Heidepflege mit gepanzerter Technik

Wertvoller Lebensraum auf der DBU-Naturerbefläche Glückburger Heide wird entkusselt
Wenn die Heide im Spätsommer blüht, erstreckt sich ein eindrucksvoller lila Blütenteppich über weite Teile der DBU-Naturerbefläche Glücksburger Heide nördlich von Jessen.
© Jörg Tillmann/DBU Naturerbe

Jessen. Es ist wohl das größte zusammenhängende Heidegebiet außerhalb noch aktiver Truppenübungsplätze in Sachsen-Anhalt und bedeutend für den Naturschutz. Die rund 1000 Hektar großen Zwergstrauchheiden entwickelten sich seit den 1930er Jahren durch den ehemaligen militärischen Betrieb und gehören inzwischen zur DBU-Naturerbefläche Glücksburger Heide nördlich von Jessen im Landkreis Wittenberg. Die Pflege ist heute aufgrund der möglichen Kampfmittelbelastung schwierig. Dank der Schafe des Landschaftspflegehofs Dabrun wird ein Teil des wertvollen Lebensraums offengehalten. Jetzt hat das DBU Naturerbe, eine gemeinnützige Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), als Flächeneigentümer einen Weg gefunden, mit geschützter Technik vorerst weitere 50 Hektar zu entkusseln.

Weitere 200 Hektar für Beweidung vorbereiten

„Unser Ziel ist es, in einigen Jahren mindestens für weitere 200 Hektar die Beweidungsfähigkeit herzustellen, um Lebensräume etwa für den Ziegenmelker, den Wiedehopf und die Italienische Schönschrecke zu erhalten“, erläutert Susanne Belting, fachliche Leiterin im DBU Naturerbe. Schritt für Schritt will die Stiftungstochter diese kostenintensive Ersteinrichtung vorantreiben und hofft auf finanzielle Unterstützung durch das Land Sachsen-Anhalt. „Schafe und Ziegen können so stark überalterte Heidepflanzen zwischen dichtem Gehölzaufwuchs nicht gut abfressen. Deshalb müssen wir erst Bewuchs zurücknehmen, bevor wir einen Schäfereibetrieb für die neu freigestellten Flächen als Pächter unter Vertrag nehmen können“, so Jan Felix Rennack, Offenlandmanager im DBU Naturerbe. Ein Expertenteam sorgte daher maschinell in einem ersten Schritt mit gepanzerter Technik dafür, dass beispielsweise aufwachsende Kiefern gefällt und Gehölzgruppen aufgelichtet wurden. Auf stark belasteten Flächen kam ausschließlich ferngesteuerte, Drohnen unterstützte Technik zum Einsatz. Eingesetzte Harvester und Traktoren hatten zum Schutz vor möglichen Detonationen gepanzerte Bodenplatten; und das verbaute Schutzglas war splittersicher. Alle Maßnahmen wurden im Vorfeld mit der zuständigen Ordnungsbehörde durch die Revierleiterin Katalin Wiese-Brattig vom Bundesforstbetrieb Mittelelbe abgestimmt. Die Arbeiten sind inzwischen abgeschlossen. Die nächsten Schritte sollen im kommenden Herbst folgen.

Gemeinsam mit Kollegen vom DBU Naturerbe und Mitarbeiterinnen des Bundesforstbetriebs Mittelelbe hat sich Susanne Belting (2.v.l.), Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe, einen Eindruck von den Arbeiten auf der DBU-Naturerbefläche Glücksburger Heide gemacht.
© Jan-Felix Rennack/DBU Naturerbe

DBU Naturerbe hat 66 Flächen mit rund 70.000 Hektar vom Bund übernommen

Die DBU-Naturerbefläche Glücksburger Heide ist rund 2.600 Hektar groß. Ab 1936 beanspruchte die Wehrmacht die Fläche als Truppenübungsplatz, insbesondere für die Luftwaffe. Ein 400 Hektar großes Areal war Bombenabwurfgebiet. Nach 1945 nutzten russische Streitkräfte die Fläche als Panzerübungsplatz. Es gab Schießplätze und einen Hubschrauberlandeplatz. Mehrfach hat es im Gebiet gebrannt, was die Ausbreitung der Besenheide beförderte, die als Brandkeimer mit Feuerereignissen gut umgehen kann. Trockene Europäische Heiden gehören zu den europäisch geschützten Lebensräumen. „Alle Bundesländer haben entsprechende Flächengrößen nach Brüssel gemeldet und sich verpflichtet, einen günstigen Zustand zu erhalten oder, wenn nötig, zu verbessern – so auch in der Glücksburger Heide“, erläutert Rennack. 1990 wurde der Militärbetrieb eingestellt. Seit 2008 gehört die Fläche zum Nationalen Naturerbe. Das DBU Naturerbe verantwortet den Naturschutz auf 66 überwiegend ehemaligen Militärflächen mit rund 70.000 Hektar in zehn Bundesländern. Der Bund verzichtet seit 2005 auf den Verkauf ausgewählter, wertvoller Naturflächen im Bundeseigentum und hat bislang rund 164.000 Hektar als Nationales Naturerbe stattdessen dem Naturschutz gewidmet und an Stiftungen, Naturschutzverbände oder Bundesländer übertragen.

Naturschutz unter erschwerten Bedingungen: Eingesetzte Maschinen wie die Raupe hatten zum Schutz vor möglichen Kampfmittel-Detonationen gepanzerte Bodenplatten. Das verbaute Schutzglas war splittersicher.
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