DBU: Naturschützer-Trio und Technik-Pioniere erhalten 25. Deutschen Umweltpreis

Sielmann/Frobel/Weiger für „Grünes Band“, Unternehmer Oswald für Entwicklung sparsamer Spezialmotoren am 29.10. geehrt – Ehrenpreis de Brum (†)

Osnabrück. Die Naturschützer Inge Sielmann (87, München), Dr. Kai Frobel (58, Nürnberg) und Prof. Dr. Hubert Weiger (70, Fürth) einerseits, die Unternehmer Bernhard (86) und Johannes Oswald (56, Miltenberg) andererseits werden 2017 mit dem Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ausgezeichnet. Die Stiftung würdigt damit den Einsatz des Naturschützer-Trios für das erste und größte gesamtdeutsche Naturschutzprojekt, das „Grüne Band“, sowie im Familienunternehmen OSWALD Elektromotoren die Entwicklung eines besonders energiesparenden Elektromotors für etwa industrielle Zerkleinerer oder Pressen, die eine Revolution in der Antriebstechnik bedeutet habe. Die mit einem Preisgeld von jeweils 245.000 Euro verbundene Auszeichnung werden die beiden Preisträgergruppen am 29. Oktober in Braunschweig von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten. Der mit 10.000 Euro dotierte Ehrenpreis geht posthum an den früheren Außenminister der Marshall-Inseln, Tony de Brum (72).

„Stabilität des Systems Erde hart an Belastungsgrenzen geführt“

In einer immer komplexer werdenden Welt brauchen wir grundlegend neue Ansätze in Technik, Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft“, betonte heute der stellvertretende DBU-Generalsekretär Prof. Dr. Werner Wahmhoff bei der Bekanntgabe der neuen Träger des DBU-Preises, der 2017 zum 25. Mal von der Stiftung verliehen wird. Der Kampf für Klima- und Naturschutz sowie Energieeffizienz sei dabei kein Selbstzweck. Die Stabilität des „Systems Erde“ sei „von uns Menschen hart an die Belastungsgrenzen unseres Planeten herangeführt“ worden. Wahmhoff: „Wir sind die letzte Generation, die den Umschwung noch schaffen kann, aber auch die erste, die unter den massiven Auswirkungen der globalen Veränderungen zu leiden hat. Letztlich geht es um die Frage, wie im Jahr 2050 rund zehn Milliarden Menschen gut und im Einklang mit den natürlichen Lebensgrundlagen leben können.“

Die (obere Reihe) Naturschützer Inge Sielmann, Dr. Kai Frobel (l.) und Prof. Dr. Hubert Weiger einerseits, die (untere Reihe) Unternehmer Bernhard (l.) und Johannes Oswald andererseits werden 2017 mit dem Deutschen Umweltpreis der DBU ausgezeichnet. Der Ehrenpreis geht posthum an den früheren Außenminister der Marshall-Inseln, Tony de Brum (†).
© BUND, Heinz Sielmann Stiftung, Wolfgang Schmidt - Right Livelihood Award, Jens Kortus Fotografie Miltenberg

Familienunternehmen, dem für „unseren Wirtschaftsstandort eine überragende Bedeutung zukommt“

Zu den Gesellschaftern und Geschäftsführern des Miltenberger Unternehmens OSWALD Elektromotoren, Johannes und Bernhard Oswald, führte Wahmhoff aus, Vater und Sohn hätten die Energieeffizienz und Produktivität von Anlagen wie z.B. industriellen Zerkleinerern und Pressen deutlich erhöht und seien Wegbereiter einer umweltentlastenden Innovation. Als erste hätten sie Machbarkeit und Perspektiven einer neuen Technologie erkannt und die Produkte erfolgreich im Markt platziert. Sie stünden für die kleinen und mittleren Familienunternehmen in Deutschland, denen für „unseren Wirtschaftsstandort eine überragende Bedeutung zukommt“. Ihre Torquemotoren (torque, engl.: Drehmoment) verringerten gegenüber anderen mechanischen oder hydraulischen Antriebslösungen den Energieverbrauch um bis zu 50 Prozent, der Einsatz von Getriebeöl falle weg, die Maschinen würden leichter, benötigten weniger Platz, produzierten geringere Betriebskosten und seien leiser. Mit ihren Antrieben, die auf die kundenspezifischen Anforderungen hin „maßgeschneidert“ würden, habe sich die Fa. OSWALD zu einem Weltmarktführer entwickelt. Auch bei einer weiteren Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts, der Hochtemperatur Supraleiter Technologie, stehe die Firma mit an der Spitze der Entwicklung. Neben dem betrieblichen Engagement zeichneten sich die Firmenchefs durch bemerkenswerte Verbandsaktivitäten und ein außergewöhnliches, regionales bürgerschaftliches Engagement aus.

Durchblick in Sachen zukunftsweisende Technik: Die modernen Torquemotoren von Johannes (l.) und Bernhard Oswald - hier schauen sie durch einen gewickelten Stator - verringern den Energieverbrauch um bis zu 50 Prozent, der Einsatz von Getriebeöl fällt weg, die Maschinen werden leichter, benötigen weniger Platz, produzieren geringere Betriebskosten und sind leiser.
© Jens Kortus Fotografie Miltenberg

Durch Liebe engagierter Naturfreunde Zufluchtsort für Pflanzen und Tiere erhalten

Als „Wegbereiter des ‚Grünen Bandes‘ als erstes und größtes gesamtdeutsches Naturschutzprojekt“ würdigte Wahmhoff Inge Sielmann, Ehren-Vorsitzende der Heinz Sielmann Stiftung, Dr. Kai Frobel, Koordinator des bundesweit und international tätigen Projektbüros Grünes Band des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND. Nur durch die Liebe engagierter Naturfreunde, für die das Trio stehe, habe die rund 1.400 Kilometer lange ehemalige innerdeutsche Grenze für die Pflanzen- und Tierwelt erhalten werden können, die einen Zufluchtsort innerhalb des ehemaligen ‚Todesstreifens‘ gefunden hatten.

Vision einer europäischen Initiative für das Grüne Band ins Leben gerufen

Inge Sielmann, Witwe des DBU-Ehrenpreisträgers von 2005, Heinz Sielmann, habe das Werk ihres Mannes konsequent fortgesetzt und Neues vor allem in der Umweltbildung initiiert. Mit verschiedenen Initiativen in Kindergärten und Grundschulen habe sie ein Ausrufezeichen für den Bildungsauftrag am und mit dem Grünen Band gesetzt und dessen Bedeutung für den Schutz der biologischen Vielfalt betont. Besondere Verdienste habe sie auch durch die Sicherung weiterer Naturschutzflächen wie etwa dem „Biotopverbund Harz-Eichsfeld-Werratal“ erworben. Frobel sei Initiator und Namensgeber des „Grünen Bandes“ und habe lange vor der Wende durch seine Vorarbeiten und seine Kontaktaufnahme zu Kollegen in der ehemaligen DDR die Basis für das erste und größte gesamtdeutsche Naturschutzprojekt gelegt. Seine wissenschaftlichen Arbeiten hätten bereits in den 70er und 80er Jahren bundesweit erstmals das hohe Naturpotenzial und die herausragende Bedeutung des Grenzstreifens belegt. Mit einer großen Konferenz mit Teilnehmern aus Ost und West habe er den Grundstein für die Resolution zum Schutz des Grünen Bandes gelegt. 1998 habe er das bundesweit und international tätige Projektbüro Grünes Band des BUND gegründet und koordiniere es bis heute. Weiger habe den auf interdisziplinären Dialog ausgerichteten völkerverbindenden Charakter des Projektes mit Frobel vorangetrieben, über die Grenzen Deutschlands hinaus gedacht und die Vision eines Grünen Bandes Europa entwickelt. Als Mitglied zahlreicher Gremien habe er sich um den Erhalt des ehemaligen Grenzstreifens besondere Verdienste erworben und stets seine „schützende, fordernde und fördernde“ Hand über ihn gehalten – auch in schwierigen Zeiten. Wahmhoff: „Durch Sielmann, Frobel und Weiger wurde in Deutschland die Vision einer europäischen Initiative für das Grüne Band ins Leben gerufen und ein Symbol für die Überwindung des Kalten Krieges gesetzt.“

Wegbereiter des "Grünen Bandes"‘ als erstes und größtes gesamtdeutsches Naturschutzprojekt: Prof. Dr. Hubert Weiger (l.) und Dr. Kai Frobel.
© BUND
Als Ehrenvorsitzende bleibt Inge Sielmann der Heinz Sielmann Stiftung auch zukünftig verbunden. Das operative Geschäft legte sie am 1. Juni in die Hände des neuen Stiftungsrats-Vorsitzenden Dr.-Ing. E.h. Fritz Brickwedde (l.) und seines Stellvertreters, des Bürgermeister der Stadt Duderstadt, Wolfgang Nolte.
© Heinz Sielmann Stiftung

„Planeten durch feinfühliges Vorgehen mit viel Fingerspitzengefühl besondere Dienste erwiesen“

Zu dem in der vorletzten Woche verstorbenen Tony de Brum, Ex-Außenminister der Marshall-Inseln und jetzt posthum mit dem DBU-Ehrenpreis ausgezeichnet, führte Wahmhoff aus, seinem persönlichen Engagement und diplomatischen Geschick als engagiertem Vertreter der pazifischen Inselstaaten sei es maßgeblich zu verdanken gewesen, dass es 2015 zum Pariser Klimaschutzabkommen gekommen sei. Dabei hatte die Staatengemeinschaft die Begrenzung der menschengemachten globalen Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad gegenüber den vorindustriellen Werten festgeschrieben. Entscheidend mitgewirkt habe er am Zustandekommen der „High Ambition Coalition“, einer Allianz von Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern, die bei den Klimaverhandlungen eine einheitliche Kompromisslinie aufgebaut und ihren Forderungen somit Nachdruck verliehen habe. De Brum habe so vor allem den Staaten und Regionen eine Stimme verliehen, die voraussichtlich am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels durch steigende Meeresspiegel und starke Unwetter bedroht sein werden. Wahmhoff: „Er hat dem Schutz unseres Planeten in all den Jahren seines engagierten Wirkens durch sein feinfühliges Vorgehen mit viel Fingerspitzengefühl besondere Dienste erwiesen.“

Seinem persönlichen Engagement und diplomatischen Geschick als Vertreter der pazifischen Inselstaaten war es zu verdanken, dass es 2015 zum Pariser Klimaschutzabkommen kam: Tony de Brum im Gespräch mit Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks während der Konferenz.
© BMUB/Sascha Hilgers

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