Joosten: Moor muss nass!

Deutscher Umweltpreis für Forscher der Uni Greifswald

Osnabrück. Drei Wörter reichen Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joosten für seine lebenslange Mission: „Moor muss nass!“ Nun erhält der 1955 in Liessel in der niederländischen Provinz Noord-Brabant geborene Moorkundler für seine Forschung sowie seinen jahrzehntelangen Kampf gegen Moor-Entwässerung und damit für mehr Klimaschutz einen der höchstdotierten derartigen Auszeichnungen Europas: Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) würdigt Joostens Leistungen mit dem Deutschen Umweltpreis. Joosten teilt sich den Preis in Höhe von insgesamt 500.000 Euro mit der international renommierten Wissenschaftlerin Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese. Beiden wird der Preis am 10. Oktober in Darmstadt durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreicht.

Bonde: Joostens Arbeit ist höchst wertvoll

DBU-Generalsekretär Alexander Bonde nennt Joostens Arbeit „höchst wertvoll. Er steht wie kaum ein anderer dafür, dass wir die Moore als Klimaschützer brauchen.“ Die Moore seien „unverzichtbare Verbündete“ im Kampf gegen die Klimakrise. Bonde: „Weltweit ist bereits etwa ein Fünftel der Moore entwässert. Und in Deutschland sogar schon nahezu 95 Prozent, mit gravierenden Folgen für die Treibhausgas-Emissionen.“ Wiedervernässung und Wiederherstellung der Lebensräume seien „das Gebot der Stunde“ und „ein entscheidender Schlüssel“, um auf natürlichem Weg Kohlendioxid (CO2) zu binden. Joosten habe überdies den Begriff „Paludikultur“ geprägt, „die naturverträgliche Nutzung von Mooren und damit die Wiederherstellung dieses für den Klimaschutz so wichtigen Lebensraums“.

„Die Entwässerung von Moorböden heizt den Klimawandel an“

Joosten ist nach Biologie-Studium sowie verschiedenen wissenschaftlichen Stationen in den Niederlanden 1996 an das Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Universität Greifswald gewechselt. Dort hat er seitdem bis zu seinem gerade begonnenen Ruhestand geforscht und gelehrt. Der Deutsche Umweltpreis erkenne an, „wie schön und vor allem wie wichtig für den Klimaschutz Moore sind, weil sie auf drei Prozent der Landfläche der Erde doppelt so viel Kohlenstoff in ihren Torfen speichern wie alle Wälder der Welt auf rund 30 Prozent der Landfläche in ihrer Biomasse.“ In den Mooren der Welt haben sich nach Joostens Worten über Tausende Jahre rund 600 Gigatonnen, also 600 Milliarden Tonnen, Kohlenstoff angesammelt – „mehr als die gesamte Biomasse der Erde“. Joosten warnt jedoch: „Die Entwässerung von Moorböden, vor allem für land- und forstwirtschaftliche Nutzung, heizt den Klimawandel an, weil dadurch enorme Mengen an Treibhausgasen freigesetzt werden.“ Denn das Moor zersetzt sich, gibt CO2 frei, der Treibhausgas-Ausstoß steigt – und damit die Klimagefahr. Joosten zufolge sind Treibhausgas-Emissionen aus entwässerten Mooren bundesweit für sechs bis sieben Prozent der gesamten deutschen Emissionen verantwortlich, „mehr als der gesamte in Deutschland startende Flugverkehr“, so der Moorkundler.

Weltweit größte Moorbibliothek als globales Kenntnis- und Kulturzentrum zu Mooren

Mit dem Preisgeld will Joosten die am Greifswald Moor Centrum (GMC) beheimatete und mit etwa 25.000 Publikationen weltweit größte Moorbibliothek „PeNCIL“ zu einem globalen Kenntnis- und Kulturzentrum zu Mooren ausbauen. Das 2015 gegründete GMC ist eine Kooperation von Universität Greifswald, Michael Succow-Stiftung und dem Verein „Duene“. Ziel des GMC ist das, wofür sich Joosten zeit seines Forscherlebens eingesetzt hat und weshalb er nun von der DBU ausgezeichnet wird: natürliche Moore vor Entwässerung schützen, degradierte (also trockengelegte) Moore wiedervernässen und Moore lediglich nass nutzen. Joosten schuf dafür den Begriff „Paludikultur“, eine mittlerweile in Fachkreisen weltweit genutzte Beschreibung für eine klimaschonende landwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore. Das heißt: Die Biomasse wird zwar verwendet – „aber so, dass die Moore nicht entwässert werden, kein CO2 und Lachgas entweichen und die Mooroberfläche nicht weiter nach unten sackt“, sagt Joosten. Ein Landwirt könne künftig „auch Schilf, Rohrkolben, Sonnentau oder Torfmoos anpflanzen“, so der Vater von zwei Töchtern. Rohrkolben dienen etwa als Dämm- und Baumaterial, Torfmoos könnte den Gartenbau revolutionieren: Zusammen mit GMC-Co-Leiterin Dr. Greta Gaudig treibt Joosten entsprechende Forschungen voran. Das Ziel: Torfmoos-Anbau als Ersatz für fossilen Torf – und als Instrument gegen Moor-Entwässerung und Treibhausgas-Emissionen.

Forschungsreisen in die Moorgebiete der Welt – von Alaska bis nach Nordkorea

In mehr als 600 wissenschaftlichen Publikationen, darunter Standardwerken, und auf vielen Forschungsreisen in die Moorgebiete der Welt – von Alaska über den Kongo bis nach Nordkorea – hat der designierte Umweltpreisträger auf all diese Zusammenhänge hingewiesen und neue Entdeckungen gemacht – etwa das mittlerweile als Weltnaturerbe anerkannte Regendurchströmungsmoor in Georgien. Für die Politik hat Joosten eine klare Botschaft: „Nimmt man das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 ernst – also eine Begrenzung der Erderwärmung auf mindestens zwei Grad Celsius und möglichst 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter –, muss allein Deutschland ab sofort pro Jahr 50.000 Hektar Moorfläche wiedervernässen.“

Hinweis: Links zu weiteren Informationen finden Sie unten.

Visionär und Kämpfer: Seit Jahrzehnten setzt sich Hans Joosten für den Kampf gegen Moor-Entwässerung ein. Außerdem hat er als Experte der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen UNFCCC und als Co-Autor im Weltklimarat IPCC entscheidend zum Moorschutz beigetragen. Am 10. Oktober wird er für seine Leistungen mit dem Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ausgezeichnet. Den Preis überreicht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
© Jongebloed/DBU
Ein Archiv der Moore: Seit 1996 leitet Hans Joosten (im Bild mit der Co-Leiterin des Greifswald Moor Centrums, Greta Gaudig) die Arbeitsgruppe (AG) Moorkunde und Paläoökologie am Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Universität Greifswald. Teil dieser AG ist das Torfprofil-Lager (Foto). Darin enthalten: eine Probe des von Joosten mit anderen weltweit ersten entdeckten sogenannten Regendurchströmungsmoores in Georgien – erst seit Kurzem als Weltnaturerbe anerkannt. Am 10. Oktober in Darmstadt erhält Joosten für seine Forschungen den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
© Jongebloed/DBU
Torfmoos als Alternative: Moorforscher Hans Joosten arbeitet mit anderen intensiv daran, Alternativen zur Nutzung von fossilem Torf etwa für den Gartenbau zu etablieren – und so das Moor vor Torfabbau und Entwässerung zu schützen. Zur Forschung in Greifswald zählt eine Versuchsreihe mit Torfmoosarten aus Europa (Bild) – alles, um einer Mission Joostens näher zu kommen: „Moor muss nass“, so der Generalsekretär der International Mire Conservation Group. Am 10. Oktober wird Joosten in Darmstadt für seine Leistungen mit dem Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ausgezeichnet.
© Jongebloed/DBU
Geballtes Moor-Wissen: Die Bücherei des Greifswald Moor Centrums (GMC) gilt schon jetzt als weltweit größte Moorbibliothek. Moorforscher Hans Joosten (hier mit GMC-Co-Leiterin Greta Gaudig) erhält für seinen jahrzehntelangen Kampf gegen Moor-Entwässerung und somit für mehr Klimaschutz am 10. Oktober in Darmstadt den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt aus der Hand von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Mit dem Preisgeld will Joosten aus der Moor-Bibliothek ein globales Kenntnis- und Kulturzentrum zu Mooren machen.
© Jongebloed/DBU
Harte Arbeit: Mit tatkräftiger Unterstützung nimmt Hans Joosten in einem Moor im nordiranischen Alburs-Hochgebirge bis zu zwölf Meter tiefe Torfbohrungen vor (Foto). Ein Forschungsergebnis: Es konnten erstmals bis zu 20.000 Jahre kontinuierliche Waldgeschichte in diesem Gebiet rekonstruiert werden. Am 10. Oktober erhält Joosten für seinen jahrzehntelangen Einsatz im Dienste von Moor- und Klimaschutz den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Der Preis wird von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreicht.
© Greifswald Moor Centrum

#uwp21

Medien & Infos