Jessen. Feuer bedeutet Leben. Eine uralte Tradition zum Pflegen von Heidelandschaften wurde jetzt auf der Naturerbefläche Glücksburger Heide erstmalig wieder praktiziert. „Wir haben auf einer rund 18 Hektar großen Teilfläche das ‚Kontrollierte Brennen‘ getestet. Dadurch wurden die verfilzten Gäser beseitigt und die Vitalität und Blühintensität der hier landschaftsprägenden Heide gefördert“, sagt Prof. Dr. Werner Wahmhoff, Fachlicher Leiter der gemeinnützigen Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), des DBU Naturerbes. Grundsätzlich sei offenes Feuer in der Landschaft gesetzlich verboten. Da es sich um einen aus naturschutzfachlicher Sicht gut begründeten und sachgerechten Feuereinsatz handelte, musste im Vorfeld eine Ausnahmegenehmigung von der zuständigen Behörde eingeholt werden. „Wir haben die Vorbereitungen und den Ablauf der Maßnahme unter Einhaltung strenger Sicherheitsauflagen durchgeführt“, betont Kurt-Werner Balke, DBU-Koordinator beim Bundesforstbetrieb Mittelelbe.
Schafe und Feuer gegen Verbuschung und Grasfilz
Die Sandheide mit ihrer charakteristischen Besenheide ist nicht nur selbst ein selten gewordener und daher schützenswerter Lebensraum, sondern auch wichtig für gefährdete Vogelarten. So sind die in der Glücksburger Heide vorkommenden und vergleichsweise vielen Ziegenmelker, eine an die Landschaft angepasste Schwalbenart, europaweit von Bedeutung. Die meisten Heideflächen sind durch menschlichen Einfluss entstanden und würden – ohne Pflegemaßnahme – wieder verbuschen und zu Wald werden. „Birken hatten sich schon ausgebreitet, und die Heide verholzt zunehmend“, sagt Balke. Um den Erhaltungszustand der DBU-Naturerbefläche zu verbessern, wurde in einem ersten Schritt der Pionierwald aus Birken auf einer großen Teilfläche entfernt. Nur einzelne, Struktur gebende Charakterbäume, auf denen Ansitzjäger wie etwa der seltene Neuntöter nach Beute Ausschau halten können, blieben stehen. Seit 2015 beweiden außerdem Schafe einen Teil des Areals. Doch „den dichten Grasfilz verschmähen selbst die genügsamen Heidschnucken“, so Balke. „Wir mussten eine weitere Methode anwenden, um die schöne Landschaft zu erhalten.“
Uralte Tradition neu entdeckt
Früher spielte das Brennen in Mittel- und Nordwesteuropa bei der Nutzung von Heiden und Mooren eine bedeutende Rolle. Das Feuer erwies sich als ein geeignetes und kostengünstiges Mittel, um die Heide zu verjüngen und vor Überalterung und Verbuschung zu schützen. „Diese uralte Tradition wollten wir wieder aufleben lassen und für unsere Naturschutzzwecke testen“, erklärt Balke. Unverzichtbar sei dazu eine gründliche Planung im Vorfeld, denn das Verfahren des kontrollierten Brennens sei eine anspruchsvolle Technik. Zumal die Fläche aufgrund der bisherigen militärischen Nutzung schwer mit Munition kontaminiert sei und auch hier Einschränkungen und Auflagen eingehalten werden müssten. So wurde der Brandschutzstreifen vor Anlage auf Munition sondiert und entsprechend beräumt, um so das notwendige Abeggen zu ermöglichen. Durchgeführt wurde die Maßnahme mit Forstwirten des Bundesforstbetriebs unter der Leitung der Revierleiterin Rebecca Rathmann. Mit dem Wind im Rücken wurde am Brandschutzstreifen begonnen die Heide streifenweise abzubrennen. Somit konnte ein Übergreifen des Bodenfeuers auf Nachbarbestände verhindert werden, da der Brandschutzstreifen sich auf diese Weise kontinuierlich vergrößerte. Es kamen sogenannte Firecans zum Einsatz, wie sie Amerikanische Feuerwehren nutzen um Gegenfeuer bei Waldbränden zu legen. „Wir hatten die Auflage, die Maßnahme aufgrund der einsetzenden Brutzeit vor Ende Februar durchzuführen. Ausschlaggebend für den genauen Zeitpunkt waren aber die Wetterbedingungen“, erklärt Balke. Die Großwetterlage mit wenig Wind und geringer Luftfeuchtigkeit seien ideal gewesen. Balke: „Das Brennmaterial war ausreichend trocken und verbrannte schneller und vollständiger. Wichtig war auch die langsame Feuerverbreitung, da der Strauch- und Baumaufwuchs nur dann dauerhaft zurückgedrängt wird, wenn es eine Zeit lang auf derselben Stelle bleibt.“
Brennen begünstigt Brandkeimer und Brachpieper
Auch wenn nach dem kontrollierten Brennen die Fläche zunächst verbrannt aussehen würde, könne davon ausgegangen werden, dass sich die Natur den Lebensraum schnell wieder zurückhole. „Die Besenheide ist ein typischer Brandkeimer“, erklärt Dr. Jörg Tillmann, Offenlandmanager des DBU Naturerbes. „Die Heidesamen im Boden erhalten optimale Keimbedingungen, da das Feuer konkurrenzstarke Pflanzen reduziert. Außerdem ist die Fläche vom Grasfilz und von der dichten Streuauflage befreit, so dass für die Heide ausreichend Licht, Wärme und Nährstoffe zur Verfügung stehen, um erfolgreich keimen und aufwachsen zu können.“ Darüber hinaus würden die unterirdischen Teile der Besenheide die Hitze sehr gut ertragen, so dass bereits im Folgejahr mit den ersten Heidepflanzen wieder zu rechnen sei. „Wir haben die Hoffnung, dass der sehr selten gewordene Brachpieper wiederkommt. Das ist eine Vogelart, die in erster Linie auf Brandflächen vorkommt“, formuliert Tillmann ein Ziel des Leitbilds der DBU-Naturerbefläche Glücksburger Heide. Sollte sich das Verfahren auch im Nachhinein als Mittel der Wahl herausstellen, könnte sich die Methode auch für andere Heideflächen des Nationalen Naturerbes als zielführend erweisen.
Vielfältige Lebensräume bewahren, entwickeln und erleben
Deutschland trägt für sein Nationales Naturerbe – seine charakteristischen Natur- und Kulturlandschaften mit ihren vielfältigen Lebensräumen und heimischen Tier- und Pflanzenarten – eine besondere Verantwortung. Insgesamt 156.000 Hektar Bundesfläche konnten dauerhaft von Bundesländern, Naturschutzverbänden und dem DBU Naturerbe für den Naturschutz gesichert werden. Die Stiftungstochter aus Osnabrück verwaltet die Flächen treuhänderisch für zukünftige Generationen und sichert sie unter naturschutzfachlichen Aspekten. Auf den bundesweit 70 Flächen mit insgesamt rund 69.000 Hektar sollen offene Lebensräume mit ihren oft seltenen Arten durch zielgerichtete Pflege bewahrt, naturnahe Wälder möglichst ohne menschlichen Eingriff zu Wildnis entwickelt, artenarme Forste in naturnahe Wälder überführt und Feuchtgebiete sowie Fließ- und Stillgewässer ökologisch aufgewertet oder erhalten werden.