Osnabrück. Weihnachtsbaumkulturen in einer intensiv genutzten Landschaft haben einen hohen Wert als Lebensraum für gefährdete Brutvogelarten. Im Vergleich zu konkurrierenden Landnutzungstypen weisen Weihnachtsbaumkulturen sogar mit Windwurfflächen die größte Vielfalt und die höchsten Dichten gefährdeter Brutvogelarten auf. – Das ist das Ergebnis einer umfassenden Analyse, die die Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie der Universität Osnabrück mit der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen im mit 18.000 Hektar wichtigsten Produktionsgebiet von Weihnachtsbäumen in Europa, dem Sauerland, erstmals erstellt hat. Danach konnten in den Kulturen für die Rote-Liste-Arten Baumpieper, Bluthänfling, Fitis, Goldammer und Heidelerche hohe Dichten nachgewiesen werden. Dem Vorkommen der Heidelerche wurde sogar eine landesweite Bedeutung beigemessen. Fachlich und finanziell mit rund 198.000 Euro wurde die Untersuchung von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.
Milchquotenregelung „Geburtshelfer“ für systematischen Anbau
Die Einführung der Milchquoten in den 80er-Jahren in der damaligen Europäischen Gemeinschaft war „Geburtshelfer“ für den systematischen Anbau von Weihnachtsbäumen, erinnert Prof. Dr. Thomas Fartmann von der Universität Osnabrück. Weil Grünland nicht mehr als Weideland benötigt worden sei, sei es für das Anlegen von Weihnachtsbaumkulturen (WBK) umgewandelt worden, die allerdings Intensivkulturen seien: mit dem Einsatz von Dünger, Herbiziden (gegen Wildkräuter), Fungiziden (gegen Pilze) und teilweise Insektiziden (gegen Insekten). Herbizide würden in aller Regel bei der Flächenvorbereitung und mindestens in den ersten drei bis vier Standjahren ausgebracht. Obwohl die Anbaufläche für WBK ständig wächst, seien ökologische Untersuchungen zu dieser Nutzungsform sehr selten, zur biologischen Vielfalt auf solchen Flächen kaum etwas bekannt, so Fartmann.
Sauerland: Ruhrgebiet-Nähe und günstige Umweltbedingungen
Die Entwicklung des Sauerlandes zum bedeutendsten Produktionsgebiet von Weihnachtsbäumen in Europa hätten zwei Faktoren begünstigt: die räumliche Nähe zum Absatzmarkt Ruhrgebiet und die günstigen Umweltbedingungen für die Produktion von Weihnachtsbäumen. Die durchweg relativ nährstoffarmen Böden, das kühle Mittelgebirgsklima und eine kurze Vegetationsperiode verhinderten ein zu starkes Höhenwachstum und begünstigten den von den Käufern gewünschten stufigen Aufbau der Bäume.
Naturschutzfachliche Relevanz des Vorhabens ausgesprochen hoch
Für die vorherrschenden Landnutzungstypen im Sauerland seien jeweils sechs Untersuchungsflächen ausgewählt, Bodenproben entnommen und Vögel, Laufkäfer und Spinnen als Indikatorgruppen erfasst worden. Darüber hinaus seien floristisch-vegetationsökologische Untersuchungen durchgeführt, die Biotoptypen und die Landschaftsstruktur vergleichend untersucht worden. DBU-Referent Dr. Reinhard Stock: „Die Aktualität und die naturschutzfachliche Relevanz des Vorhabens sind ebenso wie die Praxis- und Anwendungsrelevanz ausgesprochen hoch. Die Ergebnisse und Empfehlungen werden zusammen mit den Kooperationspartnern, den Weihnachtsbaumproduzenten und Fachbehörden zielgruppenspezifisch kommuniziert.“
Ansprechpartner für Fragen zum Projekt (AZ 33141): Prof. Dr. Thomas Fartmann, Tel.: 0541|969-3494