Osnabrück. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) empfiehlt, mit Blick auf den Welttag des Bodens am 5. Dezember, dessen Nutzen als Wasserspeicher und Kohlenstoffsenke stärker als gesellschaftlichen Vorteil anzuerkennen – auch finanziell. Klimarelevante Dienstleistungen müssten honoriert werden, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.
„Eine Zertifizierung von CO2-Kompensationen könnte für Waldbesitzerinnen und -besitzer einen Anreiz darstellen, klimawirksame Strukturen im Wald zu fördern“, so Bonde weiter. Gerade der Boden sei wegen seiner Kohlenstoff- und Wasser-Speicherkapazitäten hochgradig klimarelevant. In diesem Zusammenhang kann nach Bondes Worten die Bedeutung des Waldes nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Trockenheit der vergangenen drei Jahre habe dies auf drastische Weise vor Augen geführt. Bonde: „Daraus müssen wir lernen. Es gilt, Wasser in der Landschaft und damit auch im Wald zu halten. Besondere Relevanz können in diesem Kontext die Waldmoore haben.“
Mit der zunehmenden Anzahl von Extremwetterereignissen wie Stürmen, Starkregen und anhaltender Trockenheit als Folge der Erderwärmung werde der Klimawandel spürbar zur Realität. Vor allem nassen Moorböden komme eine doppelte Schlüsselrolle zu: beim Klimaschutz und bei der Klimafolgenanpassung. Bonde: „Sie sind eine Kohlenstoffsenke und verhindern, dass die Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Lachgas entweichen. Und sie funktionieren auch als Wasserspeicher.“ Das wird nach Bondes Worten in Zukunft immer wichtiger, denn die Erwärmung über der globalen Landfläche steige nach Expertenmeinung deutlich über das durch das Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarte Ziel von zwei Grad, das lediglich einen globalen Durchschnittswert markiere. Somit sei damit zu rechnen, dass auch die Trockenheit weiter anhalten werde.
Digitales Entscheidungs- und Unterstützungssystem hilft beim Wiedervernässen von Waldmooren
Anhand der durch die Trockenheit sichtbar absterbenden Fichten und Buchen wird Bonde zufolge deutlich, dass auf Seiten der Waldbewirtschaftung alles getan werden muss, um das Wasser in der Landschaft zu halten. Besondere Chancen bieten hierbei die Waldmoore. Dr. Reinhard Stock, DBU-Referatsleiter Naturschutz ergänzt: „Der oftmals mehrere Meter mächtige Torfkörper der Waldmoore ist in der Lage, große Mengen an Wasser zu speichern und in Trockenperioden wieder in die Umgebung abzugeben. Damit wirken Waldmoore stabilisierend auf den lokalen Wasserhaushalt und haben einen positiven Einfluss auf das Binnenklima.“
Die DBU hatte mit einem Vorhaben eine internetbasierte Beratungs- und Planungshilfe fachlich und finanziell gefördert, mit deren Hilfe schrittweise aus einem entwässerten und damit klimaschädlichen Waldmoor wieder ein nasses und damit klimaschützendes wird: Das DSS WAMOS – eine „Decision Support System“-gestützte Managementstrategie für Waldmoore. Es wurde ein digitales Entscheidungshilfesystem entwickelt, welches dann zusammen mit den Forsteinrichtungen in den Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen, Bayern und Mecklenburg in der Praxis erprobt wurde. Es gibt zwar mehr Moore, die landwirtschaftlich genutzt werden, doch allein im Bundesland Brandenburg liegen etwa 38.000 Hektar Moore im Wald, im Land Mecklenburg-Vorpommern sind es rund 52.000 Hektar. Prof. Dr. Jutta Zeitz, Projektleiterin und emeritierte Professorin bei der Humboldt-Universität zu Berlin: „Wir sind sehr froh, dass das DSS WAMOS im Ergebnis des von der Landesforst Brandenburg geförderten Projektes ‚Erfolgskontrolle der Moorrenaturierungsmaßnahmen der Landesforst Brandenburg und Ableitung zukünftiger Managementmaßnahmen‘ bis Ende 2021 durch die Moorexpertinnen der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde unter Leitung von Prof. Vera Luthardt aktualisiert und erweitert werden kann.“
Zertifizierung von CO2-Kompensationen als finanzieller Anreiz
Aus Sicht von DBU-Generalsekretär Bonde brauchen Privatwaldbesitzerinnen und -besitzer mit kleinen Parzellen Anreize, um so zu wirtschaften, „dass sich Faktoren mit Klimarelevanz wie das Wiedervernässen degradierter Moorstandorte für sie lohnen“. Das gelte etwa für diejenigen, die vom Holzverkauf wirtschaftlich abhängig seien. Laut dritter Bundeswaldinventur ist immerhin fast die Hälfte des deutschen Waldes in Privatbesitz, überwiegend klein strukturiert und zersplittert. Das umfasst eine nicht unerhebliche Flächengröße von 5,5 Millionen Hektar. Flächenmäßig nehmen die Waldmoore zwar nur einen kleinen Teil davon ein, aber sie speichern im vernässten Zustand im Mittel vier- bis sechsmal mehr Kohlenstoff als der mineralische Waldboden. In früheren Zeiten setzten die Waldbauern auf das Entwässern der Moore, um überhaupt Bäume anpflanzen zu können.
Das Problem: „Degradierte, also entwässerte Moore setzen ein hohes Maß an Treibhausgasen frei, mehr als alle anderen Böden“, sagt Moorexpertin Susanne Belting, Leiterin des DBU Naturerbe. Die Tochtergesellschaft ist verantwortlich dafür, dass sich bundesweit 71 Flächen des Nationalen Naturerbes mit 70.000 Hektar naturnah entwickeln. Dazu gehört nach Beltings Worten auch das Wiedervernässen von Mooren im Wald. Selbst anmoorige Böden, also nasse, sauerstoffarme mineralische Böden würden wegen ihres hohen Kohlenstoff-Anteils eine große Rolle in der Klimabilanz spielen. Das Wiedervernässen von Mooren sei deshalb „das Gebot der Stunde“, doch die Zeit dränge. Denn, so Belting, „die anhaltende Trockenheit verzögert, dass sich Moore wie beispielsweise das Möllersche Luch in der Rüthnicker Heide in Brandenburg erholen“.
Wenn CO2-Kompensationen entsprechend zertifiziert werden, kann ein solches Instrument nach Einschätzung des DBU-Generalsekretärs „ein Anreiz sein, um Ökosystemdienstleistungen des Waldes zu vergüten“. Das sei auch einhellige Meinung eines kürzlich per Videokonferenz durchgeführten digitalen Expertenaustauschs der DBU zur Zukunft der Wälder gewesen, so Bonde. Die Stiftung verstehe sich in der Debatte als „Brückenbauerin zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft“.