Osnabrück. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt in Osnabrück hat als Abschluß ihrer rund vierjährigen Aufbauphase nun ein eigenes Verwaltungsgebäude in Osnabrück bezogen, das in bauökologischer Hinsicht neue Maßstäbe setzt. Nach 18monatiger Bauzeit wurde am Samstag das Haus in Anwesenheit zahlreicher Vertreter des öffentlichen Lebens offiziell seiner Bestimmung übergeben. Neben der niedersächsischen Umweltministerin Monika Griefahn und dem CDU-Fraktionschef im niedersächsischen Landtag, Christian Wulff, waren auch der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland, Jochen Flasbarth, der Vorsitzende des World Wide Fond for Nature (WWF), Carl-Albrecht von Treuenfels, und die Träger des Deutschen Umweltpreises - Eberhard Günther, Dr. Bernhard von Schubert sowie Marianne Schmidt, - nach Osnabrück gekommen, um der Einweihung des 20-Millionen-Mark-Objektes beizuwohnen. Bundesbankpräsident Dr. Hans Tietmeyer war sich in seiner Funktion als Vorsitzender des Kuratoriums sicher, "daß mit diesem wunderschönen, neuen Gebäude nunmehr alle Voraussetzungen geschaffen sind, damit die Förderarbeit der Stiftung weitergehen kann und von diesem Gebäude viele Anstiftungen zu neuen Taten im Umweltschutz ausgehen werden."
Umweltschutz fördern und dabei die Wirtschaft stärken
Tietmeyer, der auch die Grüße von Stiftungsinitiator Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel überbrachte, erinnerte in seiner Rede an die Idee der Gründung. Ziel und Zweck sollte die Förderung von Aktivitäten im Bereich von Forschung, Entwicklung und Innovation sein, die vor allem kleine und mittlere Unternehmen bei der Produktion stärker in eine umwelt- und gesundheitsfreundliche Richtung führen sollten. Gleichzeitig sollte dadurch auch, erinnerte Tietmeyer, die Stärkung der Wirtschaftskraft kleiner und mittlerer Unternehmen erreicht werden.
"Investitionen in die Bewahrung der Schöpfung"
Nach Aufnahme der Fördertätigkeit in Osnabrück am 1. März 1991 sei bereits im Frühjahr desselben Jahres ein Sofortprogramm für die neuen Bundesländer aufgelegt worden, die nach nun vierjähriger Fördertätigkeit zu rund zwei Dritteln von den bisher bewilligten rund 1.400 Projekten mit einem Fördervolumen von fast 700 Millionen Mark profitiert hätten. Rechne man auch noch die Eigenanteile hinzu, die die Projektpartner der Stiftung mit der Bewilligung von Fördermitteln zu leisten haben, belaufe sich das durch die Stiftungstätigkeit angestoßene Investitionsvolumen auf über eine Milliarde Mark. Tietmeyer: "Investitionen in die Bewahrung der Schöpfung - eine Bilanz, auf die ich ein bißchen stolz bin."
"Neue Visitenkarte"
Osnabrücks Oberbürgermeister Hans-Jürgen Fip würdigte den Tag der Einweihung des Verwaltungsneubaus als "hervorragendes Ereignis für die Stiftung, aber auch für die Stadt Osnabrück und die Region". Diese Stiftung, die wichtig für die Entwicklung innovativer Umweltschutzideen in der Region und in ganz Deutschland sei, "paßt zu Osnabrück". Setze sich die Stadt doch aktiv für die Ansiedlung von Unternehmen im Bereich der Umwelttechnik ein und unterstütze die Bemühungen der Hochschulen um Umwelttechnologieforschung. Den Neubau der Stiftung an einer der Haupteinfallstraßen der Stadt bewertete Fip als "städtebaulich anspruchsvoll gelungen". Das Haus sei ein "Stadttor des 21. Jahrhunderts". Fip: "Keines allerdings, um Eindringlinge abzuwehren, sondern um Gäste willkommen zu heißen - eine neue Visitenkarte für die Stadt!"
Ästhetik und Ökologie vereinbaren
Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Stiftung, ging auf die Möglichkeiten des ökologischen Bauens ein. Hauptkriterien seien ein möglichst schonender Umgang mit Boden und Vegetation, Minimierung des Energiebedarfs des Gebäudes, ressourcenschonende Baustoffauswahl und recyclinggerechte Konstruktion gewesen. Gleichzeitig sei es Ansatz der Stiftung gewesen, ein unter architektonischen Gesichtspunkten interessantes Gebäude zu entwickeln, das auch einen signifikanten städtebaulichen Akzent setze.
160 Jahre alte Bäume im Zentrum
Wesentlich sei es zunächst gewesen, den bis zu 160 Jahre alten Baumbestand mit der zentralen Buchengruppe im Mittelpunkt auf dem 17.000 Quadratmeter großen Grundstück zu erhalten. Aus dieser Forderung sei schließlich die Gebäudeform entstanden, die den Konturen der Bäume folge, den alten Baumbestand nicht verdränge, sondern sich harmonisch in die Parklandschaft einpasse. Schon eine Vegetationsperiode vor Baubeginn sei ein sogenannter Wurzelvorhang angelegt worden, um das Wurzelwerk der Bäume vor Beschädigungen durch die Tiefbauarbeiten zu bewahren. Aus Gründen des Baumschutzes sei auch auf eine zunächst geplante Tiefgarage unter dem Gebäude verzichtet und mit einer aufwendigen Pfahlgründung die Entwicklung der Baumwurzeln auch unter der Bodenplatte des Gebäudes ermöglicht worden.
Energie sparen, Umwelt schonen
Zentral im Blickpunkt habe auch, so Brickwedde, die zukünftige Entwicklung des Energieverbrauches in dem neuen Haus gestanden, werde doch ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland für die Beheizung von Gebäuden benutzt. Hier liege das größte wirtschaftlich zu erschließende Energieeinsparpotential. Während der Heizenergieverbrauch der Gebäude in Deutschland bei 220 bis 270 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr liege, sei dieser Wert für nach 1982 gebaute Häuser auf 140 bis 180 gesenkt worden, liege jetzt seit dem 1. Januar bei knapp 100. Das neue Verwaltungsgebäude der Deutschen Bundesstiftung Umwelt werde mit rund 40 bis 50 Kilowattstunden auskommen und damit die Werte der neuen Wärmeschutzverordnung noch einmal deutlich unterschreiten.
Sonne im Büro
Neben der Verminderung des Heizenergiebedarfs sei auch die des elektrischen Energieverbrauchs immens wichtig. Über die nach Süden geöffnete Glasfassade und die fünf großen Lichttürme gelange so viel Tageslicht in das Gebäude, daß auf eine künstliche Beleuchtung weitgehend verzichtet werden könne.
Beton: Wiederverwenden statt Deponieren
Besonders beachtet worden seien auch die Baustoffauswahl und die recyclinggerechte Konstruktion. Erstmalig in Deutschland sei bei tragenden Wänden Recyclingbeton im Hochbau eingesetzt worden. Im Hinblick auf kreislauforientiertes Wirtschaften von enormer Bedeutung für die Bewertung der Umweltverträglichkeit des Betons, sei doch die Baubranche mit über 60 Prozent am gesamten Abfall- und Reststoffaufkommen beteiligt. Und schließlich: Sowohl bei der Fassade als auch bei den Verschleißteilen mit kurzer Lebensdauer sei darauf geachtet worden, daß sich die Bauteile wieder problemlos in den Materialkreislauf zurückführen lassen. Das gelte für die mit einer dünnen, aufgesteckten Aluminiumhaut versehene Holzfassade, für das mit Naturfarben behandelte Holz oder die kompostierbaren Teppichböden. Brickwedde: "Ich denke, wir haben einen Beitrag geleistet, der sich sehen lassen kann." Darüber hinaus habe die Deutsche Bundesstiftung Umwelt bereits aus ihrem Bauprojekt Konsequenzen gezogen und einen Förderschwerpunkt "Ökologisches Bauen" eingerichtet, um so zu helfen, den Kenntnisstand auf diesem Gebiet zu erweitern.
"Nahtloser Übergang von der Natur ins Büro"
Den "nahtlosen Übergang von der Natur ins Büro", den "Einklang zwischen künstlerischem Raum und Landschaft" würdigte für die am Bau beteiligten Architekten Professor Erich Schneider-Wessling (Köln). Nach allen Bestimmungsmerkmalen moderner Architektur sei hier ein "schönes Ergebnis" erzielt worden, "das sich sehen lassen kann". In einer Zeit, in der nur wenige Bauherren auch die ökologischen Aspekte ihres Tuns berücksichtigten, lobte er den Mut der Stiftung zum Experiment. Schneider-Wessling: "Danke, daß Sie dieses Experiment gewagt haben. Ich wünsche Ihnen und uns, daß es gelingt."