Osnabrück. „Globalisierung, Nachhaltigkeit, Zukunft – sind wir noch zu retten?“ Das ist der Titel eines Vortrages, der am Mittwoch, 30. Juli, um 18.30 Uhr im Zentrum für Umweltkommunikation der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Osnabrück stattfindet. Referentin ist Professorin Dr. Estelle Herlyn, Wirtschaftsmathematikerin, Hochschullehrerin an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management, Aachen, und freiberufliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW/n), Ulm. Um 17.45 Uhr wird eine Führung durch die DBU-Ausstellung „KonsumKompass" angeboten. Der Eintritt ist frei.
Thema „Ökosoziale Marktwirtschaft“
Herlyns Vortrag zum Thema „Ökosoziale Marktwirtschaft“ beleuchtet die internationale Entwicklung vor zwei großen Herausforderungen: auf der einen Seite der rasch wachsenden Weltbevölkerung mit dem zunehmenden Konflikt um Rohstoffe und immer größeren Umweltbelastungen mit Folgen zum Beispiel für das Klima und auf der anderen Seite der aus der Weltfinanzkrise resultierenden aktuellen Weltwirtschaftskrise.
Global drängende ökologisch-soziale Fragen
Diese Prozesse erschwerten massiv eine weltweit nachhaltige Entwicklung, erklärt Herlyn: „Es geht dabei sowohl um die ökologische Problematik als auch um Fragen des sozialen Ausgleichs und der Gerechtigkeit.“ Diese global drängenden ökologisch-sozialen Fragen würden durch bestimmte kulturelle Entwicklungen weiter verschärft. Weltweit betrachtet gehe es deshalb um Gerechtigkeit, „und zwar innerhalb einer Generation, aber auch zwischen den Generationen.“ Für die Zukunft sieht die Wissenschaftlerin die größten Chancen in der konsequenten Umsetzung einer Ökosozialen Marktwirtschaft. Nur dieser Weg, der das gesellschafts- und wirtschaftspolitische Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft um Aspekte eines nachhaltigen Wirtschaftens und des Umweltschutzes erweitere und der auf eine faire und gerechte Weltordnung abziele, ist laut Herlyn mit einer nachhaltigen Entwicklung vereinbar.
"Global Marshall Plan"
Während ihres Vortrags thematisiere sie auch die Rolle und die Einflussmöglichkeiten der verschiedenen Akteure des Marktes, so die Wissenschaftlerin, „also die der Konsumenten, die der im Wettbewerb stehenden Unternehmen und die der Politik als Gestalterin der ‚Spielregeln‘ für die Unternehmen.“ Ausgehend von der für eine Ökosoziale Marktwirtschaft zentralen Frage, welche sozialen und ökologischen Aspekte berücksichtigt werden sollen, seien zum Beispiel die Einflussmöglichkeiten insbesondere der internationalen Politik derzeit begrenzt, „auch auf der Ebene der sogenannten G-20, dem Forum rund um Fragen des internationalen Finanzsystems, in dem die 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie die Europäische Union kooperieren und sich beraten. "Die Unternehmen erkennen, dass es die Politik allein nicht richten kann und nehmen die Sache der Nachhaltigkeit zunehmend mit in die Hand“, sagt Herlyn. Dies sei im Sinne einer Ökosozialen Marktwirtschaft, denn dort seien beide Akteure – Politik und Unternehmen – zwecks Ausgestaltung der Markt-Spielregeln auf eine Zusammenarbeit angewiesen. Auch der „Global Marshall Plan“, der das Etablieren der Ökosozialen Marktwirtschaft als Ordnungsrahmen für die Weltwirtschaft verfolgt, sei ein möglicher Schritt in die erforderliche Richtung, findet Herlyn. Die Initiative wurde vom Nachhaltigkeitsökonom und Leiter des FAW/n, Professor Dr. Dr. Franz Josef Radermacher, mit dem Herlyn eng zusammenarbeitet, mit ins Leben gerufen. Sie bezieht sich auf den historischen Marshallplan, das Wirtschaftsaufbauprogramm der Vereinigten Staaten von Amerika für das an den Folgen des Zweiten Weltkriegs leidende Westeuropa – ein Symbol für Hoffnung, Solidarität und Frieden.
Aktuelle Forschungsschwerpunkte
Herlyn promovierte an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zu den Fragen einer sogenannten balancierten Einkommensverteilung als entscheidendem Aspekt der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit. Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind die soziale Dimension der Nachhaltigkeit, die freiwillige Klimaneutralität von Unternehmen sowie Fragen der Verankerung von Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette von Unternehmen.
Veranstaltungsreihe zur DBU-Ausstellung "KonsumKompass"
Der Vortrag ist Teil der Veranstaltungsreihe zu der mit dem Umweltbundesamt entwickelten DBU-Ausstellung „KonsumKompass“, der Ausstellung zu nachhaltigem Konsum und zukunftsfähigen Lebensstilen. Sie ist bis Oktober im DBU Zentrum für Umweltkommunikation zu sehen (Öffnungszeiten: montags bis donnerstags von 9 bis 17 Uhr und freitags von 9 bis 13 Uhr). Der Eintritt inklusive Führungen von Gruppen ab zehn Personen ist nach vorheriger Anmeldung ebenfalls frei. Weitere Informationen unter www.konsumkompass.com (telefonisch: 0541/9633-921, per E-Mail: ausstellung-dbu@dbu.de).