Volkenroda. Dass mehr Engagement für eine bessere Luftqualität dringend nötig ist, ist unstrittig: 47.000 vorzeitige Todesfälle jährlich in Deutschland führt das Umweltbundesamt auf den Ausstoß von Schadstoffen im Straßenverkehr, in der Industrie und durch Baumaschinen in städtischen Ballungsräumen zurück, in denen 35 Prozent aller Menschen leben. Und es sind gerade einkommensschwächere Bevölkerungsschichten, die oft keine andere Möglichkeit haben, als in der Nähe von Industrie- und Verkehrszentren zu wohnen. Die Folge: erhöhte Anfälligkeiten vor allem für Atemwegserkrankungen. Wie die Situation verbessert werden kann, stand jetzt im Blickpunkt der Internationalen Sommerakademie der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Volkenroda, bei der Vertreter von Kommunen, aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und der Zivilgesellschaft diskutierten. Die Ergebnisse sollen nach sorgfältiger Analyse in Handlungsansätze und integrative Lösungsstrategien einfließen und Impulse setzen für ein Umsteuern.
Für Umwelt und Klima erhebliche Risiken
„Saubere Luft zum Atmen ist überlebenswichtig, aber nicht selbstverständlich. Die Weltgesundheitsorganisation sieht in der Luftverschmutzung das weltweit größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko. Aber auch für Umwelt und Klima sind damit zum Teil erhebliche Risiken verbunden“, begründet der stellvertretende DBU-Generalsekretär Prof. Dr. Werner Wahmhoff das Engagement der Stiftung für das Thema. Die Verbesserung der Luftqualität sei ein zentrales Ziel nachhaltiger Entwicklung und gründe sich auf den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen.
Minderungsstrategien für Luftschadstoffe in städtischen, ländlichen und Innenräumen im Blick
Nach einer Einführung in die besonders relevanten Zusammenhänge des Themas betrachteten die Teilnehmer in parallelen Arbeitskreisen Ursachen, Herausforderungen und Minderungsstrategien für Luftschadstoffe in der Stadt, auf dem Land und in Innenräumen. Dabei orientierten sie sich unter anderem an folgenden Fragen: Welche Zielkonflikte und Synergien bestehen? Wie kommt man vom Wissen zum Handeln? Zu den Experten gehörten unter anderem Prof. Dr. Claudia Hornberg, Vorsitzende des Sachverständigenrates für Umweltfragen, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Elisabetta Vignati, Leiterin der Abteilung Luft und Klima des Joint Research Centers der Europäischen Kommission, Christoph Erdmenger, Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Leiter der Abteilung Nachhaltige Mobilität, und Gesa Schöneberg, Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen.
Bemühungen der Automobilindustrie? Mehr Erdgasmodelle notwendig
Mit Blick auf die aktuellen Diskussionen um die Automobilindustrie betonte Wahmhoff, es müssten mehr Modelle etwa mit auf Erdgas ausgerichteten Motoren auf den Markt kommen, solange die auf Ökostrom ausgerichtete Elektromobilität noch nicht flächendeckend zur Verfügung stehe. Dabei sei es nicht damit getan, Benziner auf Erdgas umzurüsten, weil dabei sehr viel Potenzial ungenutzt bleibe. Viel effektiver sei es, die Motoren speziell auf den Kraftstoff Erdgas abzustimmen.
Innovativer Erdgasmotor bringt weniger Stickoxid- und Rußpartikel-Ausstoß
Dass das funktionieren könne, habe ein DBU-gefördertes Projekt bewiesen. Wahmhoff: „Mit einem innovativen Erdgasmotor wurde gezeigt, dass durch eine entsprechende Weiterentwicklung gegenüber dem Diesel nicht nur vergleichbar geringe Kohlendioxidemissionen darstellbar sind, sondern Stickoxid- und Rußpartikel-Ausstoß deutlich reduziert werden können.“
Auch für landwirtschaftliche Fahrzeuge Gasmotoren geeignet
Gasmotoren seien aber auch für landwirtschaftliche Fahrzeuge geeignet, wie jüngst in einem DBU-geförderten Forschungsvorhaben gezeigt wurde: Sowohl Anforderungen bezüglich Schadstoffausstoß als auch Leistungscharakteristik würden erfüllt. Wahmhoff: „Damit bietet der Gasmotor das Potenzial, auch schärfere Abgasgrenzwerte einhalten zu können und einen deutlichen Beitrag zur Umweltentlastung zu leisten.“
DBU-Einsatz für emissionsarme Verbrennungstechniken in Kaminöfen
Und um die strengeren Grenzwerte der Bundes-Immissionsschutzverordnung einhalten zu können, unterstützte die DBU emissionsarme Verbrennungstechniken: Der Kaminofen „NEKO“ habe in einem Vergleichswettbewerb in den USA einen der besten Wirkungsgrade erzielt und in den Testläufen einen der niedrigsten Emissionswerte von Feinstaub und Kohlenstoffmonoxid. Und ein um Titandioxid angereicherter Beton sorgte am Zentralen Omnibusbahnhof in Detmold dafür, dass die gesundheitsgefährdenden Stickoxide verringert werden konnten. Auch Stipendiaten der DBU hätten sich etwa befasst mit Themen wie der Senkung des Schadstoffausstoßes in der Luftfahrt, dem Einfluss industrieller Luftverschmutzung auf den Waldzustand oder den Auswirkungen von Luftschadstoffen aus dem Straßenverkehr auf die Bausteine von Gebäuden.