Osnabrück. Für das Weltkulturerbe ist der Klimawandel eine der größten, aber bisher unterschätzten Risiken. National bedeutsame Bauwerke, Kunstobjekte in Kirchen und Schlössern sowie alte Baumbestände in historischen Parks leiden unter Hitzesommern, anhaltender Trockenheit und Starkniederschlägen. Dabei verfügt gerade der Kultur- und Naturerbesektor über ein immenses Klimaschutz-Potenzial, etwa durch Gebäudesanierung, Kreislaufwirtschaft und als Kohlenstoffspeicher. Ob und wie es ihm gelingt, diese zwei sprichwörtlichen Seiten einer Medaille gleichzeitig anzugehen, diskutiert morgen (15.10.) die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit Fachleuten aus Forschung und Politik in ihrer Reihe DBUdigital. Wer möchte, kann beim Online-Salon mit dem Titel „Kulturerbe und Klimawandel – wo stehen wir?“ von 13:30 bis 15 Uhr live dabei sein: https://www.dbu.de/@OnlineSalonKulturerbe.
33 Prozent des Weltnaturerbes massiv vom Klimawandel bedroht
„Die Auswirkungen des Klimawandels auf unser Kultur- und Naturerbe sind heute deutlicher denn je“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Gleichzeitig gibt es ein immenses Potenzial, über diesen Sektor den Klimaschutz voranzutreiben und den Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimaresistenten Gesellschaft zu unterstützen.“ Trotz entsprechender Berücksichtigung in politischen Grundsatzdokumenten wie den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung habe der Zusammenhang von Klimawandel und Kulturerbe nach Bondes Worten bisher wenig Beachtung im globalen Klimadiskurs gefunden. Hinzu kommt: Nach Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) sind 33 Prozent des Weltnaturerbes massiv vom Klimawandel bedroht – ein Anstieg von 26 Prozent gegenüber 2017. Bereits heute seien, so der DBU-Generalsekretär, alte Baumbestände in historischen Gärten durch Extremwetter massiv geschädigt. Doch gerade die landschaftlich wertvollen Parkanlagen verfügen nicht nur über eine hohe Artenvielfalt, sondern binden in Boden und Bäumen auch Kohlenstoff, der ansonsten als Kohlendioxid freigesetzt zur Erderwärmung beitragen würde. „Die Herausforderungen im Kultur- und Naturerbe-Bereich, aber auch der Mehrwert müssen in der aktuellen Klimapolitik sichtbar gemacht werden“, so Bonde.
Belange des Kulturerbes in der internationalen Klimaagenda berücksichtigen
„Außerdem benötigen wir für die Arbeit in der Praxis mehr Austausch und Forschung zu Schadauswirkungen und Schutz- und Anpassungsmaßnahmen“, sagt Constanze Fuhrmann, Leiterin des DBU-Referats Umwelt und Kulturgüter und Moderatorin des Online-Salons. Hier setzt ein von der Stiftung fachlich und finanziell gefördertes Projekt des Internationalen Rats für Denkmalpflege (Icomos), der Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation der Vereinten Nationen (Unesco) und des Weltklimarats (IPCC) an. Um Belange des Kulturerbes in der internationalen Klimaagenda zu berücksichtigen, erarbeitet ein internationales Team erstmalig strategische Empfehlungen. Außerdem sollen die Projekterkenntnisse in die zukünftige Weltklimarat-Berichterstattung einfließen. Zwei beteiligte Expertinnen werden auch beim Online-Salon referieren: Dr. Johanna Leissner, Wissenschaftliche Repräsentantin der Fraunhofer-Gesellschaft und Forschungsallianz Kulturerbe, Fraunhofer-EU-Büro Brüssel, sowie Dr. Birgitta Ringbeck, Leiterin der Koordinierungsstelle Welterbe im Auswärtigen Amt. Zudem wird eine der führenden Autorinnen des fünften IPCC-Sachstandsberichts, Prof. Dr. Daniela Jacob, Direktorin des Climate Service Center Germany, Helmholtz-Zentrum Hereon, bei der virtuellen DBUdigital-Veranstaltung über neue Herausforderungen mit Blick auf Klimaprognosen informieren.
Neben dem genannten Beispiel fördert die DBU seit Langem Forschungsprojekte und innovative Modellvorhaben zur Bewahrung des nationalen Kultur- und Naturerbes. Im Online-Salon der Deutschen Bundesstiftung Umwelt referieren außerdem Prof. Dr. Michael Rohde, Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, und Dr. Ulrike Wendland, Geschäftsführerin des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Eine Diskussion mit den Teilnehmenden schließt sich an.