Klima-Kälte ohne Öko-Reue: Neue Technik schont Umwelt und Geldbörse
TU Hamburg-Harburg nutzt Abwärme von Blockheizkraftwerken und Erdsonden als Alternative - DBU fördert mit über 100.000 Euro
Hamburg. Deutschland schwitzt! Doch der Druck auf den Einschaltknopf der Klimaanlage produziert bei vielen Zeitgenossen Gewissensbisse: Hoher Energiebedarf quält unter ökologischen Aspekten - und deftige Kosten sorgen später für Hitzewallungen beim Blick auf die Jahresrechnung des Energieversorgers. Das muss nicht sein! Die Technische Universität Hamburg-Harburg hat jetzt in dem Gebäude einer Firma für Bordmesstechnik in Hamburg-Stellingen nachgewiesen, dass eine umweltfreundliche und wirtschaftliche Klimatisierung ohne Kältemaschine möglich ist. Der Clou: Die Wissenschaftler nutzen die Abwärme von Blockheizkraftwerken (BHKW), die im Sommer über eine geringe Nachfrage nach Wärme klagen, und das kühle Erdreich über Sonden. Unterstützt wurde das Projekt mit über 100.000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Abkühlen und Entfeuchten der Außenluft zieht viel Energie
Die Klimatisierung von Gebäuden erfordert ein Abkühlen und Entfeuchten der Außenluft, wobei Letzteres in der Regel die größere Energiemenge schluckt. Stand der Technik ist der Einsatz elektrisch betriebener Kälteanlagen. Hier wird die Luft unter den Taupunkt abgekühlt, um den Dampf auszukondensieren, das Wasser also trennen zu können. Anschließend muss die nun trockene Luft wieder auf das gewünschte Niveau erwärmt werden.
Nutzung der Fußbodenheizung im Sommer zur Kühlung
In der Demonstrationsanlage in Hamburg wurde ein Klimatisierungskonzept bestehend aus einem Adsorptionsrad - einer Art sich drehendem Filter -, einem BHKW und Erdsonden umgesetzt. Die Besonderheit: getrocknet wird die Luft nicht mehr unter Einsatz der hochwertigen Energie Strom, sondern durch das Adsorptionsrad und die Abwärme des BHKW. Die trockene Frischluft wird mit der Kälte aus den Erdsonden auf die gewünschte Temperatur gebracht. Weitere Besonderheit: Die Nutzung der Fußbodenheizung im Sommer zur Kühlung. Wird üblicherweise die gesamte Kühlung über den Austausch von Luft bewerkstelligt - was oft zu den bekannten unangenehmen Zugerscheinungen aufgrund der großen Luftmengen führt -, wird hier der Fußboden zum Flächenkühler. Die Anlage wurde mit entsprechender Messtechnik ausgestattet, um Wirtschaftlichkeit und Energiebedarf mit herkömmlichen Systemen vergleichen zu können. Zwei Jahre lang wurde der Sommer- und Winterbetrieb begleitet.
14 Prozent höheren Primärenergiebedarf gespart
In der Betrachtung eines ganzen Jahres wurde festgestellt, dass ein vergleichbares Gebäude mit einem herkömmlichen Klimatisierungssystem einen um 14 Prozent höheren Primärenergiebedarf aufweist. DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde: "Gegenüber einer elektrisch betriebenen Nur-Luft-Klimaanlage ist die Demonstratrionsanlage wegen der vergleichbaren Investition und der erheblich niedrigeren Betriebskosten von Anfang an wirtschaftlich. Die Klimatisierung von Gebäuden wird sich zukünftig auch in gemäßigten Klimazonen weiter verbreiten. Insofern kommt dem Projekt und seinen Ergebnissen vor allem aber auch ökologisch eine besondere Bedeutung zu."
Ansprechpartner zum Projekt: Prof. Dr.-Ing. Gerhard Schmitz, Telefon 040/428780, E-Mail schmitz@tu-harburg.de.