Paderborn. 24.000 Einrichtungen der Caritas gibt es in Deutschland, viele davon betreiben Großküchen. Doch obwohl sich der größte private Arbeitgeber der Republik der „Bewahrung der Schöpfung“ verpflichtet fühlt, spielen Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen im Großküchen-Alltag eine eher untergeordnete Rolle. Das soll sich nun ändern – und auch über die Caritas hinaus Signalwirkung entfalten. Mit über 310.000 Euro und ihrem Expertenwissen unterstützt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) ein Projekt der IN VIA Akademie/Meinwerk-Institut gGmbH (Paderborn), mit dem die Belegschaft von Großküchen für eine ressourcenschonende, energieeffiziente und an der Region orientierte Praxis qualifiziert werden soll. „Hier entsteht ein regionaler Kreislauf, der nachhaltigen Konsum fördert. Erzeuger und Großverbraucher entwickeln gemeinsam und innovativ nachhaltige Beschaffungs- und Absatzwege und etablieren sie dauerhaft“, lobte heute DBU-Kuratoriumsmitglied Cajus Caesar, MdB, den Ansatz.
Großküchen "wichtige Zielgruppe für die Energiewende"
Gemeinsam mit DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann und DBU-Abteilungsleiter Dr. Ulrich Witte ließ sich Caesar heute Einzelheiten des Projektes vor Ort erläutern. Dabei wies Dr. Birgit Marx, Geschäftsführerin der IN VIA Akademie, darauf hin, dass Großküchen in caritativen Einrichtungen bisher kaum ökologisch ausgerichtet seien. Marx: „Doch gerade sie sind ein wichtiger Konsumfaktor für eine Region und eine wichtige Zielgruppe für die Energiewende. Großküchen können durch Ökologisierung ihrer Beschaffung und des Konsums einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“ Im ersten Schritt sehe das Projekt eine Ist-Analyse in fünf kooperierenden Modelleinrichtungen vor, die eine eigene Großküche mit je bis zu 120 Gästen und täglich bis zu vier Mahlzeiten führten. Dabei gehe es sowohl um die hauswirtschaftliche Konzeption mit Beschaffung, Warenkorb, Verarbeitung, Lagerhaltung, Kostenkalkulation u. a. wie um den aktuellen Geräteeinsatz insbesondere unter Energieeffizienzgesichtspunkten.
Regionale Lebensmittelkreisläufe stärken
Aufbauend auf der Analyse sollen Qualifizierungsmaßnahmen für Fach- und Führungskräfte sowie Multiplikatoren in Hauswirtschaft und Haustechnik entwickelt und in sechs Langzeitkursen an der IN VIA Akademie umgesetzt werden. Das Durchführen der Bedarfsanalysen und die Konzeption der Weiterbildungen sollen fachlich von der Hochschule Fulda, Fachbereich Oecotrophologie begleitet werden. Die Teilnehmer sollen ein Projekt für die eigene Einrichtung entwickeln, mit Kollegen umsetzen, dokumentieren und so eine tatsächliche Verbesserung sowie einen hausinternen Veränderungsprozess in Gang setzen. Gegenstand der Qualifizierung für hauswirtschaftliche Kräfte seien Themen wie regional und saisonal orientierter Einkauf, Speisepläne zum Vermeiden von Lebensmittelabfällen, ökologisch orientierte Lagerhaltung und Abfallvermeidungsstrategien. In der Qualifizierung wie in den Umsetzungsprojekten werde angestrebt, regionale Lebensmittelkreisläufe zu stärken. Das Weiterbilden für Mitarbeiter der Haustechnik greife u. a. als Themen das Ermitteln aktueller Energiebedarfe in der Großküche, das Identifizieren von Energieeinsparpotenzialen, Kosten- und Rentabilitätsrechnung beim Austausch von Altküchengeräten sowie das Einführen neuer Energiekonzepte in der Großküche auf.
Modellküchen mit bundesweitem Vorbildcharakter
Neben den Qualifizierungsansätzen sollen berufsspezifische Ansätze etwa für Köche und Diätassistenten für den ökologischen Betrieb von Großküchen in 17 bestehende Fortbildungsmaßnahmen der IN VIA Akademie integriert werden. Zentraler Lernort für praktische hauswirtschaftliche Übungen und die Demonstration energieeffizienter Haustechnik soll die Lehrküche der IN VIA Akademie sein, die nach 25 Jahren so mit energieeffizienten Geräten modernisiert wird, dass sie bundesweiten Vorbildcharakter als Modellküche bekommt. Der Umbau der Lehrküche und ihre Funktion sollen in einem Lehrfilm dokumentiert werden. Auf der interaktiven Website des Projekts werden ab Juli die Projektschritte und die teilnehmenden Einrichtungen und Verbände präsentiert, so dass Interessierte bundesweit den Projektfortschritt verfolgen können.
"Personal nachhaltig qualifizieren und langfristig dem privaten Konsum nachhaltigen Stempel aufdrücken"
DBU-Generalsekretär Bottermann erinnerte in diesem Zusammenhang an das DBU-geförderte Projekt „Zukunft einkaufen“, mit dem die christlichen Kirchen als zweitgrößter Arbeitgeber Deutschlands mit ihren Gemeinden, Bildungshäusern, Verwaltungen, diakonischen und caritativen Einrichtungen für Energie, Büro, Großhaushalt, Transport und Verkehr sowie Gebäudetechnik Standards hätten setzen können – auch ökologische und soziale. Um die vielfach noch schlummernde Nachfragemacht für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zu wecken und die Beschaffung in Kirchen nachhaltiger zu machen, hatte die DBU das ökumenische Projekt gestartet, das jetzt auch als Impulsgeber für das neue Projekt diente. Bottermann: „Mit Projekten wie diesen wollen wir Personal nachhaltig qualifizieren und langfristig dem privaten Konsum einen nachhaltigen Stempel aufdrücken. Das IN VIA-Projekt baut auf bisherigen Erfahrungen und Ergebnissen auf und überträgt sie auf die professionelle Hauswirtschaft in Großhaushalten der Caritas. Deshalb leistet es einen wichtigen Beitrag zur Schöpfungsverantwortung durch bewussten Konsum und Verbrauch.“
Ansprechpartner für Fragen zum Projekt (AZ 32022): Helga Weber, IN VIA Akademie, Telefon 05251/290814