Osnabrück. Um den Energieverbrauch von Gebäuden zu reduzieren, hilft insbesondere eine gute Dämmung. Das Startup aerogel-it aus Osnabrück entwickelt mit Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) einen biobasierten Hochleistungsdämmstoff. Der Clou: Dieser besteht aus dem Pflanzenrohstoff Lignin, das unter anderem bei der Herstellung von Papier als Nebenprodukt anfällt. Die DBU unterstützt das Vorhaben fachlich sowie finanziell mit 125.000 Euro.
Die von der Bundesregierung festgelegten Klimaziele für den Gebäudesektor hat Deutschland im vergangenen Jahr laut aktueller Analyse der Denkfabrik „Agora Energiewende“ verfehlt: Trotz Einsparungen aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands wurde demnach zu viel klimaschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) ausgestoßen. Ein entscheidender Grund: Viele Innenräume in Deutschland werden nach wie vor mit fossilen Brennstoffen wie Öl oder Gas geheizt. „Um Energieverbrauch und Emissionen dauerhaft zu senken und gleichzeitig die Abhängigkeit von Gasimporten zu reduzieren, brauchen wir dringend energieeffizientere Gebäude“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. In unsanierten Häusern gehen nämlich nach Erkenntnissen der DBU-Initiative „Zukunft Zuhause – Nachhaltig sanieren“ bis zu 20 Prozent der erzeugten Wärme über das Dach verloren. Über ungedämmte Außenwände sind es sogar bis zu 25 Prozent. Mit einem biobasierten und hocheffizienten Aerogel-Dämmstoff will ein Startup aus Osnabrück zur Dekarbonisierung und Energieeffizienz unter anderem im Gebäudebereich beitragen.
Super-Dämmung reduziert Energieverbrauch und -kosten
Aerogele sind sogenannte Super-Dämmstoffe, die „extrem leicht sind und fast vollständig aus mikroskopisch kleinen Poren bestehen“, sagt Dr. Michael Schwake, DBU-Experte für Umwelttechnik. Dadurch würden sie Wärme nur sehr schlecht transportieren. Die Folge: „Eine Aerogel-Dämmung verhindert viel stärker als herkömmliches Material einen Wärmeverlust – Energieverbrauch und Kosten sinken erheblich“, sagt Schwake. Aerogele können aus verschiedenen Stoffen hergestellt werden. Das Problem: „Bisher basieren sie fast ausschließlich auf fossilen oder energieintensiv gewonnenen Rohstoffen, zum Beispiel silikatischen Mineralen“, erklärt Schwake. Zudem waren Aerogele aufgrund der aufwendigen Herstellung stets teuer.
Biobasierter und hocheffizienter Aerogel-Dämmstoff aus Nebenprodukt
Die Gründer des Osnabrücker Startups aerogel-it haben eine ursprünglich vom Chemiekonzern BASF entwickelte Technologie weitergeführt. Das Innovative dabei: „Uns ist es erstmalig gelungen, einen Hochleistungsdämmstoff herzustellen, der vollständig biologischen Ursprungs ist“, sagt Dr. Marc Fricke, Geschäftsführer und Mitgründer von aerogel-it. Als Basis dient Lignin, „ein Pflanzenrohstoff und neben Zellulose der wichtigste Bestandteil von Holz, der unter anderem für die Stabilität von Bäumen sorgt“, so Fricke. Lignin fällt zum Beispiel als Nebenprodukt bei der Papierherstellung an und wird laut Fricke bislang kaum sinnvoll verwertet. Mit dem Lignin-Dämmstoff will das junge Unternehmen also nicht nur Energieverbrauch und CO2-Emissionen reduzieren, sondern gleichzeitig (fossile) Ressourcen einsparen. Ein weiterer Vorteil: Die Aerogel-Dämmung ist im Gegensatz zur herkömmlichen Isolierung dünner und leichter. „Das schafft neben der Energieeinsparung zugleich mehr Platz in Gebäuden, die auf dem Immobilienmarkt somit zusätzlich an Attraktivität gewinnen“, sagt Fricke. Darüber hinaus könne der biobasierte Dämmstoff nach der Nutzung wiederverwertet oder gar wiederverwendet werden. Die Kosten und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Materials hat das Team Fricke zufolge dabei stets im Blick – zusammen mit der Kooperationspartnerin Prof. Dr. Irina Smirnova von der Technischen Universität Hamburg-Harburg sowie weiteren Partnern entwickelt das junge Unternehmen eine neue Generation kosteneffizienter und intelligenter Aerogel-Produktionstechnologie.
Mit DBU-Förderung Forschung voranbringen und erste Prototypen testen
Nicht nur in Gebäuden, sondern auch in Kühlgeräten und Funktionskleidung kann der Bio-Superdämmstoff aus Osnabrück nach Frickes Worten künftig eingesetzt werden. Je nach Anwendung könne das Startup dafür Pulver, Granulat oder Platten herstellen. Mit der DBU-Förderung möchte das fünfköpfige Team die Forschung voranbringen und Prototypen testen. „Wir wollen uns als weltweit erstes Bio-Aerogel-Unternehmen am Markt etablieren und so schnell wie möglich unsere Kundinnen und Kunden bedienen“, sagt Fricke. Im nächsten Jahr soll zudem eine eigene Produktionsanlage in Wallenhorst im Landkreis Osnabrück in Betrieb gehen. Dafür sucht aerogel-it aktuell Investoren.
Über das Green Startup Förderprogramm
Im Green Startup Programm der DBU werden Unternehmensgründungen gefördert, die auf innovative und wirtschaftlich tragfähige Weise Lösungen für Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit entwickeln. Mehr Informationen finden Sie unter https://www.dbu.de/startup.