Ueckermünde. Nationales Naturerbe trifft auf kulturelles Erbe: Wenn Revierleiterin Christina Möller vom Bundesforstbetrieb Vorpommern-Strelitz heute in den Wald der DBU-Naturerbefläche Ueckermünder Heide fährt, kümmert sie sich um einen außergewöhnlichen Auftrag: Die gemeinnützige Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), das DBU Naturerbe, spendet als Eigentümerin der Fläche zwei Douglasienstämme für die Fertigung einer Schiffs-Rah. Im Beisein des Vereinsvorsitzenden des Traditionsschiffvereins „UCRA – die Pommernkogge e.V.“, Lothar Hoffmann, werden die beiden Bäume heute gefällt. Als eine von sieben fahrenden Koggen in der Europäischen Union gehört der Nachbau des Ostsee-Segelschiffs aus dem Jahr 1430 zum maritimen kulturellen Erbe Europas.
Stamm trägt als Rah 400 Kilogramm schweres Segel
Aus mindestens einem der beiden Stämme wollen die ehrenamtlichen Schiffsbauer im Laufe des Jahres eine neue 17 Meter breite und in der Mitte etwa 40 Zentimeter dicke Rah fertigen. So wird im Schifffahrtsjargon eine waagerechte Stange am Mast bezeichnet, an der das Segel angebracht ist. „Douglasien sind vergleichsweise flexibel, harzen aber wenig – für die Fertigung einer Rah sind das gute Voraussetzungen“, erklärt Hoffmann. Der Baumstamm aus dem Nationalen Naturerbe soll das etwa 400 Kilogramm schwere und 180 Quadratmeter große Segeltuch der Ostseekogge tragen.
Vorausschauend geplant: Fertigung dauert fast ein Jahr
Die aktuelle Rah wurde vor rund acht Jahren gefertigt. Da sie ständig dem Wetter und starken Belastungen auf See ausgesetzt ist, weist sie bereits Abnutzungserscheinungen und einige tiefe Risse auf, wodurch die Restnutzungszeit begrenzt ist. Um sie dann unmittelbar austauschen und das Schiff lückenlos weiterbetreiben zu können, beabsichtigt der Verein, vorausschauend bereits jetzt mit der Fertigung einer neuen Rah als Verschleißersatz zu beginnen. „Der traditionelle Bau dauert fast ein Jahr. Falls etwas schiefgeht, können wir auf den zweiten Stamm zurückgreifen und verlieren keine Zeit“, so Hoffmann.
DBU Naturerbe spendet Nadelholz für Traditionsschiff
„Wir freuen uns, dass die Douglasien aus unserem Wald in diesem Sinne weitergenutzt werden“, betont Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe. Die rund 9.700 Hektar große Ueckermünder Heide östlich von Ueckermünde gehört seit 2012 dem DBU Naturerbe und ist Teil des Nationalen Naturerbes. „Im Sinne des Naturschutzes entwickeln wir unsere Bestände hin zu Laubmischwäldern, die langfristig sich selbst überlassen werden“, erläutert Belting. Dementsprechend ist es möglich, Standort fremde Nadelgehölze wie Douglasien zu entnehmen. Belting weiter: „Heimische Laubbaumarten wie Buchen oder Eichen werden bei uns in der Regel nicht gefällt.“ Dem Traditionsschiffsverein spielt das in die Karten.
Weitere Schritte vorgezeichnet
Ende März werden die beiden Stämme mit einem Schwertransporter zum Industriehafen Berndshof gebracht und dort im Hafenbecken für rund sechs Monate eingetaucht, damit sie sich mit Wasser vollsaugen. Erst dann kann die Fertigung der Rah vor Ort weitergehen. „Die fertig bearbeiteten Stämme wollen wir dann mit unserer Kogge auf dem Wasserweg von Berndshof zum Ueckermünder Heimathafen transportieren“, erläutert Hoffmann.
Hintergrund zum Traditionsschiffverein
Der Traditionsschiffverein „UCRA - die Pommernkogge e.V.“ will den Nachbau der hanseatischen Kogge als technisches Denkmal erhalten, das Schiff zur maritimen Traditionspflege betreiben, maritim-historische Koggenbautechniken sowie maritimes Handwerk im Rahmen historischer Projekttage auf dem liegenden und fahrenden Schiff demonstrieren, erlebnispädagogische Segeltörns zur Vermittlung der Hansegeschichte durchführen sowie Kenntnisse zum Segeln eines Traditionsschiffes und damit einhergehender Vermittlung sozialer Erfahrungen vermitteln und mit gleichgesinnten Vereinen zusammenarbeiten.
Hintergrund zum DBU Naturerbe
Das DBU Naturerbe verantwortet als Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) den Naturschutz auf 71 überwiegend ehemaligen Militärflächen mit rund 70.000 ha in zehn Bundesländern. Auch in Folge der Wiedervereinigung und des langanhaltenden Friedens in Europa hat der Bund bislang etwa 156.000 ha wertvoller Naturfläche als Nationales Naturerbe ausgewiesen und an Stiftungen, Naturschutzverbände oder Bundesländer übertragen. Zum Nationalen Naturerbe zählen ehemals militärisch genutzte Gebiete, Flächen entlang der früheren innerdeutschen Grenze, Treuhandareale und stillgelegte Braunkohletagebaue.
Ansprechpartner bei Fragen zur DBU-Naturerbefläche Ueckermünder Heide: Wolf Menzel, Tel. +49 39771|5296-140