojekt unter Federführung des Öko-Instituts in Darmstadt. Ziel: Es soll zum Thema Öko-Audit, einer Art Umwelt-Betriebsprüfung, ein Praxisleitfaden erarbeitet werden, der branchenübergreifend für klein- und mittelständische Betriebe anwendbar ist.
Umweltschutz nach EU-Maßgaben
In Zusammenarbeit mit der Gebhardt Ventilatorenfabrik (Waldenburg) und der Druckerei Georg Kohl (Backenheim) werde gezeigt, wie sich die im vergangenen Jahr beschlossene EU-Verordnung zum sogenannten Öko-Audit in Betrieben mit weniger als 500 Mitarbeitern einsetzen lasse. Nach der Brüsseler Verordnung gehe es zunächst um eine Bestandsaufnahme aller umweltrelevanten Bereiche eines Unternehmens von der Analyse des Energie- und Rohstoffverbrauchs bis hin zum Schadstoffausstoß. Würden dabei Schwachstellen aufgedeckt, gehe es im zweiten Schritt darum, ein angemessenes Umweltmanagement zu entwickeln, über das effektive Maßnahmen zur Beseitigung der Schwachstellen eingeleitet werden, die - im dritten Schritt - auch der Überprüfung durch externe Gutachter standhalten. Ein Öko-Zertifikat solle am Ende äußeres Zeichen dafür sein, daß Ziele umweltorientierter Unternehmensführung in die Praxis umgesetzt worden seien.
Umweltschutz zahlt sich für kleine und mittlere Unternehmen aus
Bei dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt gehe es nun darum zu verdeutlichen, daß Verringerungen der Umweltbelastung auch durch kleine und mittlere Unternehmen erreicht werden könnten. Es solle gezeigt werden, daß sich verstärkte Anstrengungen im Umweltbereich auch betriebswirtschaftlich auszahlten. So senke eine Verringerung der Abfälle die Entsorgungskosten, niedrige Energie- und Wasserverbräuche schlügen sich in nicht so hohen Rechnungen nieder und umweltverträgliche Wirtschaftsweise motiviere schließlich auch Mitarbeiter in besonders positiver Weise.
"Chancen des Öko-Audits erkennen"
Verena Schneider, Referentin für berufliche Umweltbildung und -beratung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt: "Es ist besonders wichtig, daß sich nicht nur Großunternehmen mit dieser Thematik auseinandersetzen, sondern auch der Klein- und Mittelstand. Diese Unternehmen sollen Handlungshilfen erhalten und die Chancen des Öko-Audits erkennen. Nur so können wir auch weitere Betriebe zum Mitmachen motivieren. Nicht alle Unternehmen sind schon so weit wie die beteiligten Firmen Gebhardt und Kohl. Ein anderes positives Beispiel sind die Umweltinitiativen der Wirtschaft in Ostwestfalen, die den Umweltschutz in ihre Unternehmensziele aufgenommen, daraus konkrete Handlungsanweisungen entwickelt haben und dafür von unserer Stiftung mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet worden sind."
"Neue Herangehensweise an die ökologischen Herausforderungen"
Brigitte Peter, Wirtschaftswissenschaftlerin am Öko-Institut betont, daß der fachübergreifende Ansatz dieses Modellprojektes von besonderer Bedeutung sei. Die enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Umweltforschungseinrichtung, die ihren Ursprung im alternativen Spektrum habe, verspreche eine "neue Herangehensweise an die ökologischen Herausforderungen". Durch umweltverträgliche Produkte und Produktionsverfahren ließen sich nicht nur Marktchancen verbessern, sie sicherten auch zunehmend die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit.
Brigitte Peter: "Einigkeit über die Anforderungen des Audits bestehen zur Zeit nicht. Die Umsetzung in deutsches Recht wird darüber entscheiden, ob sich Öko-Audit zu einem wirksamen Instrument für den Umweltschutz entwickelt. Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig Standards zu setzen. Dabei geht es insbesondere um die Entwicklung der genauen Methodik. Nur so kann ein seriöses Vorgehen gewährleistet werden."