Gotha. Majestätisch thront es seit Jahrhunderten auf dem Hügel über dem thüringischen Gotha und dominiert bis heute das Stadtbild: Schloss Friedenstein, die größte frühbarocke Schlossanlage Deutschlands. Doch der Zahn der Zeit nagt an den historischen Mauern, deren Baubeginn auf den 30-jährigen Krieg zurückgeht. Besonders in Mitleidenschaft gezogen ist der charakteristische Arkadengang, der den großen Schlosshof umschließt. Seine Sandsteinpfeiler sind durch das jahrzehntelange Einwirken von Luftschadstoffen und Erosion in ihrer Existenz bedroht. Um sie wieder fit zu machen, finanzierte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) eine Initiative der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten mit der Bauhaus-Universität Weimar, der Fachhochschule Erfurt und dem Ingenieurbüro für Steinsanierung und Denkmalpflege. Eine neuartige und nachhaltige Sanierungstechnologie wurde an dem empfindlichen Pfeiler-Gestein ausprobiert, weiter entwickelt und kann nun flächendeckend angewendet werden. Die DBU investierte 100.000 Euro in das Projekt.
Feuchtigkeit und Salze fügen den Pfeilern massive Schäden zu
Einst regierten in der dreischiffigen Schlossanlage die Herzöge von Sachsen-Gotha. Heute befinden sich hier außer den Museen der Stiftung Schloss Friedenstein das Thüringische Staatsarchiv und die Forschungsbibliothek der Universität Erfurt. „Die Anlage zählt zu den bedeutenden Kulturgütern des Landes“, betont Lutz Töpfer, Fachreferent für Umwelt und Kulturgüter bei der DBU. Die 54 Bögen ihres Arkadenumgangs bildeten ein wichtiges zierendes Element am Schloss. Jahrelang hätten Salzverbindungen und Wasser das Gestein zerstört und massive Schäden an der Oberfläche und im Inneren der Pfeiler verursacht, so Johann-Philipp Jung von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Denn die Salze dehnten sich beim Trocknen durch Kristallisation aus und sprengten den Stein. Im Winter sei das auch durch Eis der Fall. Im Rahmen des Sanierungsprojektes seien einige Pfeiler der Südseite auf ihren Aufbau, ihre Schäden und Belastungen untersucht worden. „In der Vorfeld-Analyse konnten wir viele Abschalungen und Absandungen sowie tiefe Risse und hohe Feuchtigkeit in den Pfeilern ausmachen“, sagt Jung. Außerdem sei das Erscheinungsbild der Pfeiler durch starke Verwitterung und häufige Nachbesserungen sehr unregelmäßig.
Passender roter Stein und haltbarer Mörtel sollen Arkaden nun retten
Im Rahmen des Sanierungsprojektes sei ein rotbrauner Sandstein gefunden worden, der als Gesteinsersatz eingesetzt werden könne. Auch ein passender Ergänzungsmörtel zum Auffüllen von Mauerrissen sei nun einsatzbereit. „Er ist weniger empfindlich, wenn er mit den zerstörenden Salzen im Gestein in Berührung kommt. Damit ist er auch länger haltbar, als die bisher verwendeten Mörtel“, erklärt Jung.
Durch wissenschaftliche Projekt-Begleitung auf dem neuesten Stand der Sanierungs-Technik
„Eine geeignete Konservierungstechnologie für den hier verbauten Sandstein existierte einfach nicht. Mit unseren neuen Erkenntnissen aber sind wir jetzt auf dem neuesten Stand der Technik und in der Lage, die Komplettsanierung anzugehen“, so Jung. Dies sei auch der Zusammenarbeit mit Studenten des Fachbereichs Restaurierung und Bauingenieurwesen der Fachhochschule Erfurt sowie der Materialforschungs- und Prüfanstalt der Bauhaus-Universität Weimar zu verdanken. Von ihnen wurde das Projekt nicht nur wissenschaftlich begleitet, die künftigen Restauratoren wurden gleichzeitig auch in die konkreten Maßnahmen mit einbezogen. „Die Ermittlung innovativer Sanierungskonzepte und –rezepte für umweltgeschädigte Natursteine sind ein wichtiger Teil der DBU-Förderung national wertvoller, umweltbelasteter Kulturgüter“, so Töpfer.
Ansprechpartner für Fragen zum Projekt (AZ 22269): Johann-Philip Jung, Abteilungsleiter Bau Thüringer Schlösser und Gärten, Telefon: 03672/447140