Osnabrück. Im thüringischen Tiefenort an der Werra, in den Wasserkraftanlagen "Neue Hütte" in Pöhla an der Pöhla und Flöha-Glückelsberg an der Flöha in Sachsen wird in Zukunft wieder umweltschonend produzierter Strom aus Wasserkraft fließen. Das Kuratorium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) unter Vorsitz von Bundesbankpräsident Dr. Hans Tietmeyer beschloß in Bonn, für die naturnahe Reaktivierung der Wasserkraftanlagen insgesamt über 1,1 Millionen Mark zur Verfügung zu stellen. Nach Jägersdorf in Thüringen (Fördersumme: knapp eine Million Mark) sind das drei weitere Förderprojekte, mit denen sich die größte Umweltstiftung Europas für die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Wasserkraftanlagen in den ostdeutschen Bundesländern unter besonderer Berücksichtigung ökologischer Aspekte einsetzt. Insgesamt hat sie für diesen Zweck ein Zehn-Millionen-Mark-Paket geschnürt.
Umfassende Bauarbeiten
Für die Wasserkraftanlage Rasenmühle in Tiefenort in Thüringen an der Werra ist beabsichtigt, wieder Energie zu erzeugen, nachdem die Wasserkraftanlage etwa 30 Jahre als Wasserentnahme zur Kaliförderung genutzt worden war. Dazu sei es erforderlich, das Kraftwerkhaus neu zu bauen, Turbine, Generator und Regelungseinrichtung vollständig zu erneuern, die Wasserbauten umfangreich zu sanieren, den Ober- und Unterwassergraben unter ökologischen Aspekten teilweise neu zu gestalten und einen Fischpaß am Kraftwerksgebäude anzulegen, der die Durchgängigkeit der Werra an diesem Standort erstmals wieder herstellt.
1,8 Kilowattstunden pro Jahr
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Am Ende soll das neue Kraftwerk bei einer Turbinenleistung von 300 Kilowatt im Jahr 1,8 Millionen Kilowattstunden erbringen. Darüber hinaus ist im Rahmen des Projektes der naturnahe Ausbau mit Tiefen- und Flachwasserzonen vorgesehen. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Stiftung: "Dadurch wird das Projekt ein Demonstrationsvorhaben im Sinne einer umweltgerechten und naturnahen Wasserkraftnutzung." Fördersumme für dieses Projekt: 240.000 Mark.
Reaktivierung nach fast fünfzig Jahren
Auch für die Reaktivierung der 1948 stillgelegten und seit dem weitestgehend verfallenen Wasserkraftanlage "Neue Hütte" an der Pöhla im Erzgebirge sind nach Angaben der Stiftung umfangreiche bauliche Maßnahmen erforderlich. Neben dem Neubau des Kraftwerkshauses seien auch hier der Ersatz von Turbine, Generator und Regeleinrichtung, der Neubau der Druckleitung und der Wehrneubau erforderlich. Außerdem müsse der nahezu vollständig verfallene Betriebsgraben neu gebaut, eine Fischrampe am Pöhla-Wehr eingerichtet werden. Am Ende sei bei einer Turbinenleistung von 420 Kilowatt eine Jahresleistung von etwa 1,5 Millionen Kilowattstunden zu erwarten.
Wasserverluste mit einem technischen Kniff vermeiden
Besonderheit dieses Projektes sei der Einsatz einer Abdichtfolie zum naturnahen und umweltgerechten Ausbau des Betriebsgrabens. Gegenüber dem konventionellen Ausbau als Stein- und Betonkanal biete diese Methode "vielfältige naturnahe Gestaltungsmöglichkeiten", so der Generalsekretär. Durch das Verwenden der Folie solle das vermieden werden, was früher für Probleme sorgte: zum Teil erhebliche Wasserverluste im Graben. Und da die Folie wieder mit einem speziellen Nährboden belegt werde, lasse sich mit dieser Bauausführung der Kanal besser in die Landschaft einpassen. Brickwedde: "Das ist den für die Region typischen Ausbauten mit rechteckigen Betonkanälen eindeutig vorzuziehen und trägt gleichzeitig dem Anliegen des Anlagenbetreibers Rechnung, möglichst wenig Wasser zu verlieren." Fördersumme für dieses Projekt: 350.000 Mark.
Wasserkraft - schon 1910 eine gute Idee
Knapp 540.000 Mark sind nach Angaben der Stiftung schließlich aus ihren Mitteln in das Wasserkraftwerk Flöha/Glückelsberg in Sachsen zu investieren, das einmal Teil der Baumwollspinnerei Glückelsberg war. In ihrer jetzigen Form sei die Anlage 1910 in Betrieb genommen, Ende der 60er Jahre wieder stillgelegt worden. Danach seien weder an den Wasserbauten noch an den technischen Einrichtungen Instandhaltungsarbeiten durchgeführt worden. Entsprechend müsse auch hier das Wehr neugebaut werden, müßten neue Fischtreppen an Wehr und Kraftwerkshaus die Gewässerdurchgängigkeit sicherstellen und sämtliche technische Anlagen ersetzt werden. Obendrein sei ein naturnaher Ausbau der Betriebsgräben notwendig. Am Ende solle bei einer Turbinenleistung von 280 Kilowatt eine Jahresleistung von 1,5 Millionen Kilowattstunden erbracht werden.
Naturschutz und Energiegewinnung verbinden
Als Besonderheit dieses Projektes sei vor allem die Wehrerhöhung zur Wiederherstellung eines Auegebietes anzusehen. Brickwedde: "Gleichzeitig wird der Grundwasserstand und damit gleichzeitig die regionale Trinkwasserversorgung positiv beeinflußt." Diese Art des Wehrbaus mit integrierten Fischtreppen demonstriere die Möglichkeit der Minimierung erforderlicher Eingriffe bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Gewässerdurchgängigkeit für die Fische. Mit dem zusätzlichen Fischaufstieg am Kraftwerksgebäude werde erstmals bei einem Wasserkraftwerk dieses Typs konsequent der Gewässerdurchgängigkeit Rechnung getragen.
Weitere Informationen über die Projektpartner:
- Flöha: Horst Kreyss, Tel. + Fax 03726/5353
- Werra: Herr Zech von Hymmen, Tel. 0211/201722
- Plöha: Johann Kaiser, Tel. 09424/8901, Fax 8516