Magdeburg. Auf dem Weg, Asbest, das zu Lungenkrebs führt, durch einen alternativen Stoff zu ersetzen, der gleichzeitig aber die positiven Eigenschaften des Asbests in sich vereinigt, ist jetzt ein entscheidender Schritt getan. In Magdeburg wurde heute nach zweieinhalbjähriger Entwicklungsphase eine Versuchsanlage in Betrieb gesetzt, die einen aus Teflon bestehenden Kunststoff als Asbestersatz für die Elektrochemie produziert. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück), die dieses Projekt der Magdeburger Energie- und Umwelttechnik GmbH mit über 1,2 Millionen Mark finanzierte: "Damit ist es endlich möglich, das krebsfördernde Asbest aus einem seiner letzten großen Einsatzgebiete zu tilgen."
"Die Ablösung von Asbest ist zwingend"
Als eines seiner ersten großen Projekte hatte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die seit dem 1. März 1991 in den Bereichen Umweltforschung, -technik und -bildung innovative Projekte fördert, im Frühjahr 1992 das Placet zur Entwicklung der neuartigen Mikrofaser aus Polytetrafluorethylen (PTFE) gegeben. Hauptziel war es, den Ersatzstoff zu entwickeln und für den großtechnischen Einsatz vorzubereiten. Brickwedde: "Die Ablösung von Asbest aus der industriellen Anwendung war aus umwelttechnischer Sicht eine absolut zwingende Aufgabe." Letzte Asbestbastion sei die Elektrochemie gewesen, in der für spezielle technische Verfahren die Faserstruktur von Asbest bisher unabdingbar gewesen sei.
Ein Stoff, der alles kann, was Asbest vermag - ohne krank zu machen
So sei zunächst in Zusammenarbeit mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Chemie GmbH Bitterfeld/Wolfen eine kleintechnische Versuchsanlage entwickelt und errichtet worden, in der Verfahren und Faserqualität optimiert worden seien. Mit dem Ergebnis, daß schließlich ein Asbestersatzstoff entstanden sei, der für den Menschen absolut verträglich, chemisch gegenüber nahezu allen Stoffen stabil und bis zu 250 Grad hitzebeständig sei. Brickwedde: "Daraus resultiert die große Einsatzbreite." Die Faser und ihr Herstellungsverfahren sind zwischenzeitlich patentrechtlich geschützt. Für den Einsatz in der Elektrochemie trägt sie den geschützten Handelsnamen Dia-Fibre.
Interesse der Chemischen Industrie in Europa
Schließlich seien dann die Ergebnisse der ersten Phase in die nun fertiggestellte, großtechnische Versuchsanlage umgesetzt worden, die wie im Labor über das spezielle Wirbelschichtverfahren nun die Möglichkeit biete, technologisch elegant und wirtschaftlich PTFE-Fasern auch in größeren Mengen herzustellen. Mit ihnen könnten Trennwände für Elektrolysezellen - sogenannte Diaphragmen - für die Chloralkalie-Elektrolyse hergestellt werden, sie könnten unter anderem in der Filtration von Flüssigkeiten und Gasen oder für die Entwicklung druckfester, nichtfließender Dichtungen eingesetzt werden. Dr.-Ing. Hans-Joachim Künne von der Magdeburger Energie- und Umwelttechnik: "Das Interesse, mit dem die Chemische Industrie Europas die Entwicklungsarbeiten bei uns beobachtet hat, läßt darauf schließen, daß wir einen wichtigen und richtigen Ansatz zur Lösung der aktuellen Probleme gefunden haben."