Osnabrück. Wenige Tage, bevor die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) am 10. Oktober in Darmstadt den Deutschen Umweltpreis (UWP) in Höhe von 500.000 Euro zu gleichen Teilen an die Ökologin Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese und den Moorforscher Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joosten verleiht und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier diesen Preis überreicht, widmet sich traditionell ein DBU-Symposium einem Zukunftsthema. Dieses Jahr dreht sich alles um Wälder und nachhaltige Holznutzung – und darum, ob und wie Klima- und Ressourcenschutz davon profitieren. Anmeldungen für das digitale UWP-Symposium am Montag, 4. Oktober, von 14 bis 16 Uhr mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie einem Impulsvortrag des früheren Direktors des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Professor Hans Joachim Schellnhuber, sind möglich unter https://www.dbu.de/@UWPSymposium21.
Pro Kubikmeter bindet Holz rund eine Tonne Kohlenstoffdioxid (CO2) – und verhindert so, dass dieses klimaschädliche Treibhausgas in die Atmosphäre gelangt und sie zerstört. „Dieses riesige Potenzial für mehr Klima- und Umweltschutz müssen wir künftig viel mehr nutzen als bisher“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Holz ist ein Kraftprotz als Kohlenstoffspeicher.“ In der Tat binden die Wälder in Deutschland laut Umweltbundesamt in der ober- und unterirdischen Biomasse derzeit rund 1,3 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Das entspricht etwa 4,6 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid – ungefähr der fünffachen Menge an jährlichen Treibhausgasemissionen hierzulande. Und: Jahr für Jahr binden Wälder bundesweit allein durch den Zuwachs der Waldbäume weitere rund 60 Millionen Tonnen CO2, geerntetes und entnommenes Holz eingerechnet.
Klimakrise setzt den Wäldern zu
Der von Mythen und Märchen umrankte Wald ist allerdings nicht nur Klimahelfer, sondern läuft angesichts der Klimakrise große Gefahr, zum Klimaopfer zu werden. Darauf weist auch Bonde hin. Nach seinen Worten sind mehrere Herausforderungen zu meistern. Bonde: „Die Wälder sind unentbehrlich im Kampf gegen den Klimawandel, könnten aber zugleich etwa infolge von Dürreperioden zum Opfer der Klimakrise werden. Wir müssen sie davor schützen.“ Wichtig sei zudem, „eine Balance zwischen Wald als Wildnis und als Holzlieferant zu finden“. Bonde: „In der nachhaltigen Holznutzung liegt ein Schlüssel für mehr Klimaschutz. Denn indem wir Holz zu langlebigen Produkten verarbeiten, bleibt es als Kohlenstoffspeicher erhalten – für Jahrzehnte.“
Lauernde Gefahr illegaler Holzeinschlag
Der DBU-Generalsekretär erinnerte an verschiedene Projekte der Stiftung, darunter solche, die die Initiative „Holz von hier“ unterstützen und regionale Holzverarbeitung stärken – ohne lange Transportwege. Ein anderes von der DBU gefördertes Vorhaben des Instituts für Holzwissenschaften (IHW) der Universität Hamburg wirft laut Bonde ein Schlaglicht auf eine lauernde Gefahr: illegaler Holzeinschlag. Das IHW-Projekt sucht nach Mitteln, Tropenholz in Papier aufzuspüren. Denn zwei Drittel der an die Erdoberfläche gebundenen Biodiversität wird den Tropenwaldökosystemen zugerechnet, die aber von Entwaldung vor allem wegen illegalen Holzeinschlags betroffen sind – eine Hauptquelle für die von Menschen verursachten CO2-Emissionen. Bonde: „Deshalb ist es elementar wichtig, durch geeignete Zertifizierungen eine Rückverfolgbarkeit auch verarbeiteter Holzprodukte zu garantieren.“ Ob und wie das gelingen kann, wird ebenfalls beim UWP-Symposium Thema sein.
Schellnhuber: Use it or lose it
Professor Schellnhuber sieht keinen Konflikt zwischen Wald als Wildnis und Forst als Ertragssystem. Es sei „kein Problem, fünf oder auch zehn Prozent des hiesigen Waldes unter strikten Naturschutz zu stellen. Im Übrigen kann man sehr wohl laufend Biomasse aus dem Wald entnehmen und dennoch ein natürliches dynamisches Gleichgewicht aufrechterhalten“, so Schellnhuber. Die Devise „use it or lose it“ (etwa: den Wald nutzen oder ihn verlieren) sei eine „gute Richtschnur im Umgang mit vielen Ökosystemen“. Der Ex-PIK-Direktor appelliert an eine sparsame und zugleich klimagerechte Verwendung von Holz, indem man traditionelles Wissen über Holzbau und nachwachsende Rohstoffe mit neuen Erkenntnissen von Datenerfassung und künstlicher Intelligenz kombiniere. Baden-Württemberg sei ein gutes Beispiel dafür. Schellnhuber: „Etwa 40 Prozent der Ein- und Zwei-Familienhäuser werden dort bereits in Fertigholzbauweise erstellt. In 10 oder spätestens 20 Jahren dürften die Kosten dafür deutlich unter denen des konventionellen Bauens liegen.“ Einen Schlüssel für nachhaltige Holznutzung sieht er in einer marktrelevanten Zertifizierung – indem zum Beispiel die Fähigkeit des Holzes, atmosphärischen Kohlenstoff zu binden, finanziell belohnt wird.
Informationen zum Deutschen Umweltpreis 2021 und den Ausgezeichneten finden sich unter diesen Links: https://www.dbu.de/umweltpreis sowie https://www.dbu.de/umweltpreis-blog/