Osnabrück/Kakamega. Der pflanzliche Parasit Striga hermonthica, auch Hexenkraut genannt, ist für die Landwirtschaft in Kenia ein gravierendes Problem. Denn Striga befällt vor allem Maispflanzen – ein wichtiges Grundnahrungsmittel der Region. In einem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekt der Welthungerhilfe wurde in Kenia die gemeinnützige Gesellschaft Toothpick Company Limited gegründet, die das biologische Bekämpfungsmittel „Kichawi Kill Sporenpulver“ produziert und verteilt.
Mehr als 70 Prozent der Anbauflächen in West-Kenia von „Striga“ befallen
„Striga befällt die Wurzeln von Mais und anderem Getreide und entzieht Nährstoffe sowie Wasser, sodass die Nutzpflanzen nicht mehr richtig wachsen können – das führt zu enormen Ernteverlusten“, erklärt Dr. Susanne Wiese-Willmaring, Leiterin des DBU-Referats Lebensmittel. „Studien zeigen, dass mehr als 70 Prozent der Anbauflächen in West-Kenia von Striga befallen sind und dass in Kenia jedes Jahr etwa zwölf Prozent der produzierten 2,4 Millionen Tonnen Mais verloren gehen.“ Die Striga-Samen bleiben Wiese-Willmaring zufolge zudem über Jahrzehnte im Boden und keimen immer wieder neu. Darüber hinaus hätte eine ungeeignete Bekämpfung des Hexenkrauts vielerorts eher zu einer Zunahme der Bodenverseuchung mit Striga-Samen und somit zu einem verstärkten Befall über die Jahre geführt. „Mais ist in Kenia das wichtigste Nahrungsmittel, und der landwirtschaftliche Anbau des Getreides stellt die Haupteinnahmequelle vieler kleinbäuerlicher Haushalte dar“, sagt die DBU-Expertin. „Effektive, nachhaltige und vor allem erschwingliche Pflanzenschutz-Lösungen sind daher dringend nötig.“
Hexenkraut mit Schimmelpilz bekämpfen – gemeinnütziges Unternehmen im DBU-Projekt gegründet
Das kenianische Forschungsinstitut für Landwirtschaft und Viehzucht (KALRO) hat zusammen mit der Montana State University in den USA ein biologisches Pflanzenschutzmittel gegen Striga entwickelt. „Das Verfahren basiert auf einem in Kenia heimischen Schimmelpilz und kommt vollständig ohne chemische Wirkstoffe aus“, so Wiese-Willmaring. 2017 startete die Welthungerhilfe gemeinsam mit anderen Gesellschaftern in einem DBU-geförderten Vorhaben die gemeinnützige Gesellschaft Toothpick Company Limited. Das gemeinwohlorientierte Unternehmen produziert und vermarktet das Bioherbizid in Kenia unter dem Namen „Kichawi Kill Sporenpulver“. „Die kenianische Firma produziert zunächst Pilzsporen in einer speziellen Flüssigkeit. Dazu wird eine Nährlösung mit dem Myzel des Pilzes beimpft und in sogenannten Laborschüttlern solange geschüttelt, bis sich der Pilz ausreichend vermehrt hat “, erklärt Dr. Peter Lüth, Vorstandsvorsitzender der Toothpick Company und Träger des Deutschen Umweltpreises 2002. Die Flüssigkeit mit den lebenden Pilzsporen werde anschließend mit sehr feinem Holzpulver gemischt und unter sterilen Bedingungen getrocknet. Das so hergestellte Pulver wird zum Schluss mit Puderzucker vermengt und als fertiges Produkt verpackt. „Dann kann das Bioherbizid zur Behandlung des Maissaatguts eingesetzt werden – 200 Gramm sind ausreichend für einen Hektar Anbaufläche“, so Lüth. „Durch das Pflanzenschutzmittel können wir auf mit Striga verseuchten Ackerflächen eine Ertragssteigerung von bis zu 100 Prozent erreichen.“
Offizielle Einführung von „Kichawi Kill Sporenpulver“ Anfang Dezember
Am 2. Dezember 2023 wird das Produkt offiziell in den kenianischen Markt eingeführt. „Eine umweltschonende und kostengünstige Bekämpfung von Striga kann die Produktivität landwirtschaftlicher Betriebe in Kenia deutlich steigern und so zu einer Verbesserung der Ernährungssituation beitragen“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Außerdem demonstriere die Toothpick Company, „wie unternehmerisches Denken zusammen mit ökologischer und sozialer Verantwortung einen positiven Wandel in Richtung nachhaltiger Entwicklung vorantreiben kann“, so Bonde. Darüber hinaus wird nach seinen Worten in der Region die Akzeptanz für biologische Pflanzenschutzmittel gesteigert.
Im DBU-Folgeprojekt soll Verteilsystem optimiert werden
In einem DBU-geförderten Folgeprojekt wird in Kakamega in Kenia nun ein Qualitäts- und Entwicklungslabor aufgebaut sowie das Produktionsverfahren weiter optimiert. „In den nächsten Jahren wollen wir ein ausgereiftes Verteilsystem vom Labor zum Feld etablieren – perspektivisch auch in anderen afrikanischen Ländern, wo insgesamt etwa 40 Millionen kleinbäuerliche Betriebe von Striga betroffen sind“, sagt Lüth. Darüber hinaus wird an einer kostengünstigeren Alternative geforscht, um noch mehr Kleinbäuerinnen und -bauern den Zugang zum Produkt zu ermöglichen.
Kontakt bei fachlichen Fragen (AZ 34341/01 & 37920/01): Laura Plöger, Tel.+49 228 2288 304