München/Hildesheim. Zum europäischen Tag der Restaurierung am 16. Oktober mit dem Thema „Kulturerbe im Klimawandel“ mahnt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), Kunst- und Kulturobjekte besser vor den Folgen der Klimakrise zu schützen. Denn anthropogene, also durch Menschen verursachte Umwelteinflüsse schädigen nicht nur die Natur, sondern auch wertvolle Kulturgüter. Zwei von der DBU geförderte Vorhaben aus Bayern und Niedersachsen befassen sich genau damit: Sie wollen Restaurierungsarbeiten zum Kulturgüterschutz optimieren.
„Kulturelles Erbe als wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft hilft uns, Vergangenheit und Gegenwart besser zu verstehen“, sagt Constanze Fuhrmann, Leiterin des DBU-Referats Umwelt und Kulturgüterschutz. Die Klimakrise stelle eine große Bedrohung dar: Schon heute können negative Auswirkungen auf das Kulturerbe in Deutschland laut Ergebnissen einer bundesweiten Befragung im Rahmen eines DBU-geförderten Vorhabens der Universität Bamberg beobachtet werden. „Laut jüngster Klimaforschung ist zu befürchten, dass Flutkatastrophen wie im Ahrtal künftig intensiver und häufiger auftreten“, so Fuhrmann. „Um Kulturobjekte zu bewahren, müssen wir Methoden zur Konservierung und Restaurierung an die neuen Herausforderungen anpassen“, fordert die Referatsleiterin.
Rettungscontainer für Kulturgüter
Das Unternehmen iconyk aus Bayern in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik will etwa in einem DBU-geförderten Vorhaben Rettungscontainer für Kulturgüter weiterentwickeln. Die Behälter werden in Notfällen wie Flut- und Hochwasserereignissen oder für Umbaumaßnahmen verwendet, um wertvolle Kunst- und Kulturobjekte sicher zu lagern. „Wir wollen prüfen, wie dieses System um eine Schimmelpilzbehandlung erweitert werden kann“, sagt Projektleiter Lars Klemm von iconyk. Ähnliche Ansätze gäbe es vor dem Verschiffen bei Frachtcontainern – „jedoch oftmals mit für Mensch und Umwelt gefährlichen Gasen“, so Klemm. Im DBU-Projekt soll daher eine ökologisch unbedenkliche und an das Containersystem angepasste Schimmelbekämpfung entwickelt werden, „unter anderem mit biologisch abbaubaren Desinfektionsgasen“, erläutert Klemm. Dabei werden verschiedene Verfahren im Container getestet und die Gefährdung für die Umwelt sowie für Restauratorinnen und Restauratoren beurteilt. Das Ziel: „Schimmelschäden an Kulturgütern einfach und effektiv reduzieren“, so Klemm.
Schäden im Holz mit Flughafen-Technologie erkennen
Durch erhöhte Feuchtigkeit oder zunehmende Erwärmung infolge der Klimakrise sei aber nicht nur mit einer ansteigenden Schimmelproblematik zu rechnen. „Milde Winter führen auch zu einer Verbreitung von Schädlingen wie Insekten“, so DBU-Referatsleiterin Fuhrmann. Dies begünstige Schäden insbesondere an Kulturgütern aus Holz. In einem DBU-Projekt entwickelt die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (Hawk) in Hildesheim zusammen mit der Philipps-Universität Marburg und der Firma Menlo Systems aus Bayern auf Basis der Terahertz-Messtechnik ein Verfahren, das diese Schäden erkennbar machen soll. Aktuell laufe die Schadensbegutachtung meist nur visuell und haptisch „zum Beispiel durch Begutachtung der Oberfläche und Abklopfen auf mögliche Hohlstellen“, sagt Hawk-Projektleiter Prof. Dr. Wolfgang Viöl. Dabei blieben tiefer liegende Schäden jedoch häufig unentdeckt. „Terahertz-Strahlungen kennen viele von der Sicherheitsschleuse im Flughafen“, so Viöl. „Wir optimieren diese Technologie für die berührungs- und zerstörungsfreie Vermessung von unebenen Kulturobjekten aus Holz.“ Erste Terahertz-Messungen am Altar im Kloster Isenhagen in Niedersachsen wurden bereits erfolgreich abgeschlossen. Um diese Daten nun mit weiteren – etwa mikrobiologischen – Untersuchungsergebnissen zusammenzuführen, arbeitet das Forschungsteam ferner an einer dreidimensionalen Tiefenkartierung der Schadensbilder. „Perspektivisch erhoffen wir uns, die Terahertz-Technik als neues Monitoring- und Kontrollverfahren im Restaurierungsbereich nutzen zu können“, führt Viöl aus.
Neue Broschüre zu Umwelt und Kulturgüterschutz
Mit über 149 Millionen Euro hat die DBU seit ihrer Gründung bislang mehr als 860 innovative und praxisorientierte Projekte zum Erhalt von Denkmälern, Kulturerbestätten oder Museumssammlungen gefördert. „Der Schutz von Kulturgütern ist unsere Aufgabe und Verpflichtung gegenüber zukünftigen Generationen“, so Fuhrmann. „Dafür brauchen wir einerseits restauratorische Kenntnis, andererseits Forschung und daraus resultierende Hightech-Lösungen.“ Weiterführende Informationen finden sich in der Broschüre „Umwelt und Kulturgüterschutz“.