Aachen/Hamminkeln. „Wenn es um den Schutz vor Hochwasser geht, liegt der Fokus in der Regel auf Maßnahmen gegen Überschwemmungen aus Fließgewässern oder Sturzfluten in Folge von Starkregen“, sagt Franz-Peter Heidenreich, Referatsleiter Kreislaufführung und Bautechnik der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Doch die mit den Hochwässern einhergehenden Grundhochwässer werden nur wenig beachtet, obwohl sie starke Schäden anrichten können. Am Beispiel der Stadt Hamminkeln, die im Einzugsgebiet der Issel liegt, wurden die Wechselwirkungen zwischen Hochwasserereignissen und deren Schutzmaßnahmen auf das Grundwasser untersucht. Mit Hilfe der Ergebnisse des Projektes, das die DBU fachlich und finanziell mit 124.000 Euro förderte, wurden Ursachen für Grundhochwässer ausgemacht und verschiedene Möglichkeiten skizziert, um die Situation vor Ort zu verbessern. Überraschend: Viele Maßnahmen, die von Betroffenen im Vorfeld als Ursache für das Eindringen von Wasser oder Überflutungen ausgemacht wurden, haben kaum Einfluss auf die Problematik.
Wenig beachtetes Grundwasser
Im Sommer 2016 gab es im Einzugsgebiet der Issel zwei Hochwasserereignisse, bei denen auch Wochen nach dem Abklingen der Hochwasserwelle Grundwasser in Keller und Gebäude eindrang. Dabei kam es vielfach zu Schäden. Das Nutzen der landwirtschaftlichen Flächen sei für einige Zeit durch das aufgestaute Wasser stark beeinträchtigt gewesem, was unter anderem zu Ernteausfällen geführt habe, so Heidenreich. 2015 wurde durch die ProAqua Ingenieurgesellschaft (Aachen) ein Issel-Hochwasserschutzkonzept (Issel-HWSK) erstellt, in dem zahlreiche Maßnahmen zum Verbessern des Hochwasserschutzes skizziert und die Wirkungen auf Hochwasserabfluss dargestellt sind.
Verändert das HWSK die Grundwasserstände?
Viele Betroffene befürchten, dass die Probleme mit Grundhochwasser durch das Umsetzen des HWSKs zunehmen werden. „Deshalb haben wir untersucht, wie sich die Maßnahmen auf die Grundwasserstände in Hamminkeln auswirken, weil sie die Abflusssituation des Wassers vor Ort verändern. Vermutungen, nach denen sich das Problem verstärkt, können wir widersprechen. Die Maßnahmen haben nur kleinräumige und zeitlich eng umgrenzte Auswirkungen auf das Grundwasser“, erklärt Projektleiter Joachim Steinrücke von der ProAqua Ingenieursgesellschaft für Wasser- und Umwelttechnik.
Umfangreiche Daten gesammelt
Aufbauend auf Recherchen und Analysen und mit Hilfe von digitalen Instrumenten wurde für das untersuchte Gebiet ein umfangreiches dreidimensionales Grundwassermodell aufgestellt, das den Istzustand beschreibt. „Auf Basis dieses Modells haben wir verschiedene Szenarien berechnet. Neben den Auswirkungen des HWSKs haben wir auch die Grundhochwasserproblematik ganz allgemein untersucht“, so Steinrücke. Dabei wurde auf regelmäßigen Veranstaltungen und durch Infomaterialien besonders auf Kritik und Anregungen der Betroffenen wie Landwirten, Anwohnern, Behörden, der Wasserwirtschaft und den Betreibern der künstlichen Seen, die bei Hochwässern geflutet werden, eingegangen, um die von Schuldzuweisungen und Missverständnissen geprägte Diskussion auf eine sachliche Ebene zu bringen.
Überraschende Ergebnisse
Im Projekt wurde untersucht, wie sich verschiedene Maßnahmen, wie zum Beispiel das Steuern der Rheinpolder, also Rückhalteräume bei Hochwässern, auf das Grundwasser auswirken. Steinrücke: „Die Polder haben geringeren Einfluss auf die Grundhochwässer als erwartet. Auch die künstlichen Seen im Rheinvorland, die neben den Poldern oft als Ursache der Grundhochwässer gesehen werden, wurden untersucht. Im Nahbereich des Rheins haben diese sogar teilweise einen positiven Effekt auf eindringendes Grundwasser.“ Die Probleme ließen sich vielmehr auf eine Kombination von Flusshochwasser und anhaltende Niederschläge zurückführen. Um die Probleme zu verringern, seien erste Maßnahmen skizziert worden, die aber noch weiter untersucht werden müssen.
Ansprechpartner bei Fragen zum Projekt (AZ 34296): Joachim Steinrücke, Tel. 0241|9499210