Natur- und Denkmalschützer retten „Kinderstube“ in bedeutender Kirche
Experten bewahren Quartier für bedrohte Fledermäuse trotz Sanierung - Modell für andere Vorhaben - DBU unterstützte mit rund 77.000 Euro
Gehofen. 1866 beschloss die evangelische Gemeinde im thüringischen Gehofen, eine neue Kirche zu bauen. Mit dem Bau beauftragte sie Friedrich August Stüler, den Hofarchitekten des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. So bekamen die Thüringer zweierlei: eine bedeutsame neogotische Saalkirche - und 120 Jahre später eine "Wochenstube" im Dachstuhl. Denn dem Großen Mausohr, einer stark bedrohten Fledermausart, gefällt das Gotteshaus so gut, dass es dort seit 1985 seine Jungen aufzieht. Als die Kirche Ende der 90er Jahre dringend saniert werden musste, wollte man die Tiere schonen. Naturschutz- und Denkmalschutzexperten schlossen sich zusammen, um eine geeignete Technik zum Schutz der Fledermäuse und der historischer Bausubstanz zu finden. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) förderte das Projekt mit rund 77.000 Euro und engagierte sich damit zum zweiten Mal in Gehofen: Zuvor hatte sie die Konservierung der durch Umweltgifte geschädigten Kirchenfassade mit rund 102.000 Euro unterstützt.
Sensationelles Vorkommen von 150 Tieren in Gehofen schützen
Die Untere Naturschutzbehörde des Kyffhäuserkreises und das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege zogen an einem Strang, um das schon sensationelle Vorkommen von 150 Tieren in Gehofen zu schützen. Bei einer gängigen Sanierung hätten die Fledermäuse auf Dauer ihr Obdach verloren. Dagegen wurden die denkmalpflegerischen Maßnahmen in der Regionalgemeinde Roßleben/Wiehe so gestaltet, dass das Fledermausquartier nicht nur erhalten, sondern für die Tiere sogar bequemer wurde. Der Dachstuhl wurde so saniert, dass keine Feuchtigkeit von außen mehr eindringen kann und das Raumklima für die seltenen Fledermäuse angenehm ist. Zugleich wird das Holz nun durch eine so genannte Unterspannbahn vor der Harnsäure der Tiere geschützt; auf Holzschutzmittel wurde verzichtet. Die Fachleute entwickelten zudem eine Kotrinne und schlossen zu große Ein- und Ausflugöffnungen, um Tauben abzuwehren.
"Gezeigt, wie gut Natur- und Denkmalschutz ineinander greifen können"
"Das Projekt ist beispielhaft für ähnliche Vorhaben in Deutschland", sagt Franz-Georg Elpers, Pressesprecher der DBU. "In Gehofen wurde gezeigt, wie gut Natur- und Denkmalschutz ineinander greifen können." Fünf Jahre lang wollen Experten der Naturschutzbehörde nun beobachten, wie sich die Wochenstube im sanierten Dachstuhl entwickelt.
Ansprechpartner für weitere Informationen (AZ 19157): Gemeindekirchenrat, Telefon: 034672/83132, pfarramt.wiehe@freenet.de