Bildung, Technik, Nachhaltigkeit: Umweltschutz macht Schule

Freie Waldorfschule aus Bramsche mit neuem Praxis-Konzept – Waldbauern und Handwerkskammer kooperieren

Bramsche. Umweltbildung ist die eine Schiene. Doch graue Theorie gelangt in Schulen oft schwer in die Köpfe der Kinder und Jugendlichen. Umwelttechnik ist die andere. Aber Komplexes schreckt leicht ab und setzt sich nicht immer so durch, wie das im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung wünschenswert wäre. Dass es sinnvoll ist, Umweltbildungskonzepte mit umweltechnischen Lösungen zu verzahnen und so eine ganze Region nachhaltig davon geprägt werden kann, will die Freie Waldorfschule Evinghausen (Bramsche) beweisen. Mit knapp 150.000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) wurde ein umfassendes Bildungskonzept mit dem Schwerpunkt regenerative Energieversorgung entwickelt. Durch den Bau einer Holzhackschnitzelanlage kann nachhaltige Umweltbildung praktisch erfahrbar gemacht werden. Mehr noch: Die Anlage wird auch für Lehrgänge der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland genutzt. Und die Waldbauern der Region liefern das Holz und einige stehen sogar für die pädagogische Arbeit zur Verfügung.

Nachhaltige Entwicklungsprozesse gemeinsam in Gang setzen

Im Rahmen eines ersten „Tages der Nachhaltigkeit“ stellte die Schule das Konzept zur „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ heute der Öffentlichkeit vor. Auf der Konferenz von Rio de Janeiro der Vereinten Nationen war 1992 die Agenda 21 verabschiedet worden, in der die nachhaltige Entwicklung als gemeinsames Leitbild der Menschheit für das 21. Jahrhundert dokumentiert wird. Danach soll Bildung Menschen aktiv an der Analyse und Bewertung nicht nachhaltiger Entwicklungsprozesse teilhaben lassen, ihnen ermöglichen, sich an Kriterien der Nachhaltigkeit im eigenen Leben zu orientieren und nachhaltige Entwicklungsprozesse gemeinsam mit anderen lokal wie global in Gang setzen. 

Schüler führen Messungen eigenständig durch

Für das neue Konzept zur Umweltbildung, betonte Projektkoordinator Dr. Peter Gronemann, sei die Holzhackschnitzelanlage so angelegt, dass Schülergruppen den Kesselraum für Demonstrationszwecke betreten könnten. Vor Ort werde die Funktion und Wartung der Anlage erläutert. Aktuelle Leistung, Kesseltemperatur, Gesamtleistung und Brennstoffvorrat würden mithilfe eines Computerprogramms aufbereitet, würden auf einer Tafel im Schulfoyer angezeigt und könnten bald auf der Projekt-Website (erfahrbare-nachhaltigkeit.de) eingesehen werden. Messungen, deren Aufbereitung und Präsentation würden zukünftig die Schüler selbst durchführen. An wechselnden Standorten im Schulgebäude informiere eine Ausstellung mit Plakaten, Fotos und einer Computerpräsentation über Errichtung und Betrieb der Anlage sowie Versorgung durch die Waldbauern.

Nebenprodukte aus der Waldpflege dienen als Brennstoff

Die Kesselanlage werde mit zu Hackschnitzeln verarbeitetem Durchforstungsholz aus den anliegenden Wäldern befeuert. Die Waldbauern könnten so Schwachholz – also Holz mit einem Durchmesser von unter 20 Zentimetern – als Nebenprodukt der Waldpflege optimal vor Ort verwerten. Sie seien auch, gemeinsam mit dem Hausmeister der Schule, für die Wartung der Anlage verantwortlich und würden auf Basis der gewonnenen Wärmeenergie entlohnt. Das stelle nicht nur die Rohstoffversorgung in geeigneter Qualität sicher, sondern garantiere auch die störungsfreie Funktion der Heizungsanlage.

Umfassendes Lernkonzept für die Klassen eins bis zwölf

Dr. Alexander Piecha, Leiter des Lehrerteams, ergänzte, dass das Kollegium der Waldorfschule ein umfassendes pädagogisch-didaktisches Konzept für die Klassen eins bis zwölf entwickelt habe, das die individuellen und entwicklungsgemäßen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Kinder und Jugendlichen berücksichtige. So werde beispielsweise in den ersten beiden Schuljahren das Thema Wald und Wärme zunächst spielerisch und künstlerisch bearbeitet. Später werde über verschiedene Zwischenstufen die Auseinandersetzung des Themas in der Mittel- und Oberstufe vor allem durch naturwissenschaftliche und künstlerisch-praktische Fächer vertieft. Als praktische Komponenten würden ein Landbau- und Forstpraktikum in das Bildungskonzept integriert.

Anlage wird auch für Lehrgänge der Handwerkskammer genutzt

Die Holzhackschnitzelanlage werde auch für Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk und für die Ausbildung zu Gebäudeenergieberatern der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland genutzt. Die angehenden Meister könnten so ein umfassendes Bild dieser umweltschonenden Form der Wärmeerzeugung erhalten und sie in ihrer zukünftigen Tätigkeit ihren Kunden gegenüber vermitteln. Die Projektergebnisse würden über einen Leitfaden, eine Website, Vortragsveranstaltungen, Informationsstände bei regionalen Veranstaltungen verbreitet. Darüber hinaus finde die bundesweite Verbreitung über die überregionale Gremienarbeit statt.

Gelungener Ansatz für eine nachhaltige Regionalentwicklung

DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde zeigte sich bei der Präsentation erfreut, dass das Vorhaben eine „erprobte, aber noch nicht ausreichend verbreitete kohlendioxid-neutrale Energienutzung mit pädagogisch-didaktischen Ansätzen und Wirtschaftlichkeitsperspektiven für die Holzverwertung“ verbinde. Brickwedde: „Durch die Kombination von Bildungskonzepten, technischer Umsetzung und Nutzung wirtschaftlicher Potenziale der regionalen Wälder werden durch die Kooperationspartner neue Koalitionen im Sinne einer nachhaltigen Regionalentwicklung in der regenerativen Energieerzeugung möglich.“

Ansprechparter bei Fragen zum Projekt (AZ 24517): Dr. Peter Gronemann, Tel.: 05461/937945

Die Schüler der Waldorfschule bildeten eine Menschenkette auf den Fernwärmeleitungen, die auf dem Schulgrundstück verlaufen.
© Freie Waldorfschule Evinghausen
Ulrich Maßmann, Hausmeister der Schule, erklärt Gästen der Regionaltagung der freien Waldorfschulen die Heiztechnik.
© Freie Waldorfschule Evinghausen

Medien & Infos