Benediktbeuern. Im historischen Meierhof des Klosterdorfes Benediktbeuern wird es bald eine neue Bildungsstätte geben, die jugendlichen Besuchern ein vertieftes Verständnis zu ihrer Umwelt vermitteln und ihnen bei der Integration dieses Verständnisses in ihren Lebensalltag und damit in ihr persönliches Verhalten helfen will. Das Kuratorium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) unter Vorsitz von Bundesbankpräsident Dr. Hans Tietmeyer sprach sich jetzt dafür aus, dem Zentrum für Umwelt und Kultur am Klosterstandort unmittelbar an den Vorbergen der Bayerischen Alpen für den Aufbau knapp sechs Millionen Mark zur Verfügung zu stellen. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der größten Umweltstiftung Europas: "Insgesamt bietet das Projekt in seiner Einbettung im Kloster Benediktbeuern ein unverwechselbares und einmaliges Profil innerhalb der deutschen Bildungseinrichtungen."
Große Nachfrage nach Umwelt und Kultur
Im Rahmen einer Pressekonferenz im Kloster ging Brickwedde heute auf Einzelheiten des Projektes ein. Das 1989 gegründete Zentrum für Umwelt und Kultur führe seit mehreren Jahren den Schwerpunkt Umwelt-Jugendbildung - und das mit nachhaltiger Beliebtheit. Die Zahl der umweltpädagogischen Veranstaltungen und ihrer Teilnehmer sei in einem derartigen Maße gestiegen, daß die Jugendherbergen von Benediktbeuern zum Teil nur noch ein Viertel der Anfragen berücksichtigen könnten.
Umweltbildung fortan bei jedem Wetter
Dabei könnten die bei Jugendlichen sehr gefragten Umwelttage und Umweltwochen bisher nur im Freien durchgeführt werden, wodurch die Bildungsmaßnahmen erheblich beeinträchtigt wären. Probleme habe es bei Schlechtwetter immer wieder bei der Vor- und Nachbereitung von Veranstaltungen gegeben. Bildungsangebote, die speziell Räumlichkeiten voraussetzen, konnten gar nicht in Angriff genommen werden.
Im historischen Meierhof sollten nun zwei Gruppenbereiche mit multifunktionalem Großraum, Materiallager, Abstellraum, sanitären Anlagen und Personalraum geschaffen werden. Außerdem entstünden Bildungsräume, Umweltbibliothek, Meditationsraum, Geräteraum für ein Freilandlabor und Zimmer für Zivildienstleistende.
Kinder und Jugendliche lernen Umweltschutz
Inhaltlich ausgelegt sei das Konzept der neuartigen Umwelt-Jugendbildungsstätte auf Grundschüler, Schüler der Sekundarstufe I, die etwa nach Möglichkeiten suchen, umweltdidaktisch aufbereitete Schullandheimaufenthalte und Klassenfahrten zu gestalten, Förderschüler der Region, behinderte Jugendliche, verbandliche Ferien- und Erholungsgruppen, interessierte und engagierte Jugendliche, die über offene Begegnungs- und Naturaktionsangebote an Wochenenden ansprechbar sind, Multiplikatoren in der Jugendarbeit und Zivildienstleistende.
Wissen vermitteln - aber ausgerichtet am Alltag junger Menschen
Um die Jugendlichen zu einem intensiveren Verständnis von Umwelt zu führen, solle mit ihnen über die Natur und deren Beeinflussung durch die Zivilisation, über die Kultur und über das durch Kultur vermittelte Verständnis von Natur diskutiert werden. Brickwedde: "Der gestaltende Umgang des Menschen mit seiner Umwelt soll dabei in seiner historischen, ökologischen, sozialen und politischen Dimension beleuchtet werden." Orientiert seien die pädagogischen Aktionen dabei am praktischen Erfahrungsschatz und dem Alltagsverständnis der Jugendlichen.
Abenteuer Tümpelsafari
Der Veranstaltungsrahmen umfasse halbtägige Aktionen wie Biotopführung, Tümpelsafari und Lehrpfadwanderungen und altersgemäß gestaltete Umwelttage, in denen es um globale Umweltthemen gehe, aber auch um konkrete Mithilfeaktionen bei Naturschutzmaßnahmen. Aber vorgesehen seien auch Umweltwochen mit je nach Alter der Jugendlichen differenzierten Themen, Umwelt-Ferienfreizeiten, offene Angebote an Wochenenden und Multiplikatorenschulungen. Zur Verwirklichung des Konzeptes seien drei haupt- und drei nebenamtliche Umweltpädagogen sowie umweltpädagogische Honorarkräfte vorgesehen.
"Überzeugendes Prinzip"
Dieses "sehr ausgefallene Vorhaben", so Brickwedde, stelle eine Vervollständigung und Weiterentwicklung des bereits seit mehreren Jahren funktionierenden Zentrums für Umwelt und Kultur dar, das mit seinen Erfolgen als außerschulische Bildungseinrichtung aufgrund seines ganzheitlichen Konzeptes seinesgleichen suche. Brickwedde: "Überzeugend ist das durchgehende Prinzip der Vernetzung, in das auch Wissenschaft und Forschung, pädagogische Praxis und Ausbildung eingebunden sind wie auch die Berücksichtigung theologischen Denkens und ökologischer Fragestellungen als wichtiger Bestandteil der Konzeption des Zentrums."
Auch Pädagogen in Ausbildung einbeziehen
Die Klosteranlage biete mit ihrem Ensemble unterschiedlicher Bildungseinrichtungen hervorragende Voraussetzungen für den Aufbau einer Jugend-Bildungsstätte. Die pädagogisch nutzbare Infrastruktur wie Naturlehrstation, Lehrbiotope, Beobachtungsstände und Wetterstationen, aber auch die naturräumlichen Möglichkeiten in der Umgebung mit Kochelsee, Wildfluß Loisach, Voralpenbergen, Naturschutzgebieten und Moorflächen lasse sich mit Blick auf die Zielsetzung hervorragend nutzen. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung dürften die Impulse sein, die im Hinblick auf Pädagogen und zukünftige Pädagogen ausgeübt werden. Bewußt seien in das Vorhaben Schwerpunkte integriert, die eine Verknüpfung des Projekts mit der Ausbildung von Studenten der Fachhochschule für Sozialwesen im Studienschwerpunkt "Umwelt und Kulturpädagogik" sowie der Lehrer-Aus- und Fortbildung vorsähen.
Insofern passe Benediktbeuern sehr gut in das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt verabschiedete Rahmenkonzept für die Förderung von Umweltbildungseinrichtungen in Deutschland. Über dieses Rahmenkonzept wurden bisher 27 Einrichtungen mit einem Gesamtfördervolumen von rund 65 Millionen Mark unterstützt.